Breites Spektrum beim Video-Film-Fest auf dem Scheersberg

Das 16. Video-Film-Fest Schleswig-Holstein war ein Nachwuchsfestival der Rekorde – sowohl positiver als auch negativer Art. Während sich die Veranstalter auf dem Scheersberg über so viele Anmeldungen wie noch nie freuen konnten, versagte mehr als einmal die Projektionstechnik und das Verhalten der Jury sorgte für Furore. Trotz aller Probleme stand für zahlreiche Filmemacher am Ende des dreitägigen Film-Marathons fest: „Die Stimmung war bisher die beste!“

Viele Geschichten erzählt

Die Internationale Bildungsstätte Jugendhof (IBJ) Scheersberg war vom 18. bis 20. November das Mekka der Nachwuchsfilmer aus dem ganzen Land: Rund 130 jugendliche Regisseure, Kameraleute und Schauspieler kamen in der kleinen Gemeinde Quern zusammen, um von Freitag bis Sonntag gemeinsam Filme zu sehen und Erfahrungen auszutauschen.

Insgesamt flimmerten mehr als 50 Streifen, die in den vergangenen Monaten von Schülern und Studenten in Schleswig-Holstein produziert wurden, über die Leinwand. „Es wurden endlich einmal wieder viele Geschichten erzählt“, freute sich Ulrich Ehlers. Der Studienleiter auf dem Scheersberg war mit dem Programm des diesjährigen Video-Film-Festes sehr zufrieden: „Die Bandbreite der verschiedenen Genres ist bemerkenswert.“

Faszinierend war für viele Zuschauer sowohl die gute handwerkliche Qualität der Filme als auch die Tatsache, dass die jungen Filmschaffenden sie mit ansprechenden Themen emotional bewegen konnten. Ob amüsante Comedy, ernstes Sozialdrama oder poetische Verfilmung – die Schüler präsentierten ein breites Spektrum. Auch für technische Spielereien wie die Rückwärts-Animation „Ich liebe es“ von Nils Strüven (16, Itzehoe) oder der Film „frei“, in dem die Macher vom Kreisjugendring Stormarn erste Gehversuche mit einem professionellen Kamera-Kran machten, hatten ihren Platz im vielseitigen Scheersberg-Programm.

Im Werkstatt-Programm auf dem Scheersberg konnte das Publikum nach jedem Film die Macher mit sowohl inhaltlichen als auch technischen Fragen löchern, Kommentare abgeben und einen eigenen Publikumspreis ausloben. Bei den gemeinsamen Mahlzeiten und am Abend gab es weitere Gelegenheiten für einen intensiven Dialog der jungen Filmschaffenden aus der Region zwischen Lauenburg und Sylt.

Wenn die Technik versagt: Theater statt Film

Das Video-Film-Fest – organisiert von der Landesarbeitsgemeinschaft Jugend und Film und der Internationalen Bildungsstätte Jugendhof Scheersberg – ist für die jungen Filmemacher aus ganz Schleswig-Holstein wie die Oscar-Verleihung für Hollywood-Stars. Entsprechend gespannt erwarteten alle Teilnehmer die Entscheidung der Jury im Flensburger Kinoplex. Dort sollte das so genannte Festival-Programm auf einer Großleinwand gezeigt werden.

Aufgrund einer Handball-Übertragung stand der ursprünglich eingeplante Saal allerdings nicht zur Verfügung. In der Folge hatte der Techniker vom Video-Film-Fest erhebliche Probleme, sich auf die neuen Räumlichkeit in so kurzer Zeit einzustellen. Über ein extrem miserabel ausgeleuchtetes Bild und einen ewigen Brumm-Ton blickten und hörten die Teilnehmer und Besucher noch kopfschüttelnd hinweg. Aber als bei Jannek Ramms „Love Story“ das System total ausfiel und sich der DVD-Player mit verhackten Ein-Pixel-Standbildern verabschiedete, wurde die gesamte Vorführung abgebrochen. Die Macher um Jannek Ramm spielten ihre „Love Story“ – eine Fotogeschichte nach BRAVO-Muster mit Kameraschwenks, die an Neos Ausweichmanöver in „The Matrix“ erinnern – kurzerhand nach. Das Publikum bedankte sich mit einem tosenden Applaus für die spontane Theatereinlage. Am Ende freute sich die Crew über einen mit 100 Euro dotierten Förderpreis.

