Highlights im KoKi Kiel

Das Kieler KoKi zeigt im März und April u.a.:

Neu in Kiel

Zum Abschied Mozart
Christian Labhart, CH 2006, 80 Min.
Zwölf Jahre haben sie zusammen die Schulbank gedrückt, die Abschlussklässler der Rudolf Steiner Schule Züricher Oberland. Es waren zwölf schöne, verrückte aber auch sehr beschützte Jahre, sagen sie; als letzte gemeinsame Tat werden sie unter Leitung von Thomas Gmelin und begleitet von einem Orchester, W. A. Mozarts „Requiem“ aufführen. Sechs Wochen lang studiert Musikpädagoge Gmelin mit den Schülern das Requiem ein, sechs Wochen lang hat Labhart einen intensiven Einblick in den Alltag einer Waldorfschule bekommen, hat Teenager und Chorleiter mit der Kamera begleitet. Die Proben verlaufen nicht immer einfach. Die Arbeit am musikalischen Ausdruck ist hart und das Ringen um eine Disziplin, wo die Einzelinteressen zu Gunsten des Gemeinsamen in den Hintergrund treten müssen, wird spürbar. Die intensive Chorarbeit ist so etwas ist wie Begleitmusik für die letzten Wochen gemeinsamen Zusammenseins vor dem Aufbruch. Nahe ist Labhart seinen Protagonisten gekommen. Hat sie nach ihren Lebensansichten, Befindlichkeiten und Zukunftsplänen befragt und stellt mit seinem Film ein Dokument vor, das feinfühlig von dem berichtet, was junge Menschen heute bewegt.
Do, 15.3. - Fr, 16.3., 19.00; Sa, 17.3. - Mo, 19.3., 16.00; Di, 20.3. - Mi, 21.3., 20.30

Dancing With Myself
Judith Keil, Antje Kruska, D 2005, 96 Min.
In ihrem aktuellen Film porträtierten die beiden Filmemacherinnen Judith Keil und Antje Kuska („Der Glanz von Berlin“) drei Menschen, die gerne tanzen – und zwar allein. Reinhard, 63, leidet seit vielen Jahren unter Schlafstörungen, „eine Lebensbremse“. Aber gelegentlich dreht er auf, tanzt stundenlang und „weiß gar nicht, wo die Kraft herkommt“. Mario besucht konventionelle Discos wie den „Speicher“ in Friedrichshain. Dort schwitzt er unter der Discokugel und kehrt nach durchtanzter Nacht in sein Wohnmobil zurück: sein Bollwerk gegen jede Form von „Spießbürgerlichkeit“. Als der 36-Jährige seinen Job verliert, versinkt er in Trübsinn. Die 18-jährige Laurin schließlich macht die Tanzfläche zu ihrem Podium: „Wenn ich tanze, weiß ich, das die Leute mich sehen.“ Je mehr sie Partys zu ihrem Lebensinhalt macht, desto schwieriger wird es tagsüber. Sie schmeißt schließlich die Schule, ohne zu wissen, was sie stattdessen tun will. – „Dancing With Myself“ ist ein schönes Beispiel, wie ein Film im Schnitt entsteht. Keil und Kruska arrangieren ihr Material so, dass die Tänzer im Fortgang der Ereignisse immer mehr Profil gewinnen. Der Zuschauer bleibt interessiert, weil er die Protagonisten von Szene zu Szene besser kennen lernt, seinen Blickwinkel gelegentlich ändert und vielleicht auch mal die Sympathien neu verteilt. Die Filmemacherinnen wahren eine wohltuende Distanz zu ihren Helden, spendieren ihnen aber eine Art Happy End – wenn auch nur auf der Tanzfläche und nicht im richtigen Leben.
Do, 15.3. - Fr, 16.3., 20.30; Di, 20.3. - Mi, 21.3., 18.30

American Hardcore
Paul Rachman, USA 2005, 100 Min., OmU. Mit Ian MacKaye, Keith Morris
Paul Rachmann und Steven Blush rollen die Geschichte dieser musikalischen Subkultur aus den Jahren 1980 bis 1986 auf. Dutzende ehemaliger Bandmitglieder erzählen enthusiastisch von der Radikalität jener Zeit. „Man sang nicht, man schrie. Diese Musik schlug ein wie ein Komet. Sie richtete sich gegen die neue Angepasstheit, Bravheit und das Karrieredenken. Die Musiker, die hier aus alten Chaostagen plaudern, handelten damals betont antikommerziell, sie traten in kleinen Sälen auf, verdienten wenig. Rachman filmt die ehemaligen Punker in ihren jetzigen etablierten Umgebungen. Mal sitzen sie an einem Swimmingpool, mal auf einem Kinderspielplatz, vor einer Platten- oder Krawattensammlung oder versinken in dicken Polstern und präsentieren ihre tätowierten Arme. Auch in dieser Szene hatte der Protest kurzen Atem. – „American Hardcore“, als wilde Collage aus Interviews, Doku-Materialien, Video-Clips und Konzertmitschnitten, demonstriert in Reinform, welche Dynamik in den 80ern vorherrschte, wie viele Energien verschleudert wurden und wie krass sich diese Ära von den Zweifeln und der Introvertierheit der 90er Jahre abhob.
Fr, 23.3., 22.30; Sa, 24.3., 23.00; Fr, 30.3. - Sa, 31.3., 22.30

