Highlights im KoKi Kiel

Das Kieler KoKi zeigt im Februar und März u.a.:

Neu in Kiel

Moolaadé – Bann der Hoffnung
Ousmane Sembène, Sen./F/Burkina Faso/Kam./Mar./Tun. 2004, 120 Min., OmU
„Salindré“, Fest der Reinigung, heißt das Ritual der weiblichen Beschneidung, das noch in vielen afrikanischen Ländern praktiziert wird. Vor diesem Eingriff flüchten sich in einem senegalesischen Dorf vier Mädchen zur willensstarken jungen Collé, die ihre eigene Tochter davor bewahrt hat. Mit einem alten animistischen Bann, „Moolaadé“, macht Collé ihren Hof zu einem magischen Schutzraum, den niemand gegen ihren Willen betreten darf. Ein buntes Seil schirmt die Mädchen ab, sowohl vor den rotgewandeten Frauen, die die Verstümmelung durchführen sollen, als auch vor den Männern, die durch diesen Affront ihre Macht bedroht sehen und im Ältestenrat die Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung im Dorf einfordern. – Wo junge afrikanische Filmemacher die fatalen Folgen einer Öffnung zur Moderne ins Zentrum rücken, verweist der 84-jährige Altmeister des senegalesischen Kinos auf die Lebenschancen, die sich damit eröffnen. „Ousmane vermag in seinen archaisch anmutenden Geschichten, Komik und Tragik, Humor und Gewalt, Realismus und Symbolik auf einzigartige Art und Weise miteinander zu vermischen. Der überzeugte Humanist und Gerechtigkeitskämpfer glaubt anders als viele antiwestlich und antimodern Eingestellte an den Fortschritt – und an das baldige Ende des grausamen Beschneidungsrituals.“ (arte-tv.com) Am 26.2. anschl. Gespräch mit Ingeborg Kerssenfischer, Gleichstellungs- und Genderbeauftragte der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche, und Dr. Ellen Ismail, Ethnologin und Afrikanistin.
Do, 22.2. - Fr, 23.2., 20.30; Mo, 26.2., 18.30; Di, 27.2., 18.15

The Fountain
Darren Aronofsky, USA 2006, 95 Min. Mit Hugh Jackman, Rachel Weisz
Nach seinem Indie-Hit „Pi“ und dem Drogen-Drama „Requiem for a Dream“ galt Darren Aronofsky als stilistisch und erzählerisch unbeirrbares Regie-Wunderkind. Auftritt Brat Pitt, der als Darsteller und Produzent den nächsten Film endgültig zum massenkompatiblen Kassenschlager veredeln wollte. Doch zwei Monate vor Produktionsbeginn bekommt Brat kalte Füße und steigt aus, das Budget von 70 Millionen halbiert sich. Aber Aronofsky hält an seinem Plan fest – unbeirrbar eben – und stemmt seine Geschichte, deren Handlungsstränge im Abstand von jeweils 500 Jahren spielen; immer geht es um die Suche eines Mannes nach einer geheimnisvollen Pflanze, die ewiges Leben verheißt: Zu Beginn des 16. Jahrhunderts macht sich der Konquistador Tomas nach Neuspanien auf, wo er im Auftrag der spanischen Königin Isabella jenen Zauberbaum aufspüren soll. In der Gegenwart forscht der Arzt Dr. Tom Verde an einem Heilmittel gegen Krebs. In Tierversuchen hat eine nicht näher bestimmte Pflanze aus den Urwäldern Lateinamerikas bereits erstaunliche Resultate erzielt. Und 500 Jahre später begibt sich der meditierende Asket Tommy in einer Raumkapsel auf eine transzendentale Reise. Sein einziger Begleiter ist ein Baum.
Fr, 16.2. - Mo, 19.2., 20.30; Di, 20.2. - Mi, 21.2., 18.30

