Das Skurrile des NormalenEigentlich wollte ich Förster werden - Bernd aus Golzow (Barbara und Winfried Junge, D 2002)Großglockner, Juli 1991: Ick fahr jetzt Toyota, sagt Bernd Oestreich aus Golzow und lehnt sich lässig auf die rote Motorhaube. Der erste Urlaub als Bundesbürger im ersten Jahr der Einheit. Schon 30 Jahre vorher hat ihn die Kamera begleitet. Schulstunde, Schwarz-Weiß, Bernd rezitiert Brechts Kinderhymne: Anmut sparet nicht noch Mühe ... Mit beidem haben auch Barbara und Winfried Junge nicht gespart, beim achten Einzelportrait der dokumentarischen Langzeitbeobachtungsreihe Die Kinder von Golzow. Seit 1961 begleiten sie Menschen aus Golzow im Oderbruch, von der DDR bis hinein in mittlerweile 12 Jahre einig Vaterland - die längste Langzeitbeobachtung der Filmgeschichte. Zeit der Jeans - Bernd aus Golzow mit 18 Aus dieser Konstanz und Vertrautheit eines ganz normalen Lebens, in dem viel, aber nicht so viel wie sonst auf der Spielfilmleinwand geschieht, bezieht die Langzeitbeobachtung ihren Reiz, der über das bloße Festhalten hinausgeht, das sie im übrigen von der familiären Super-8-Filmsammlung im Wohnzimmerschrank, aus der gelegentlich zitiert wird, nicht unterscheidet. Bis hin zu einer Art Pathos des Alltäglichen: Diese Handgriffe werden eine Gesellschaftsordnung überdauern, kommentiert Junge aus dem Off Bilder von Bernd bei der Probenentnahme im Sickerbecken. |