Schnitzelparadies / Het Schnitzelparadijs
Martin Koolhoven, NL 2005, 82 Min., OmU. Mit Mounir Valentyn, Yahya Gaier
Nordip, der vielversprechende Spross marokkanischer Einwanderer, hat sein Einserabitur frisch in der Tasche. Er weiß zwar noch nicht, was er mit seinem Leben anfangen will, aber nach dem Wunsch seines Vaters Medizin studieren möchte er auf keinen Fall. Erstmal übernimmt er einen Job als Tellerwäscher im „Blauen Geier“ und erzählt den Eltern, er arbeite in der Bibliothek. Dort überwacht der meist alkoholisierte Küchenchef sein schmuddeliges Reich, in dem schräge Typen aus aller Herren Länder nicht nur die berühmten Schnitzel, sondern auch sich gegenseitig in die Pfanne hauen. Der Schlauberger Nordip, ganz unten in der Küchenhierarchie, muss einiges einstecken. Aber weil er ein Auge auf Kellnerin Agnes, die schöne Nichte der Besitzer, geworfen hat, lässt er sich nicht einschüchtern. „Schnitzelparadies“ ist eine rasante Immigrantenkomödie in der Tradition des ebenfalls niederländischen „Shouf Shouf Habibi“ oder des schwedischen „Jalla Jalla“.
Fr, 30.3. - Sa, 31.3., 20.30; So, 1.4. - Sa, 7.4., 20.45; So, 8.4., 19.00; Mo, 9.4. - Di, 10.4., 20.30

Congo River
Thierry Michel, Belg./F 2006, 116 Min., Franz. OmU
Eine filmische Reise von der Mündung bis zur Quelle des Kongo, des breitesten Flussgebietes der Welt. Große, von Schleppern gezogene Pontons, die, beladen mit alten und jungen Menschen, Zelten und Feuerstellen, Ziegen, wie schwimmende Dörfer wirken, sind das einzige Transportmittel in einem Land, in dem mit den staatlichen Einrichtungen auch das Verkehrssystem zusammengebrochen ist. Wasserfälle, Stromschnellen und das Profitstreben der Reedereien gefährden die Reisenden ebenso wie der Krieg um Rohstoffe, der den Kongo vor allem im Osten immer noch im Griff hat. Man durchlebt die ganze Vielfalt der Flusslandschaft: Von der Tsetse-Fliege bis zu den Gewitterausbrüchen, von den patriotischen Gesängen der Soldaten in ihren Einbäumen bis zum nicht fertig gebauten, wieder vom Wald überwucherten Schloss des Ex-Diktators Mobutu, kontrastiert immer wieder mit überwältigenden Naturbeobachtungen. Wir begegnen der Mythologie des Flusses ebenso wie David Livingstone und Sir Henry Morton Stanley, den Königen der Kolonialzeit und den afrikanischen Führern Lumumba, Mobuto und Kabila. Ganz allmählich entsteht ein Bild des Kongo, bei dem die Schiffbrüche eine Ahnung vom Ausmaß der menschlichen Tragödien vermitteln, die sich dort abspielen. Doch wenn die Reisenden auf Männer treffen, die im Schweiße ihres Angesichts Gleise reparieren, keimt Hoffnung auf und ein Gefühl für die Kraft eines Volkes, das seine Zukunft wieder in die eigenen Hände nimmt.
Do, 29.3. - Mi, 4.4., 18.30

Zarah Leander zum 100. Geburtstag

Am 15. 3. 1907 wurde Zarah Leander als Sara Stina Hedberg im schwedischen Karlstad geboren. Nach Erfolgen in Skandinavien reüssiert sie schnell in Deutschland als Typ der leidensreichen femme fatale, „die stolz erhobenen Hauptes und ohne an Charme einzubüßen den Widrigkeiten des Lebens zu trotzen vermag“ (Sanders-Brahms), gut in die Rollenvorstellungen des Nazi-Kinos passte und einer der ganz großen Ufa-Stars wurde, bis sie 1943 ihren Vertrag brach und nach Schweden zurückkehrte. Als Vorfilm zeigen wir eine kurze Dokumentation über Zarah Leander.