Lenz
Thomas Imbach, CH/D 2006, 100 Min. Mit Milan Peschel, Barbara Maurer
Der Filmemacher Lenz verlässt seine Heimatstadt Berlin, um in den Vogesen die Hintergründe von Georg Büchners Fragment „Lenz“ zu erforschen. Doch bald schon tauscht er die elsässische Landschaft gegen höhere Lagen und emotionaleres Gelände: vom Wunsch getrieben, seinen neunjährigen Sohn Noah zu sehen, macht er sich auf nach dem Wintersportort Zermatt in den Schweizer Alpen. Dort arrangiert er mit Noahs Hilfe ein Treffen mit seiner Exfrau Natalie, die er immer noch liebt. Doch die Illusion eines glücklichen Familienlebens ist nur von kurzer Dauer, allzu schnell wird sie überschattet von Lenz’ Verhalten, der immer stärker in abseitige Gefilde driftet. Noah und Natalie kehren nach Zürich zurück. Lenz bleibt im Gebirg, allein. – Mit seiner Mischform aus Fakten und Fiktion wandelt Thomas Imbach auf Büchners Pfaden, der seine Novelle ausgehend von einer wahren Begebenheit aus dem Leben des deutschen Dichters Lenz (1751-1805) gestaltete. Wie sein literarisches Alter Ego ist auch der moderne Lenz ein gequälter Visionär, ein Gefangener seiner euphorischen und verzweifelten Anfälle. Imbachs Film fängt diese heftig umschlagenden Gefühle mit seinem vielgestaltigen visuellen und akustischen Stil ein, in wilder Abwechslung von handgeführter Minikamera und ruhigeren Bildern, im fließenden Übergang von kalkuliertem Spiel, Improvisation und (wohl auch) Szenen mit versteckter Kamera und unwissenden Passanten. Den Pulsschlag dieses intensiven Filmes diktiert der brillante Milan Peschel, der bereits in „Netto“ einen liebenswerten Loser spielte und zurzeit den verbitterten Kommunen-Ideologen Freiberg in „Das wilde Leben“ gibt.
Sa, 24.2., - So, 25.2., 20.30; Mo, 26.2., 20.45; Mi, 28.2., 18.30

Zum Abschied Mozart
Christian Labhart, CH 2006, 80 Min.
Zwölf Jahre haben sie zusammen die Schulbank gedrückt, die Abschlussklässler der Rudolf Steiner Schule Züricher Oberland. Es waren zwölf schöne, verrückte aber auch sehr beschützte Jahre, sagen sie; als letzte gemeinsame Tat werden sie unter Leitung von Thomas Gmelin und begleitet von einem Orchester, W. A. Mozarts „Requiem“ aufführen. Sechs Wochen lang studiert Musikpädagoge Gmelin mit den Schülern das Requiem ein, sechs Wochen lang hat Labhart einen intensiven Einblick in den Alltag einer Waldorfschule bekommen, hat Teenager und Chorleiter mit der Kamera begleitet. Die Proben verlaufen nicht immer einfach. Die Arbeit am musikalischen Ausdruck ist hart und das Ringen um eine Disziplin, wo die Einzelinteressen zu Gunsten des Gemeinsamen in den Hintergrund treten müssen, wird spürbar. Die intensive Chorarbeit ist so etwas ist wie Begleitmusik für die letzten Wochen gemeinsamen Zusammenseins vor dem Aufbruch. Nahe ist Labhart seinen Protagonisten gekommen. Hat sie nach ihren Lebensansichten, Befindlichkeiten und Zukunftsplänen befragt und stellt mit seinem Film ein Dokument vor, das feinfühlig von dem berichtet, was junge Menschen heute bewegt.
Do, 8.3. - Mo, 12.3., 19.00; Di, 13.3. - Mi, 14.3., 20.30; Do, 15.3. - Fr, 16.3., 19.00; Sa, 17.3. - Mo, 19.3., 16.00; Di, 20.3. - Mi, 21.3., 20.30

Madeinusa – Das Mädchen aus den Anden
Claudia Llosa, Peru/E 2005, 100 Min., OmU. Mit Magaly Solier, Yiliana Chong
Die junge Madeinusa lebt in einem abgelegenen Andendorf mitten in der unzugänglichen wilden Bergwelt. Die Einwohner bereiten sich auf die „Heilige Woche“ vor, ein bizarres religiöses Fest, das regelmäßig in einen hemmungslosen Feierrausch führt und während dessen Dauer Gott für alle Untaten blind ist. Madeinusa ist zwar in diesem Jahr zur „Heiligen Jungfrau“ ausgewählt und soll die Prozession anführen, leidet aber unter der Enge der Verhältnisse, der bösartigen Schwester und der Zudringlichkeit ihres Vaters, des pompösen Bürgermeisters, der die Gelegenheit nutzen will, sich an ihr zu vergreifen. Der zufällig im Dorf gestrandete Fotograf Salvador scheint bestimmt, sie in die Großstadt Lima mitzunehmen, zumal er ein T-Shirt mit ihrem Namen trägt: MADE IN USA! Weder der bunte Festtrubel, eine fantastisch-ironisch erfundene Mischung aus den Riten der Urbevölkerung und den christlichen Gebräuchen der Eroberer, noch die Maßnahmen ihres Vaters, der Salvador ins Gefängnis werfen lässt, können ihre Entschlossenheit ausbremsen. Regisseurin Claudia Llosa, Nichte des Schriftstellers Mario Vargas Llosa, bietet in ihrem Debutfilm „eine ebenso komische und schillernd exotische wie tragische Episode vom Zusammentreffen zweier Welten. Ihr Film lebt von seinem besonderen Humor, vom ironischen Spiel mit den Stereotypen der Ethnizität, ohne in opulent-sentimentale Drittweltromantik zu verfallen.“
Do, 8.3. - Sa, 10.3., 20.30; Mi, 14.3, 18.30

