Nordische Filmtage Lübeck 2002

„Ich komme nicht, finde mich!“

Dublin im Regen (Dublin i regn)

Ein im Wortsinne Kammerspiel entwirft Annette Sjursen in ihrem Kurzfilm „Dublin im Regen“ (N 2001, 14 Min., 35 mm). Eine Ehefrau erhält nachts einen Anruf. Am anderen Ende der Leitung: ein verflossener Geliebter. Der Geschmack einer vergangenen Leidenschaft liegt plötzlich auf ihrer Zunge, feuchtet noch einmal die begehrenden Lippen, wenn sie die erstaunte Wortkärge in den Hörer wispert. Der einstige und vielleicht gleich wieder Geliebte wartet im Auto vor dem Haus, er kann sie sehen, wie sie am Fenster steht, die Schultern entblößt.

Eine Geschichte abständiger Verführung entwickelt sich, Erotik steigert sich gerade in der Entferntheit. „Ich komme nicht, finde mich“, spricht es aus dem Hörer, in lustvollen Zooms auf die Frau wird ein Spiel deutlich, das sich nicht und doch genau so filmen lässt, das parabelhaft für die Unnahbarkeit der Liebe in Zeiten der Ferne von sich selbst steht. Der Regen fällt über Dublin, wo der Geliebte nur scheinbar weilt. Er ist ganz nah. Und doch ferner, als wäre er wirklich im fernen Dublin. Die Kamera fängt die Macht der Gefühle ein, minutiös kalt und doch mit einer bebend warmen Hautnähe, die den Zuschauer erschauern lässt, weil sich nichts von dem in seinem Kopf erfüllen lässt, sondern schwebend bleibt im Nicht-mehr, das ein Doch-schon nur in der Vorstellung der Gefühlsfabrik Kino sein kann. (jm)

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