Premiere
Geza von Bolvary. Ö 1937. Mit Zarah Leander, Karl Matell, Attila Hörbiger, Theo Lingen
Ein zwielichtiger Finanzier, der Geld in ein Revuetheater investiert hat, wird während der Premiere in seiner Loge erschossen. Der Schuss kam von der Bühne – und Kommissar Helder macht sich mit Hilfe des Inspizienten noch während der Show an die Ermittlung des Täters. Besonders verdächtig ist die Hauptdarstellerin Carmen. Pünktlich zum Vorstellungsende löst Helder den Fall. Der Film knüpfte mit zahlreichen Gesangseinlagen an Leanders enormen Bühnenerfolg an.
Do, 22.3. - Fr, 23.3., 18.30

Schleswig-Holstein-Premiere in Anwesenheit der Filmemacherinnen

Der Wirt, die Kneipe und das Fest
Gisela Tuchtenhagen, Margot Neubert-Maric, 76 Min., gefördert von der Kulturellen Filmförderung S.-H., der MSH und der Filmförderung Hamburg
Die Kneipe „Hahnbeerkrog“, ihr bodenständiger Wirt Friedemann Braun und seine Stammgäste, die „Hahnbeer-Männer“, sind Zentrum des Films. Schon Urgroßväter, Großväter und Väter hatten ihre Stammplätze, wo heute die Söhne über Heide, das Leben und den Rest der Welt nachdenken und vor allem reden – in breitestem Plattdeutsch, das sicherheitshalber untertitelt ist. Einmal im Jahr kommt die Routine durcheinander, dann wird in Heide das traditionelle Hahnebeerfest ausgerichtet, ausschließlich von den Männern, natürlich unter „Aufsicht” der Frauen. Die „fünfte Jahreszeit” zieht sich von Silvester bis zum großen Festtag Ende Februar. Das ursprünglich bäuerliche Fest wurde 1841 erneuert und gilt seitdem der Pflege des Familien- und Gemeinschaftssinnes und dem Erhalt des Plattdeutschen. Mal ausgelassen, mal anrührend-intim illustriert der sympathische Film die Bedeutung von Gemeinschaft und regionaler Zugehörigkeit: ein wirklicher Heimatfilm.
So, 25.3., 17.00

Mit Centre Culturel Français – Lesung und Film: zu Gast Pierre Péju

CCF, Bureau du Livre der Französischen Botschaft und KoKi präsentieren einen Literatur- und Filmabend: Pierre Péju, geboren 1949 in Lyon, ist Dozent für Philosophie, Essayist und Autor mehrerer Biografien. „Die kleine Karthäuserin“ ist sein erster Roman, der auf deutsch erscheint. In Frankreich war das Buch einer der größten Erfolge der letzten Jahre. Für eine einmalige Vorstellung konnten wir die Verfilmung aus Frankreich holen:

La petite chartreuse
Jean-Pierre Denis, F 2005, 90 Min., OmeU. Mit Olivier Gourmet, Marie-José Groze
Ein eigenbrötlerischer Buchhändler verletzt ein kleines Mädchen schwer, das direkt vor seinen Wagen läuft. Weil deren alleinerziehende Mutter völlig überfordert ist, übernimmt er, von vagen Schuldgefühlen bedrängt, Verantwortung für das Kind. In der großartigen Bergwelt der französischen Alpen angesiedeltes Drama.
Mo, 19.3., 19.00 (Lesung, 20.30: Film)

Goethe und der Film – mit der Goethe-Gesellschaft Kiel

Die Leiden des jungen Werthers
Egon Günther, DDR 1975, 100 Min. Mit Hans-Jürgen Wolf, Katharina Thalbach
Die Geschichte des sentimentalen Werther, der an der hoffnungslosen Liebe zu der bereits verlobten Lotte zerbricht und Selbstmord begeht. – Schon zu Beginn des Films fragt Werthers Freund Wilhelm, geschah es aus unerfüllter Liebe oder war es „das Ganze“? Mit dieser Erweiterung der Ursachen öffnet Egon Günther seine Interpretation des Stoffes für seine Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen. So ist die traurige Liebesgeschichte nur der private Baustein in der Krise eines kranken Gemüts, das an der Angepasstheit und der Erstarrung in Konventionen verzweifelt. Werther, den nörgelnden, fordernden Schwärmer, wird denn auch nach seinem Tod niemand vermissen: Man ist einen Störfaktor losgeworden.
Di, 27.3., 20.30

Götz von Berlichingen zubenannt mit der eisernen Hand
Hubert Moest, D 1925. Mit Eugen Klöpfer, Paul Hartmann. Am Klavier: W. Loll
Götz von Berlichingen liegt in Urfehde mit dem Bischof von Bamberg. Der mehrfache Seitenwechsel seines Vasallen Weislingen hat schließlich zur Folge, dass Götz vom Kaiser mit dem Bann belegt wird und sich an die Spitze eines bäuerlichen Heeres wählen lässt. Doch seinem Aufbegehren sind Grenzen gesetzt: Freiheit gibt es für Götz nur droben, „die Welt ist ein Gefängnis“. Moests monumentale Verfilmung von Goethes Sturm-und-Drang-Drama ist heute vergessen, war zu ihrer Entstehungszeit aber ein von Kritik und Publikum bejubeltes Großereignis. Manche sprachen gar von der Entdeckung einer neuen Poetik des Historienfilms.
So, 8.4., 20.30