Dancing With Myself
Judith Keil, Antje Kruska, D 2005, 96 Min.
In ihrem aktuellen Film porträtierten die beiden Filmemacherinnen Judith Keil und Antje Kuska („Der Glanz von Berlin“) drei Menschen, die gerne tanzen – und zwar allein. Reinhard, 63, leidet seit vielen Jahren unter Schlafstörungen, „eine Lebensbremse“. Aber gelegentlich dreht er auf, tanzt stundenlang und „weiß gar nicht, wo die Kraft herkommt“. Mario besucht konventionelle Discos wie den „Speicher“ in Friedrichshain. Dort schwitzt er unter der Discokugel und kehrt nach durchtanzter Nacht in sein Wohnmobil zurück: sein Bollwerk gegen jede Form von „Spießbürgerlichkeit“. Als der 36-Jährige seinen Job verliert, versinkt er in Trübsinn. Die 18-jährige Laurin schließlich macht die Tanzfläche zu ihrem Podium: „Wenn ich tanze, weiß ich, das die Leute mich sehen.“ Je mehr sie Partys zu ihrem Lebensinhalt macht, desto schwieriger wird es tagsüber. Sie schmeißt schließlich die Schule, ohne zu wissen, was sie stattdessen tun will. – „Dancing With Myself“ ist ein schönes Beispiel, wie ein Film im Schnitt entsteht. Keil und Kruska arrangieren ihr Material so, dass die Tänzer im Fortgang der Ereignisse immer mehr Profil gewinnen. Der Zuschauer bleibt interessiert, weil er die Protagonisten von Szene zu Szene besser kennen lernt, seinen Blickwinkel gelegentlich ändert und vielleicht auch mal die Sympathien neu verteilt. Die Filmemacherinnen wahren eine wohltuende Distanz zu ihren Helden, spendieren ihnen aber eine Art Happy End – wenn auch nur auf der Tanzfläche und nicht im richtigen Leben.
Do, 15.3. – Fr, 16.3., 20.30; Di, 20.3. - Mi, 21.3., 18.30

American Hardcore
Paul Rachman, USA 2005, 100 Min., OmU. Mit Ian MacKaye, Keith Morris
Paul Rachmann und Steven Blush rollen die Geschichte dieser musikalischen Subkultur aus den Jahren 1980 bis 1986 auf. Dutzende ehemaliger Bandmitglieder erzählen enthusiastisch von der Radikalität jener Zeit. „Man sang nicht, man schrie. Diese Musik schlug ein wie ein Komet. Sie richtete sich gegen die neue Angepasstheit, Bravheit und das Karrieredenken. Die Musiker, die hier aus alten Chaostagen plaudern, handelten damals betont antikommerziell, sie traten in kleinen Sälen auf, verdienten wenig. Rachman filmt die ehemaligen Punker in ihren jetzigen etablierten Umgebungen. Mal sitzen sie an einem Swimmingpool, mal auf einem Kinderspielplatz, vor einer Platten- oder Krawattensammlung oder versinken in dicken Polstern und präsentieren ihre tätowierten Arme. Auch in dieser Szene hatte der Protest kurzen Atem. – „American Hardcore“, als wilde Collage aus Interviews, Doku-Materialien, Video-Clips und Konzertmitschnitten, demonstriert in Reinform, welche Dynamik in den 80ern vorherrschte, wie viele Energien verschleudert wurden und wie krass sich diese Ära von den Zweifeln und der Introvertierheit der 90er Jahre abhob.
Fr, 23.3., 22.30; Sa, 24.3., 23.00; Fr, 30.3. - Sa, 31.3., 22.30

