Highlights im Kieler KoKi

Das Kieler KoKi zeigt im Mai u.a.:

Kampf der Kulturen – unsere Zukunft?

Im Zusammenhang mit seiner Beratertätigkeit für das US-Außenministerium formulierte der Politikwissenschaftler und Havard-Professor Samuel P. Huntington 1993 seine These vom „Clash of Civilizations“, vom Kampf der Kulturen; er prognostizierte damit einen Paradigmenwechsel auf dem Feld weltpolitischer Konflikte, bei dem es zu einer Ablösung klassischer Staatenkonflikte durch Auseinandersetzungen größerer Gebilde – ganzer Kulturkreise – kommen würde, von denen im 21. Jahrhundert sieben oder acht in der globalen Arena aufeinander stoßen sollen. Die Besorgnis erregenden Ereignisse vergangener Jahre und Monate führten zur stetigen Wiederholung von Huntingtons Formel, mit der sich scheinbar jede Eskalation, an der Vertreter mehrerer Ethnien und/oder Glaubensbekenntnisse beteiligt sind, hinreichend analysieren ließ – hier schien die rhetorische Passform gefunden, die jedes Phänomen vom 11. September bis zum Kollaps der Neuköllner Rütli-Schule, vom internationalen Aufruhr gegen die Mohammed-Karikaturen bis zur nationalen Debatte über Integration und Parallelwelten angemessen bezeichnet. Und plötzlich tauchen im Kino Filme auf, die ähnliche Stimmungen aufnehmen. Oder verhält es sich so, dass einzelne Filmemacher in einer – wie auch immer ausgerichteten – Stimmungsmache Absatzchancen sehen und damit Hass und Ablehnung noch weiter schüren? Das KoKi hat einige der diskutierten Filme zu einer kleinen, schlaglichtartigen Reihe versammelt und lädt zu Diskussionen ein.

Tal der Wölfe / Kurtlar Vadisi

Serdar Akar. TR 2006. 125 Min. OmU. Mit Nacati Sasmaz, Billy Zane

Ausgangspunkt ist ein tatsächlicher Vorfall: Eine türkische Spezialeinheit im Nordirak wird am 4. Juli 2003 von den amerikanischen Verbündeten festgenommen, mit Säcken über den Köpfen zum Verhör geführt und des Landes verwiesen. Im Spielfilm soll der Superagent Polat Alemdar, Held einer populären türkischen Fernsehserie, diesen Affront gegen die militärische Ehre ausbügeln. Der bisher teuerste türkische Actionfilm löste national und international ein gewaltiges Echo bei Presse und Politik aus: Die Mischung von Fakten, wenn etwa die Ereignisse vom Foltergefängnis Abu Ghureib alptraumhaft nachgestellt werden, und Fiktion, wenn ein jüdischer Arzt Organe aus geschundenen Körpern herausoperiert und in Kisten nach Tel Aviv und London verpackt, sei auf das Schüren von Resentiments angelegt. Die Darstellung der Amerikaner im Blutrausch und ihres Oberbefehlhabers als skrupellosen Oberschurken, der bedenkenlos in eine Hochzeitsgesellschaft feuern und die Überlebenden foltern lässt, sei antiamerikanische Hetze: Christen und Juden ziehen in den Krieg für Öl und ihren Gott. Der weise Vertreter des friedliebenden Islam hingegen argumeniert gegen Selbstmordattentate und Folterung von Geiseln. Als dann noch von „Allah ist groß“-Rufen in einzelnen Kinos berichtet wurde, wurde bald Absetzung oder Verbot des Filmes gefordert. Die Filmemacher wollen einen Antikriegsfilm gedreht haben mit der plakativen Trennung in Gut und Böse eines Actionfilms à la „Rambo“, was im Westen nur irritiere, weil diesmal Amerikaner statt der sonst üblichen Nazis, Russen oder Asiaten in der Rolle der Bösen aufträten. – Am 30.5. Gespräch u. a. mit Samet Yilmaz, Prof. Dr. Wulff (Medienwissenschaftler, CAU), Dr. Anja Pistor-Hatam (Prof. für Islamwissenschaft u. Historikerin, CAU).