Die Wahlverwandtschaften
Siegfried Kühne, DDR 1974, 100 Min. Mit Christine Schorn, Horst Schulze
Auf dem Schloss des Barons Eduard und seiner Gattin Charlotte finden sich der Hauptmann, ein Freund des Barons, und Ottilie, Charlottes Nichte, ein. Bald schon empfinden Eduard zu Ottilie und Charlotte zu dem Hauptmann starke Anziehung zueinander. Chemischen Elementen gleich, sucht sich jede Figur die Bindung, zu der es die stärkste Affinität besitzt. Ernsthaft um Werkgerechtigkeit bemühter DEFA-Film nach Goethes Roman, der durch Verkürzungen und Straffungen jedoch den Konflikt vom Zusammenprall von Sitten- und Naturgesetz auf ein Infragestellen der bürgerlichen Ehe verkürzt.
Di, 17.4., 20.30

Hitler & Co. – Witzfiguren?

Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler
Dani Levy, D 2006, 90 Min. Mit Helge Schneider, Ulrich Mühe, Sylvester Groth
Dezember 1945. Berlin liegt in Trümmern und auch Hitler mag nicht mehr. Depressionen peinigen ihn und Resignation. So engagiert Goebbels Prof. Grünbaum, Hitlers ehemaligen Rhetorik-Lehrer, der inzwischen im KZ Sachsenhausen interniert ist. So macht sich Grünbaum daran, im schwächelnden Führer wieder den Hass und die Freude an der Manipulation zu wecken – und gleichzeitig Bedingungen zu stellen, die seiner Familie und seinen Mitgefangenen in Sachsenhausen Sicherheit garantieren sollen ... Dani Levy (Regie und Buch) lässt den Diktator (nahezu unkenntlich unter seiner Maske: Helge Schneider) auf allen Vieren über den Boden kriechen und wie einen Hund bellen, lässt ihn nach einem Faustschlag zu Boden gehen und duckmäuserisch durch die Reichskanzlei schleichen. Und auf der Suche nach ein wenig Wärme und Gesellschaft kuschelt er sich schließlich ins Notbett im Keller, wo die Familie Grünbaum einquartiert ist. Eine geschmacklose Verniedlichung des schrecklichen Diktators oder das geniale Gegenstück zu Hirschbiegels „Untergang“, der Dank seines Authentizitätsbonus zum Pflichtfilm aller Schulklassen avancierte? – Darüber wollen wir am 22. März mit dem Publikum diskutieren. Zu Gast sind u.a.: Prof. Dr. Jan-Oliver Decker, Pastor Joachim Liß-Walter.
Do, 22.3. - Fr, 23.3., 20.30; Sa, 24.3. - Di, 27.3., 18.30; Mi, 28.3., 20.30

delicatessen – Kino Kultur digital

Ballets Russes
Dayna Goldfine, Dan Geller, USA 2005, 118 Min., dt. Fs.
Paris 1909: In der Kulturmetropole revolutioniert eine experimentierfreudige Künstlergeneration Bildende Kunst, Literatur und Theater. Sergei Diaghilev gründet aus einer Gruppe russischer Exilanten das Ballet Russe und startet eine Ära großartiger Ballettkunst. Porträtiert wird eine Gruppe außergewöhnlicher Tänzer, Choreographen, Komponisten und Designer, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts das Ballett zu dem gemacht haben, was es heute ist: eine Kunstform. Die Dokumentation umfasst über 50 Jahre von den unvergessenen Erfolgen in den 30er und 40er Jahren bis zum künstlerischen und wirtschaftlichen Niedergang, der schließlich 1962 zur Auflösung des letzten Balletts, Serge Denhams Ballet Russe de Monte Carlo, führte. Ein berührender Film, der seine Kraft aus den Erinnerungen der überlebenden Tänzer schöpft. Es erzählen u.a. Stars wie Dame Alicia Markova, Mia Slavenska, Frederic Fanklin und Tania Riabouchinska in bewegenden Interviews von unvergessenen Erfolgen und außergewöhnlichen Erlebnissen. Und in alten Fotos und Filmaufnahmen wird die Faszination Tanz spürbar und eine vergangene Epoche wieder zum Leben erweckt. „Ballets Russes“ wurde mit großem Publikumserfolg in den Official Selections beim Sundance und Toronto Film Festival gezeigt.
Do, 5.4. - Sa, 7.4., 18.30