Schnitzelparadies / Het Schnitzelparadijs
Martin Koolhoven, NL 2005, 82 Min., OmU. Mit Mounir Valentyn, Yahya Gaier
Nordip, der vielversprechende Spross marokkanischer Einwanderer, hat sein Einserabitur frisch in der Tasche. Er weiß zwar noch nicht, was er mit seinem Leben anfangen will, aber nach dem Wunsch seines Vaters Medizin studieren möchte er auf keinen Fall. Erstmal übernimmt er einen Job als Tellerwäscher im „Blauen Geier“ und erzählt den Eltern, er arbeite in der Bibliothek. Dort überwacht der meist alkoholisierte Küchenchef sein schmuddeliges Reich, in dem schräge Typen aus aller Herren Länder nicht nur die berühmten Schnitzel, sondern auch sich gegenseitig in die Pfanne hauen. Der Schlauberger Nordip, ganz unten in der Küchenhierarchie, muss einiges einstecken. Aber weil er ein Auge auf Kellnerin Agnes, die schöne Nichte der Besitzer, geworfen hat, lässt er sich nicht einschüchtern. „Schnitzelparadies“ ist eine rasante Immigrantenkomödie in der Tradition des ebenfalls niederländischen „Shouf Shouf Habibi“ oder des schwedischen „Jalla Jalla“.
Fr, 30.3. - Sa, 31.3., 20.30; weitere Vorführungen im April

Congo River
Thierry Michel, Belg./F 2006, 116 Min., Franz. OmU
Eine filmische Reise von der Mündung bis zur Quelle des Kongo, des breitesten Flussgebietes der Welt. Große, von Schleppern gezogene Pontons, die, beladen mit alten und jungen Menschen, Zelten und Feuerstellen, Ziegen, wie schwimmende Dörfer wirken, sind das einzige Transportmittel in einem Land, in dem mit den staatlichen Einrichtungen auch das Verkehrssystem zusammengebrochen ist. Wasserfälle, Stromschnellen und das Profitstreben der Reedereien gefährden die Reisenden ebenso wie der Krieg um Rohstoffe, der den Kongo vor allem im Osten immer noch im Griff hat. Man durchlebt die ganze Vielfalt der Flusslandschaft: Von der Tsetse-Fliege bis zu den Gewitterausbrüchen, von den patriotischen Gesängen der Soldaten in ihren Einbäumen bis zum nicht fertig gebauten, wieder vom Wald überwucherten Schloss des Ex-Diktators Mobutu, kontrastiert immer wieder mit überwältigenden Naturbeobachtungen. Wir begegnen der Mythologie des Flusses ebenso wie David Livingstone und Sir Henry Morton Stanley, den Königen der Kolonialzeit und den afrikanischen Führern Lumumba, Mobuto und Kabila. Ganz allmählich entsteht ein Bild des Kongo, bei dem die Schiffbrüche eine Ahnung vom Ausmaß der menschlichen Tragödien vermitteln, die sich dort abspielen. Doch wenn die Reisenden auf Männer treffen, die im Schweiße ihres Angesichts Gleise reparieren, keimt Hoffnung auf und ein Gefühl für die Kraft eines Volkes, das seine Zukunft wieder in die eigenen Hände nimmt.
Do, 29.3. - Sa, 31.3., 18.30; weitere Vorführungen im April

Oberhausen on Tour 2007

Zum dritten Mal in Folge schicken die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen, eines der renommiertesten Kurzfilmfestivals der Welt, die interessantesten Arbeiten des letzten Festivals auf Tournee, um sie einem noch größeren Publikum zu präsentieren; das KoKi hat zwei Programme ausgewählt. Am 20. Februar zeigen wir Media Art: Sieben Arbeiten zwischen 30 und 2 Minuten Länge, die bewusst die Grenzen zwischen Film und Kunst zu überschreiten versuchen. Mit im Programm: „Album“ (Matthias Müller, D 2004) – eine Verkettung absichtslos aufgenommener Videobilder, die wie in einem Fotoalbum zu neuer Nachbarschaft finden; „Counter“ (Volker Schreiner, D 2004) – eine Sekundentakt-Montage aus Spielfilm-Bildern, die Zahlen enthalten. Am 21. Februar folgt Best of German an International Competition. Ein 35mm-Filmprogramm aus den beiden großen Wettbewerben der Kurzfilmtage – facettenreich, verspielt, elegant und manchmal rätselhaft. Zu entdecken gibt es u.a. „Zakaria“ (G. + M. de Sergio, I 2005) – Araber Zakaria lernt als Einwanderer in Italien seine erste Islam-Lektion; „City Paradise“ (Gaelle Denis, GB 2004) – Animationsfilm, der uns in eine geheime Stadt im Untergrund von London mitnimmt; der preisgekrönte Dokumentarfilm „Mast Qalandar“ (Till Passow, D 2004) schildert die Pilgerbewegung Millionen von Menschen zum Schrein in Sehwan Sharif, Pakistan.
Di, 20.2. - Mi, 21.2., 20.30