Mo, 29.5., 20.30 + Di, 30.5., 20.00

Komm näher

Vanessa Jopp. D 2005. 97 Min. Mit Meret Becker, Hinnerk Schönemann

Mathilde gibt sich ordinär und provokativ, als sei dies ein bewährter Schutz vor der Außenwelt. Dann trifft sie den Polizisten Bronski – einmal auf der Straße, und dann wieder, als Mathildes Nachbarn wegen Ruhestörung die Polizei rufen ... Taxifahrer Andi und Putzfrau Johanna lernen sich über eine Anzeige kennen. Der Beginn einer sehr verhaltenen Beziehung, die zunächst durch Angst und Zweifel geprägt ist und in Johannas Tochter Mandy einen Störfaktor findet ... Bei Ali und ihrem Mann David ist die Liebe dem Frust des funktionierenden Alltags gewichen. Ein Zustand, der Andi in die Arme einer Anderen treibt ... Ein elegant verschlungener Beziehungs- und Sehnsuchtsreigen, in dem die Charaktere in Improvisationen, Beobachtungen und Proben erarbeitet wurden. Unaufdringlich und mit angenehmer Leichtigkeit inszeniert, ist „Komm näher“ ein tragikkomischer Großstadtreigen.

  • Do, 18.5., 18.30
  • Sa, 20.5. + So, 21.5., 20.30
  • Di, 23.5. + Mi, 24.5., 20.30
  • Do, 25.5. - Sa, 27.5., 18.30
  • Di, 30.5., 18.00
  • Mi, 31.5., 18.30

The Sounds of Silents

mit MSH und Kultureller Filmförderung Schleswig-Holstein

Ilona Ziok. D/CZ 2005. 76 Min

Prof. Willy Sommerfeld ist mit 102 Jahren der dienstälteste aktive Stummfilmpianist weltweit. Er hat die Anfänge des Films am Piano miterlebt, seine Rückkehr zum stummen Kino in den 70er Jahren machte ihn deutschlandweit zur Legende. Der Film will den „Titan der Filmgeschichte“, wie Ulrich Gregor ihn genannt hat, nun auch dem Publikum weltweit vorstellen. Im Film wie auch in der Realität weicht Sommerfeld seiner seit über 40 Jahren besseren Hälfte Doris nicht von der Seite und Sohn Sebastian kommentiert das Leben mit einem Fossil – mit wechselndem Humor. Filmsequenzen aus bekannten, weniger bekannten und vergessenen Stummfilmen, zum Teil neu zusammengesetzt, verbildlichen den Weg des heute letzten authentischen Stummfilmpianisten der 20er Jahre. – zu Gast: Regisseurin Ilona Ziok und Produzent Manuel Göttsching und – wenn es die Gesundheit erlaubt – Willy Sommerfeld!

So, 28.5., 20.30

Psychoanalyse + Film – mit John-Rittmeister-Institut

Lost Children

Ali Samadi Ahadi, Oliver Stoltz. D 2005. 96 Minuten

Es ist der längste Krieg in Afrika: Seit fast 20 Jahren findet unter den Augen der Weltöffentlichkeit im Norden Ugandas ein unvorstellbares und systematisches Morden statt. Die Regierungstruppen der National Resistance Army (NRA) kämpfen gegen die abtrünnige Lords Resistance Army (LRA), die einen Großteil ihrer „Gefolgschaft“ aus Kindern rekrutiert, von denen die meisten noch nicht einmal Teenager sind. Zwischen 8-14 Jahren alt, werden die Kinder von Soldaten der LRA entführt und mitunter auch gegen eigene Clans und Familien aufgehetzt. Die beiden Regisseure Oliver Stoltz und Ala Samadi Ahadi fuhren insgesamt vier Mal ins Kriegsgebiet, um unter den schwierigsten Bedingungen zu drehen. Im Mittelpunkt ihrer eindringlichen Dokumentation stehen dabei vier Kinder, die aus dem Krieg zurückgekehrt sind. „Lost Children“ ist ein wichtiger und mutiger Film, der durch seine schonungslose Authentizität die öffentliche Aufmerksamkeit auf dieses afrikanische Krisengebiet lenken will. Dennoch ist dies kein rein politischer Film, viel mehr stehen die grauenhaften Schicksale der Kinder im Vordergrund. „Lost Children“ wurde jüngst mit dem Deutschen Filmpreis 2006 für den besten Dokumentarfilm ausgezeichnet. – anschl. Gespräch mit Dr. med. Elisabeth Warker und Dr. med. Mechthild Klingenburg-Vogel.

Mo, 22.5., 20.30

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