Der Unbequeme – Der Dichter Günter Grass
Sigrun Matthiesen, Nadja Frenz, D 2007, 87 Min.
Die Filmemacherinnen haben den Dichter und Nobelpreisträger Günter Grass über zwei Jahre mit der Kamera begleitet. In dieser Zeit arbeitete der Schriftsteller an seinem autobiografischen Buch „Beim Häuten der Zwiebel“, das den Autorinnen als „roter Faden“ ihres Dokumentarfilms diente. Doch nicht nur sein aktuelles Buch ist Thema des Films: Nadja Frenz und Sigrun Matthiesen sind mit ihm auf Reisen gegangen, haben ihn in seinem Alltag, als Schriftsteller und engagierter Bürger bei SPD-Wahlkampfveranstaltungen, ausgewählten Lesungen und Begegnungen mit langjährigen Weggefährten, begleitet. Schriftstellerkollegen wie Amos Oz, Salman Rushdie und Hans Magnus Enzensberger kommen ebenso zu Wort wie Gerhard Schröder. Dabei wird deutlich, was den Künstler Grass Zeit seines Lebens an- und umgetrieben hat: Die offene Wunde, als Jugendlicher „ein kleiner glühender Nazi“ gewesen zu sein, ist nicht erst bei seinem jüngsten Buch die Schreibmotivation, sondern Motor seines gesamten künstlerischen wie politischen Arbeitens. Von Grass selbst vorgetragene Gedichte und exklusive Aufnahmen, die den bildenden Künstler Grass bei der Arbeit zeigen, schaffen ein spannendes Gegengewicht zu den Gesprächspassagen.
Do, 19.4. - So, 22.4., 18.30

Anarchy Can Be Fun – Cartoons aus dem Archiv von Dennis Nyback

Anarchie – für die einen steht hinter diesem Begriff ein ernsthaftes politisches Konzept, das die Notwendigkeit von Regeln des sozialen Zusammenlebens negiert, für die anderen meint er schlicht Chaos. Animationsfilme sind anarchistisch – zumindest könnten sie es sein, insofern das animierte Bild befreit von jeglicher Kontrolle durch die Realität ist. Gleichwohl waren nur wenige der Major-Studios in Hollywood anarchistisch im engeren Sinne. Allen voran steht hier Max Fleischer: Sein Studio beschäftigte keine Drehbuchautoren, nicht einmal Storyboard-Zeichner. Die Animateure erarbeiteten frei kurze Handlungen und ließen sich dabei von Jazz-Riffs inspirieren. So bilden Produktionen dieses Studios letztlich das Gegenstück zu Disney, dem kontrolliertesten und folglich am wenigsten „anarchistischen“ Cartoon-Fabrikanten. Der New Yorker Filmsammler Dennis Nyback öffnet für uns seinen Raritätenkoffer und hat einen Abend mit anarchistischen Cartoons zusammengestellt. Im Programm u.a.: „A Wild Hare“ (1940), „Betty Boop’s Ups and Downs“ (1932), „The Black Duck“ (1929), „A Froggy Evening“ (1954).
Mi, 11.4., 20.30

Zur Ausstellung „Tschetschenies Kinder – Tschetscheniens Zukunft“

Coca – Die Taube aus Tschetschenien
Eric Bergkraut, CH 2005, 86 Min., OmU
„Coca“ nannten ihre Eltern Sainap Gaschaiewa – die Taube. Seit 1994 dokumentiert sie, was in ihrer Heimat täglich geschieht: Verschleppung, Folter, Mord. Die Weltöffentlichkeit schweigt, sei es aus Unwissen, Hilflosigkeit oder Opportunismus. Sainap Gaschaiewa hat hunderte Video-Kassetten, die sie nach Westeuropa schaffen will, damit es zu einem Tribunal kommt und die Schuldigen bestraft werden. – Der Filmemacher porträtiert ihre Arbeit in der vormals sowjetischen Teilrepublik Tschetschenien. Auf die einseitig 1991 erklärte Unabhängigkeit reagierte Moskau 1994 mit der Besetzung des Landes, worauf ein beiderseits mit allerhand unsauberen Methoden geführter Bürgerkrieg anhob. Dieser Film zeigt seine Gesichter. Der Film ist begleitend zur Ausstellung: Tschetscheniens Kinder – Tschetscheniens Zukunft. Anschließend Diskussion mit Barbara Gladysch, Isa Atabaicv, Ruslan Misarbicv und Flüchtlingsrat S.-H.
Mi, 25.4., 18.30

Weiße Raben – Alptraum Tschetschenien
Johann Feindt, Tamara Trampe, D 2005, 92 Min.
Petja und Kiril melden sich – gerade 18 Jahre alt – freiwillig zum Einsatz an der tschetschenischen Front. Die Krankenschwester Katja arbeitet in einem Lazarett im Kriegsgebiet. Keiner von ihnen kehrt zurück, wie er ging. An Leib und Seele verkrüppelt, allein gelassen mit ihren Erfahrungen von Verstümmelungen, Folter und Tod. – Über einen Zeitraum von drei Jahren beobachten Johann Feindt und Tamara Trampe wie die Heimgekehrten versuchen, sich in einer Gesellschaft wieder zurechtzufinden, die den Krieg verdrängt. Einzig im Komitee der Soldatenmütter Russlands finden sie und die hilflosen Eltern noch Ansprechpartner und Gleichgesinnte. Seit zehn Jahren herrscht Krieg in Tschetschenien. Der Krieg hat zuletzt ein neues Etikett bekommen: Kampf gegen den Terrorismus. Das klingt gerecht und kommt international besser an. Wir zeigen den Film in Kooperation mit der „Zentrale Beratungs- u. Betreuungsstelle für Ausländerinnen + Ausländer“.
Mo, 30.4., 18.30