delicatessen – Kino Kultur digital

Babooska
Tizza Cavi, Rainer Frimmel, A/It. 2005, 100 Min.
Die Zirkusartistin Babooska feiert im Kreise ihrer engsten Familie ihren 21. Geburtstag. Auf der mickrigen Torte brennt eine einzelne Kerze, die sie genau 21 Mal ausbläst und wieder anzündet. Diese Schlüsselszene steht am Ende des neuen Films von Tizza Covi und Rainer Frimmel, die es virtuos schaffen, mit diesem einen langen Moment des Beharrens und der Sturheit mehr über einen Charakter und die wirtschaftliche Situation eines Milieus zu sagen, als es die meisten Dokumentarfilme mit detaillierten Interviews oder Kommentaren vermögen. Ein Jahr haben die Filmemacher den Wanderzirkus der Familie auf ihrer Odyssee durch abgelegene mittelitalienische Ortschaften begleitet und dabei einen ungeschminkten Blick hinter die Kulissen eines Mikrokosmos am Rande der Gesellschaft werfen können, abseits gängiger Klischees, ohne Kommentar, ohne Interviews. „Der Film ist voller schöner Details, erzählt von den absurden wie traurigen Momenten, ohne dass er darauf abzielt, den verzauberten Stallgeruch einer Zirkuswelt künstlich zu aromatisieren. Der Zirkus ist ein entzauberter, doch auch damit kann er leben. Wenn Babooska auftritt und die Reifen um die Hüfte schwingt, erlebt man einen seltsam schönen Glanz in ihren Augen, ein Glanz aus Wehmut und Glück zugleich.“ (Die Tageszeitung)
Sa, 17.2. + Mo, 19.2., 18.30

Être et avoir / Sein und Haben
Nicolas Philibert, F 2002, 104 Min., OmU
Der renommierte Dokumentarfilmer berichtete 2002 über eine Zwergschule im französischen Zentralmassiv, wo seit Jahrzehnten Georges Lopez seine 13 Schüler im Alter von vier bis elf Jahren im gemeinsamen Klassenzimmer unterrichtete. Die einfühlsame Dokumentation erzielte überraschend eine riesige Aufmerksamkeit. Vor Ablauf der Lizenzen bieten wir noch einmal die Möglichkeit, dieses Kleinod des Dokumentarfilms zu sehen.
Do, 1.3. - So, 4.3., 18.30

Stromberg kommt ins KoKi Kiel

Drei brandneue Folgen der dritten Staffel! Zu Gast: Christoph-Maria Herbst, Bjarne I. Mädel, Oliver K. Wnuk und Arne Feldhusen
Vor zwei Jahren verbannte man ihn in den Keller, aber es war doch nur eine Frage der Zeit, bis er wieder heraufkommen würde, um sein Unwesen als schrecklichster aller Chefs zu treiben. Und die Sensation ist perfekt: Kurz bevor die heiß ersehnte dritte Staffel im Fernsehen startet, zeigt das Koki exklusiv drei neue Folgen – präsentiert von unseren Gästen Arne Feldhusen (Regie), Bjarne I. Mädel („Ernie“), Oliver K. Wnut („Ulf“) und dem Chef höchstpersönlich: Christoph-Maria Herbst! Bürokleidung erbeten!
Fr, 2.3., 20.00 (Kinosaal im Erdgeschoss)

Zarah Leander zum 100. Geburtstag

Am 15. 3. 1907 wurde Zarah Leander als Sara Stina Hedberg im schwedischen Karlstad geboren. Nach Erfolgen in Skandinavien reüssiert sie schnell in Deutschland als Typ der leidensreichen femme fatale, „die stolz erhobenen Hauptes und ohne an Charme einzubüßen den Widrigkeiten des Lebens zu trotzen vermag“ (Sanders-Brahms), gut in die Rollenvorstellungen des Nazi-Kinos passte und einer der ganz großen Ufa-Stars wurde, bis sie 1943 ihren Vertrag brach und nach Schweden zurückkehrte. Als Vorfilm zeigen wir eine kurze Dokumentation über Zarah Leander.