Jaayke Knipping (Mitte) und Jannek Ramm (rechts) aus Meldorf spielten ihre „Love Story“ vor der Leinwand des Flensburg Kinoplex nach. Moderator Ingo Mertins (links) erklärte die Szene.

Mutige Themenwahl und präzise Fragen beeindrucken die Jury

Nicht nur die dürftige Technik sondern auch das Verhalten der Jury sorgte für Furore und scheinbar endlose Diskussionen. So wollte Jury-Mitglied Dr. Gerald Koll, Autor, Regisseur, Filmemacher und Medienwissenschaftler, von Annika Wallmann (19) wissen, ob ihre filmische Umsetzung eines Gedichts an ihre beste Freundin überhaupt etwas auf dem Festival zu suchen habe. Noch bevor alle Beiträge gesichtet wurden, erklärte Koll, dass er „Für Sasa“ für „denkbar ungeeignet“ halte.

Keine leichte Entscheidung: Die drei Juroren (von links), Dr. Hauke Lange-Fuchs (Nordische Filmtage Lübeck), Dr. Gerald Koll und Sabine Bock vom sh:z

Am Ende entschieden Dr. Gerald Koll sowie seine Co-Juroren Dr. Hauke Lange-Fuchs (Nordische Filmtage Lübeck) und Sabine Bock (sh:z-Redakteurin), in diesem Jahr nur zwei Preise zu vergeben. Auf dem mit 1.000 Euro dotierten ersten Platz landete der Film „Altlasten“ von Jan Saßmannshausen. Mit Unterstützung einer professionellen Crew zeigt der 21-jährige die wechselhafte Beziehung eines Vergewaltigers und seines gefesselten Opfers in einem alten Stall. Auf wenig Gegenliebe stieß dieses faszinierend und mit viel Mut umgesetzte Werk bei einigen anwesenden Lehrkräften und Familien mit jüngeren Kindern, die über den Inhalt des Films vor der Vorführung nicht hinreichend informiert worden waren.

Über 500 Euro freuten sich zwei ehemalige Schülerinnen der Meldorfer Gelehrtenschule und ihre Lehrer, die mit ihrem gemeinsamen Film „angelandet“ den zweiten Preis erhielten. Ausländische Mitbürger werden zum Leben in Meldorf (Landkreis Dithmarschen) interviewt. Das Erstlingswerk, so die Jury, habe durch präzise Fragestellungen und ohne großen filmerischen Aufwand den Charme einer Kleinstadt einfangen können.

Die strahlenden Gewinner des VideoFilmFestes Schleswig-Holstein: Dr. Klaus-Jürgen Paulsen und Christine Meyer-Ohlendorf (stellvertretend für ihre Tochter Marie) sowie die Crew von „Altlasten“, Michael von Bennigsen, Jan Saßmannshausen und Boris Rozanski.

Werkstattpreise

Mit so genannten Werkstattpreisen wurden die Filme „Traumstand“ von Nils Strüven, „Entenfang auf Friesisch“ von Sven Bohde (23), „Entscheide dich“ von Ole Hildebrandt (14), Michael Thomsen, und Joachim Doll (beide 16) und ein Werk ohne Titel von Birte Schumacher (16) ausgezeichnet. Die Zuschauer belohnten nach einer Abstimmung den Film „Sandzeit“ von Rasmus Greiner (22) mit dem Publikumspreis. (Text und Fotos: Jörg Jacobsen)

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