Ver-Fälschungen

Dass Filme die reale Welt nicht abbilden, sondern Welten mit eigenen Gesetzmäßigkeiten konstruieren, ist zwar eigentlich ein Gemeinplatz; gleichwohl gelingt es den laufenden Bildern immer wieder, Gewissheiten zumindest zu erschüttern – man denke etwa an die filmisch lancierten Thesen über nie erfolgte Mondlandungen oder über die gezielte Sprengung des World Trade Center am 11. September 2001. Für jede These findet sich schließlich ein Bild, das sie stützt. Umgekehrt werden Filme ihrerseits verfälscht und manipuliert – sei es, weil sie irgendwem unbequem erscheinen, sei es aus einer besonderen künstlerischen Absicht heraus. In den folgenden Wochen zeigt das Kommunale Kino in einer kleinen Reihe Filme, die selbst verfälscht wurden oder die ein Gerücht so wirksam etabliert haben, dass die Zuschauer an die Wahrhaftigkeit des Gesehenen glaubten.

Casablanca
Michael Curtiz, USA 1942, (OmU: 102 Min.) (dt. Fs 1952: 82 Min.)
Die Handlung ist bekannt – Anfang der 40er Jahre treffen in der marokkanischen Stadt Casablanca diverse Figuren aufeinander: Glücksritter, Diebe, Flüchtlinge, Kollaborateure, Nazis und Widerstandskämpfer. Und zwischen all jenen steht Rick Blaine, der sein Café Americaine betreibt, hie und da dem Glück der hier Gestrandeten etwas nachhilft und vor allem seine große Liebe Ilsa vergessen will, die sich seinerzeit für einen anderen entschied: Victor Laszlo, den ungarischen Widerstandskämpfer. – Oder ist „Casablanca“ die Geschichte des norwegischen Atomphysikers, dem Spione und Agenten auf der Spur sind? Als der Film 1952 erstmals in die deutschen Kinos kam, fehlten gut 20 Minuten, und alle Hinweise auf die Nationalsozialisten und Hitler-Deutschland waren aus den Dialogen getilgt. So wandelte sich die Handlung um lebensrettende Transitvisa vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkrieges in eine schlichte Agentengeschichte. – Das Kommunale Kino zeigt beide Fassungen: Die intendierte, originale Fassung mit deutschen Untertiteln und die heute ins Archiv weggeschlossene, vergessene Falsch-Synchronisation von 1952.
OmU: Mo, 9.4. - Mi, 11.4., 18.30; Mo, 16.4., 20.30.
dt. Fs. 1952: So, 15.4. - Mo, 16.4., 18.30

Die Delegation
Rainer Erler, BRD 1970, 100 Min. Mit Walter Kohut, Hans Häckermann
Der Fernsehjournalist Will Roszinski, ein unbestechlicher, kritischer Geist, ein Rationalist durch und durch, stirbt bei einem Autounfall bei Los Angeles zu einem Zeitpunkt, als er bereits von seinem TV-Sender suspendiert war und auf eigene Faust recherchierte. Eigentlich wollte er eine bissige, entlarvende Reportage über Ufos produzieren – besser gesagt über die Pseudo-Wissenschaftler, selbsternannten Fachleute und die ungezählten „Zeugen“ von Ufo-Landungen. Nach kurzer Zeit jedoch verdichten sich die Hinweise auf die Wahrhaftigkeit der Phänomene. Und am Ende scheint Roszinski tatsächlich vor der größten Sensation der Menschheit zu stehen. So entschließt sich die TV-Anstalt, das Material so zu senden, wie Roszinski es hinterlassen hat ... Heute sind „Doku-Fake“ oder „Mockumentary“ gängige Begriffe, 1970 jedoch betrat Rainer Erler mit seiner im Stil eines moderierten Magazins inszenierter Spielfilm ästhetisches Neuland (in der Rolle des Moderators ist der 1995 verstorbene schleswig-holsteinische Schauspieler und Theatermacher Hans Häckermann zu sehen). Und das Rezept ging auf: „Die Delegation“ löste bei ihrer Erstausstrahlung Verwirrung und sogar Verstörung aus – ein Großteil der Zuschauer glaubte, sie sähen eine authentische Reportage. – Wir zeigen den Film mit freundlicher Genehmigung von Rainer Erler als DVD-Projektion.
Mo, 23.4., 18.30; Di, 24.4., 20.30