Premiere
Geza von Bolvary. Ö 1937. Mit Zarah Leander, Karl Matell, Attila Hörbiger, Theo Lingen
Ein zwielichtiger Finanzier, der Geld in ein Revuetheater investiert hat, wird während der Premiere in seiner Loge erschossen. Der Schuss kam von der Bühne – und Kommissar Helder macht sich mit Hilfe des Inspizienten noch während der Show an die Ermittlung des Täters. Besonders verdächtig ist die Hauptdarstellerin Carmen. Pünktlich zum Vorstellungsende löst Helder den Fall. Der Film knüpfte mit zahlreichen Gesangseinlagen an Leanders enormen Bühnenerfolg an.
Do, 22.3. - Fr, 23.3., 18.30

Schleswig-Holstein-Premiere in Anwesenheit der Filmemacherinnen

Der Wirt, die Kneipe und das Fest
Gisela Tuchtenhagen, Margot Neubert-Maric, 76 Min., gefördert von der Kulturellen Filmförderung S.-H., der MSH und der Filmförderung Hamburg
Die Kneipe „Hahnbeerkrog“, ihr bodenständiger Wirt Friedemann Braun und seine Stammgäste, die „Hahnbeer-Männer“, sind Zentrum des Films. Schon Urgroßväter, Großväter und Väter hatten ihre Stammplätze, wo heute die Söhne über Heide, das Leben und den Rest der Welt nachdenken und vor allem reden – in breitestem Plattdeutsch, das sicherheitshalber untertitelt ist. Einmal im Jahr kommt die Routine durcheinander, dann wird in Heide das traditionelle Hahnebeerfest ausgerichtet, ausschließlich von den Männern, natürlich unter „Aufsicht” der Frauen. Die „fünfte Jahreszeit” zieht sich von Silvester bis zum großen Festtag Ende Februar. Das ursprünglich bäuerliche Fest wurde 1841 erneuert und gilt seitdem der Pflege des Familien- und Gemeinschaftssinnes und dem Erhalt des Plattdeutschen. Mal ausgelassen, mal anrührend-intim illustriert der sympathische Film die Bedeutung von Gemeinschaft und regionaler Zugehörigkeit: ein wirklicher Heimatfilm.
So, 25.3., 17.00

Mit Centre Culturel Français – Lesung und Film: zu Gast Pierre Péju

CCF, Bureau du Livre der Französischen Botschaft und KoKi präsentieren einen Literatur- und Filmabend: Pierre Péju, geboren 1949 in Lyon, ist Dozent für Philosophie, Essayist und Autor mehrerer Biografien. „Die kleine Karthäuserin“ ist sein erster Roman, der auf deutsch erscheint. In Frankreich war das Buch einer der größten Erfolge der letzten Jahre. Für eine einmalige Vorstellung konnten wir die Verfilmung aus Frankreich holen:

La petite chartreuse
Jean-Pierre Denis, F 2005, 90 Min., OmeU. Mit Olivier Gourmet, Marie-José Groze
Ein eigenbrötlerischer Buchhändler verletzt ein kleines Mädchen schwer, das direkt vor seinen Wagen läuft. Weil deren alleinerziehende Mutter völlig überfordert ist, übernimmt er, von vagen Schuldgefühlen bedrängt, Verantwortung für das Kind. In der großartigen Bergwelt der französischen Alpen angesiedeltes Drama.
Mo, 19.3., 19.00 (Lesung, 20.30: Film)

Klassik im Kino – Richard Wagner

Tannhäuser
Bayreuther Festspiele 1978, 196 Min. Regie: Götz Friedrich, Musikalische Leitung: Sir Colin Davis, Choreografie: John Neumeier. Mit Spas Wenkoff, Gwyneth Jones
Nachdem Tannhäuser im Venusberg weilte, zieht es ihn zurück in die diesseitige Welt, wo er sich in Elisabeth, die Tochter des Landgrafen, verliebt. Während des Sängerstreites auf der Wartburg eröffnet er den Zuhörern sein Geheimnis und wird zum Papst geschickt, um um Vergebung für seine Abgötterei zu bitten. – 1972 gab Götz Friedrich mit dieser Tannhäuser-Inszenierung sein Debüt in Bayreuth, John Neumeier schaffte mit seiner Choreografie des Bacchanals, jenes Balletts, das Wagner für die Pariser Premiere einfügte, den internationalen Durchbruch. Wagner selbst begriff seine Arbeit am Tannhäuser als nie abgeschlossen; so ist überliefert, dass er in den letzten Lebensmonaten erklärt haben soll, er schulde der Welt noch einen Tannhäuser.
So, 4.3., 15.00

Goethe und der Film – mit der Goethe-Gesellschaft Kiel

Faust – eine deutsche Volksage
Friedrich Wilhelm Murnau, D 1926. Am Klavier: Werner Loll. Mit Emil Jannings
Murnau und sein Autor Hans Kyser folgen dem Goetheschen Text in freier Auslegung (nur eine Titelkarte trägt ein wortgenaues Goethe-Zitat – „Blut ist ein ganz besondrer Saft“) und reicherten ihren Film u.a. mit Motiven aus dem Volksbuch des Dr. Faustus und der Bearbeitung Christopher Marlowes an. Wenn das Ergebnis in diesem Sinne gewisse Züge der Trivialisierung seiner literarischen Vorläufer trägt, so ist es als filmisches Werk doch eine Pionier- und Meisterleistung allerhöchsten Ranges. Murnau schuf einen Bilderkosmos von wahrhaft faustischer Fülle, in dem sich expressionistische und neusachliche Ästhetiken durchdringen und in dem Traum und Realität fortlaufend um die gestalterische Vorherrschaft kämpfen. Die meisten Filmtricks wie Mehrfachrückprojektion gab es noch gar nicht, und für jede Kamerabewegung musste erst ein geeignetes Vehikel konstruiert werden, das die rasanten Flüge und die gleitenden Fahrten ermöglichte. So urteilte Eric Rohmer: „In seinem Faustfilm hat Murnau (...) alle Mittel mobilisieren können, die ihm die totale Beherrschung des Raumes sicherten. (...) Niemals sonst hat ein Film so wenig auf Zufall gesetzt.“
So, 11.3., 20.30

Die Leiden des jungen Werthers
Egon Günther, DDR 1975, 100 Min. Mit Hans-Jürgen Wolf, Katharina Thalbach
Die Geschichte des sentimentalen Werther, der an der hoffnungslosen Liebe zu der bereits verlobten Lotte zerbricht und Selbstmord begeht. – Schon zu Beginn des Films fragt Werthers Freund Wilhelm, geschah es aus unerfüllter Liebe oder war es „das Ganze“? Mit dieser Erweiterung der Ursachen öffnet Egon Günther seine Interpretation des Stoffes für seine Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen. So ist die traurige Liebesgeschichte nur der private Baustein in der Krise eines kranken Gemüts, das an der Angepasstheit und der Erstarrung in Konventionen verzweifelt. Werther, den nörgelnden, fordernden Schwärmer, wird denn auch nach seinem Tod niemand vermissen: Man ist einen Störfaktor losgeworden.
Di, 27.3., 20.30

Psychoanalyse und Film

Elling – Nicht ohne meine Mutter
Eva Isaksen, N 2003, ca. 80 Min. Mit Per Christian Ellefsen, Grete Nordra
Obwohl Elling deutlich über 30 Jahre alt ist, lebt er noch immer bei der Mutter. Die gemeinsame Wohnung verlässt der Stubenhocker nur zum Einkaufen – und auch das nicht aus eigenem Antrieb und nie alleine. Eines Tages wird er von der Mama mit Flugtickets nach Mallorca überrascht. Sie möchte, dass ihr Junge endlich andere Menschen kennen und auf eigenen Beinen stehen lernt ... „Elling – nicht ohne meine Mutter“ erzählt die Vorgeschichte des verkorksten Protagonisten aus dem norwegischen Kinoerfolg von 2001. – Nach dem Film Gespräch mit Dr. med. Barbara Saul-Krause und Dr. med. Mechthild Klingenburg-Vogel.
Mo, 12.3., 20.30

Hitler & Co. – Witzfiguren?

Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler
Dani Levy, D 2006, 90 Min. Mit Helge Schneider, Ulrich Mühe, Sylvester Groth
Dezember 1945. Berlin liegt in Trümmern und auch Hitler mag nicht mehr. Depressionen peinigen ihn und Resignation. So engagiert Goebbels Prof. Grünbaum, Hitlers ehemaligen Rhetorik-Lehrer, der inzwischen im KZ Sachsenhausen interniert ist. So macht sich Grünbaum daran, im schwächelnden Führer wieder den Hass und die Freude an der Manipulation zu wecken – und gleichzeitig Bedingungen zu stellen, die seiner Familie und seinen Mitgefangenen in Sachsenhausen Sicherheit garantieren sollen ... Dani Levy (Regie und Buch) lässt den Diktator (nahezu unkenntlich unter seiner Maske: Helge Schneider) auf allen Vieren über den Boden kriechen und wie einen Hund bellen, lässt ihn nach einem Faustschlag zu Boden gehen und duckmäuserisch durch die Reichskanzlei schleichen. Und auf der Suche nach ein wenig Wärme und Gesellschaft kuschelt er sich schließlich ins Notbett im Keller, wo die Familie Grünbaum einquartiert ist. Eine geschmacklose Verniedlichung des schrecklichen Diktators oder das geniale Gegenstück zu Hirschbiegels „Untergang“, der Dank seines Authentizitätsbonus zum Pflichtfilm aller Schulklassen avancierte? – Darüber wollen wir am 22. März mit dem Publikum diskutieren. Zu Gast sind u.a.: Prof. Dr. Jan-Oliver Decker, Pastor Joachim Liß-Walter.
Do, 22.3. - Fr, 23.3., 20.30; Sa, 24.3. - Di, 27.3., 18.30; Mi, 28.3., 20.30