Alien Autopsy
Jonny Campbell, D/GB/USA 2006, 95 Min. Mit Declan Donnelly, Ant McPartlin
Ray, der vom Handel mit illegalen Filmkopien lebt, wittert das große Geld, als ihm ein ehemaliger Militärkameramann Filmmaterial von einer Autopsie eines Außerirdischen anbietet (ja genau: jene Aliens, die 1947 bei Roswell abgestürzt sind). Ray und sein Kumpel Gary nehmen einen Kredit bei Drogenbaron Voros auf und erwerben das streng geheime Dokument – das allerdings nichts enthält. Da mit Voros aber nicht zu spaßen ist und er darauf brennt, den Film bzw. sein Geld (wieder)zusehen, stehen Ray und Gary vor einem echten Problem. Kurz und gut – sie beschließen, die ominöse Autopsie nachzustellen ... Campbells Satire beruht auf einem wahren Fall: 1995 trat Filmproduzent Ray Santilli mit einem Alien-„Dokument“ an die Öffentlichkeit; entlarvt wurde der Schwindel durch ein Spiraltelefonkabel im Bildhintergrund – die gab es 1947 noch nicht ...
Do, 12.4. - Fr, 13.4., 20.30; Sa, 14.4. + Mi, 18.4., 18.30

Daniel Johnston

The Devil and Daniel Johnston
Jeff Feuerzeig, USA 2005, 110 Min., OmeU
Der Musiker und Grafiker Daniel Johnston (Jahrgang 1961) begann seine Karriere in der Wohnstube am Cassettengerät. Seine ersten Aufnahmen verschenkte er an Freunde und Bekannte, 1982 begann ein örtlicher Plattenladen, seine Tapes zu verkaufen. MTV horchte auf und sendete ein Porträt, womit er einige Bekanntheit in der Independent-Szene erhielt. In das Bewusstsein einer größeren Öffentlichkeit trat er, als Curt Cobain 1992 bei der Verleihung der MTV-Awards mit einem Daniel Johnston-T-Shirt auf die Bühne kam. Daniel Johnston ist manisch-depressiv. Seine Songs und seine Bilder sprechen von der Zerrissenheit, seine Aussetzer machen jede kontinuierliche Entwicklung einer „normalen“ Erfolgskarriere zunichte (so zog er beispielsweise einmal den Zündschlüssel des Privatflugzeuges seines Vaters – in der Luft – und leitete so den Absturz ein; beide überlebten). Jeff Feuerzeig nähert sich dem eigenwilligen, schwierigen und faszinierenden Künstler mit diesem ergreifenden Dokumentarfilm. Dazu verwendete er Archivaufnahmen aus Johnstons Bild- und Tonarchiv und befragte Kollegen, Freunde und Familienangehörige. – Im Anschluss an den Film zeigen wir den Kurzfilm „Wolkenjäger“ des Kieler Filmemachers Daniel Krönke (D 2005, 20 Min.), die Geschichte vom Fahrradkurier Marc und seiner großen Liebe Julia, der er nicht anders als durch den Sucher seiner Kamera wirklich nahe sein kann. Krönke unterlegt Sequenzen seines traurigen Liebesfilms Daniel Johnstons Song „Dream Scream“.
Do, 26.4., 20.30

Globalisierung – Wohlstand für die Welt?

Enron – The Smartest Guys in the Room
Alex Gibney, USA 2005, 109 Min., OmU
Während die verantwortlichen Manager sich persönlich bereichern, verlieren 20.000 Menschen ihren Job: Innenansichten des Großkonzern ENRON, der für den größten Finanzskandal der US-Wirtschaftsgeschichte steht. Groß geworden ist Enron mit der Strategie, Energie zum Spekulationsobjekt zu machen. Durch waghalsige Risiken bei Termingeschäften wurde die Aktie zu Beginn mit Glück und Geschick zum Börsenstar. Den tragischen Fall des Energieriesen leitete Zeit der Wechsel zum (legalen) Buchhaltungssystem „mark-to-market“ ein. Das erlaubte der Firma, zukünftige, erwartete Gewinne in der aktuellen Bilanz als real einzustufen. Der Regisseur nähert sich dem Thema mit Porträts der Hauptverantwortlichen, Soundtrack-Stücken, Collagen und Original-Fernsehausschnitten, um die Materie zu erklären. Dazu kommen ehemalige Mitarbeiter zu Wort. „Enron“ porträtiert ein Paradebeispiel für eine gescheiterte Deregulierung und eine käufliche Wirtschaftspolitik, die blindlings dem Markt und seinen Goldgräbern vertraut. Im Anschluss an den Film am 2.5. findet ein Gespräch mit ATTAC Kiel statt.
Do, 26.4., 18.30; Mo, 30.4., 20.00