Der große Diktator
Charlie Chaplin, USA 1940, OmU
Ein Barbier in einem jüdischen Ghetto gleicht dem fürchterlichen Alfons Hynkel, Herrscher über Tomanien, wie ein Ei dem anderen. Eine abenteuerliche Verwechslungsgeschichte führt dazu, dass Barbier und Diktator die Rollen vertauschen ... Mit seinem unerschöpflichen Einfallsreichtum an pantomimischen, sprachlich-phonetischen und szenischen Pointen zeichnet Chaplin ein Bild Hitlers, das trotz (oder gerade wegen) der Übertreibungen und Verfremdungen den Wahnsinn in seinem ganzen Ausmaß offen legt. Dieses Hitler-Porträt bleibt eine Klasse für sich.
Mo, 5.3., 18.30; Di, 6.3. - Mi, 7.3., 20.30

Mit Gespräch und Lesung: „Die Wahrheit über die lila Latzhosen“

Mitten im Malestream?
Helke Sander, D 2005, 92 Min.
Die Ende der 60er Jahre entstehende Frauenbewegung fühlte sich eng verbunden mit dem Kampf gegen Ausbeutung und Armut. Die Frauen fragten sich: Was eint uns, was trennt uns? Wie profitieren wir von den herrschenden (Ohn-) Machtsverhältnissen? Wie lässt sich die Arbeit gegen Ausbeutung mit der gegen das Patriarchat verbinden? Was ist Gleichberechtigung? Mit der § 218-Kampagne gab es ein gemeinsames Ziel und befreite wenigstens vorübergehend von unbeantworteten Fragen. Die Bewegung hatte ungeheuren Zustrom, veränderte das Bild der Bundesrepublik. – Der Film von Helke Sander verwendet u.a. alte Dokumentarmaterialien, die die Kernfragen der Bewegung und die politische Auseinandersetzung mit den beiden christlichen Kirchen berührt. Im Anschluss wird die in Kiel lebende ehemalige Frauenbeauftragte in Hannover und Staatssekretärin in Kiel, Ursula G. T. Müller aus ihrem Buch „Die Wahrheit über die lila Latzhosen“ lesen. Mit ihren persönlichen Erfahrungen stellt es die notwendige Ergänzung zu den zahlreichen Publikationen über die 68er Generation dar, bei denen die Frauen in der Regel vergessen wurden.
Di, 13.3., 18.30

Mit „Bürgerinitiative für ein gentechnikfreies Schleswig-Holstein“

Arme Sau
Christian Jentzsch, D 2006, 45 Min.
Genforscher des amerikanischen Biotechnologie-Konzerns Monsanto haben bestimmte Abschnitte des schweinischen Erbgutes entschlüsselt und beschrieben. Würde das Patent genehmigt, wäre Schweinezucht nur noch mit der Genehmigung des Konzerns möglich. Landwirt Christoph Zimmer befürchtet, dass auch bei seinen Sauen und Ferkeln diese Gene längst vorhanden sind. Was geschieht mit dem Menschen, wenn er das Schwein isst? Anschließend Gespräch mit „Bürgerinitiative für ein gentechnikfreies Schleswig-Holstein“ und Landwirt Christoph Zimmer.
Do, 1.3., 20.30

Mit Deutsch-Britischer Gesellschaft

The Wind that shakes the Barley
Ken Loach, F/Irl./GB 2006, 127 Min., OmU. Mit Cillian Murphy, Pádraic Delaney
Der junge Damien hat seine Arztkarriere aufgegeben, um mit seinem Bruder für die irische Unabhängigkeit zu kämpfen. Doch bald nach dem scheinbaren Sieg über die Engländer bricht ein Bürgerkrieg aus, die Brüder stehen sich in feindlichen Lagern gegenüber. In seinem bildgewaltigen Film zeigt Loach die politischen und menschlichen Dimensionen des irischen Dramas.
Fr, 2.3. - Mo, 5.3., 20.30; Di, 6.3. - Mi, 7.3., 18.15

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