Psychoanalyse und Film

Der Wald vor lauter Bäumen
Maren Ade, D 2003, 81 Min. Mit Eva Löbau, Daniela Holtz, Jan Neumann
Melanie Pröschle kommt aus der Ausbildung an ihre erste Schule; frischen Wind will die neue Kollegin in den Unterricht bringen. Zugegebener Weise stellt sie sich nicht besonders geschickt an; ihr fehlt einfach das Gespür für Situationen, Subtilität scheint ein Fremdwort für sie zu sein ... Es dauert eine Weile, bis Melanie Pröschle – und auch der Zuschauer – merkt, dass sie an ihrer Umwelt scheitert. – Anschl. Gespräch mit Gisela Bergman-Mausfeld und Mechthild Klingenburg-Vogel.
Mo, 23.4., 20.30

Filme von Maria Reinhardt und Christoph Dobbitsch

Das Kommunale Kino hat mit Maria Reinhardt und Christoph Dobbitsch zwei junge Filmemacher aus Kiel eingeladen, die sich mit ihren ersten Filmen bereits eine große Fangemeinde aufgebaut haben.
„Die Tür“ (Maria Reinhardt, D 2002. Mit Matthes Schachtner): Eine Autotür attackiert einen jungen Mann.
„Frau Kubinsky“ (Maria Reinhardt, D 2005. Mit Traute Steffen, Nora Koenig, Nickel Bösenberg): In einer Kleinstadt häufen sich mysteriöse Unglücksfälle. Eine alte Frau, vorgeblich im Rollstuhl, meint ihre Ursache zu kennen und nimmt den Kampf dagegen auf.
„BedHead“ (Christoph Dobbitsch, D 2006, 30 Min., Kamera: Torben Sachert. Mit Florian Sellke, Martin Friedrichs, Carolin Greiner): Wenn die besten Jahre vorbei sind, kann man eigentlich genauso gut im Bett bleiben – für immer. Genau das denkt sich auch ein junger Mann ... und eckt damit gewaltig an. „Fliegenfänger“ (Christoph Dobbitsch, D 2006, 14 Min., Kamera: Torben Sachert. Mit Jan-Philip Frank, Jana-Vanessa Nielsen, Anna Koßmann) Allein in seinem Zimmer liest ein junger Mann den abschlägigen Brief seiner großen Liebe. Als er kurz darauf verzweifelt aus dem Fenster springt, landet im selben Moment eine Fliege in einer Fliegenfalle – und ihre letzten Sekunden verschränken sich ...
Mi, 25.4., 20.30

Rosa Linse – Mit HAKI e.V. – 2. Lesbisch-Schwules Filmwochenende (Fr, 27.4. - So, 29.4.)

Nach dem großen Erfolg im letzten Jahr startet die Rosa Linse wieder mit einem Lesbisch-Schwulen Filmwochenende in den Frühling.

Zur Eröffnung zeigen wir als Kieler Premiere mit „Sonja“ einen einfühlsamen Film über zwei beste Freundinnen und ihre tastenden, auch schmerzhaften Annäherungen an die erste Liebe – in Anwesenheit von Regisseurin Kirsi Liimatainen und den Hauptdarstellerinnen Sabrina Kruschwitz und Julia Kaufmann. Anschließend bitten wir zum geselligen Beisammensein und regen Austausch bein einem Empfang.

Ebenfalls neu: „Looking for Cheyenne“ von Valérie Minetto: Eine frisch von der Liebsten getrennte und arbeitslose Journalistin aus Paris versucht sich aus Geldnot im einfachsten Landleben und aus Liebeskummer in allerlei Beziehungen. Zärtlich, erotisch, politisch und mit einem Hauch absurder Komik überzeugte der Film im letzten Jahr beim „Queer Filmfestival verzaubert“.

Dass auch Kiel nicht ohne ist, beweisen die Best-Ofs aus dem 2005 eingestellten QUEERFUNK des Offenen Kanals Kiel, zu sehen am Sa, 28.4., 18.30 Uhr.

Am Samstag stimmen wir ein zur Walpurnisnacht-Party im Roten Salon mit François Ozons Music-Mystery-Thriller „Acht Frauen“.

Außerdem zeigen wir noch einmal zwei Wunschfilme: „Paris was a Woman“ illustriert die Bedeutung der vielen lesbischen Frauen für die Weltkulturmetropole zu Beginn des 20. Jhdts. Und der bezaubernde „Goldfish Memory“ mit seinen Einblicken in lesbische und schwule Liebesverwicklungen in Dublin entlässt uns – hoffentlich wohlgemut – wieder in den Kieler Alltag und den Frühling ...

Zu Gast: Kirsi Liimatainen, Sabrina Kruschwitz, Julia Kaufmann
Sonja
Kirsi Marie Liimatainen, D 2006, 73 Min. Mit Sabrina Kruschwitz, Julia Kaufmann, Nadja Engel
Sonja und Julia sind beste Freundinnen. Sie reden miteinander über alles, was sie bewegt, über ihre Vorstellungen und Träume, ihre Erfahrungen mit Jungs und darüber, wie das wohl sein wird, wenn man erwachsen ist. Hätten die beiden einander nicht, wäre ihr Alltag noch trister. Sonja wohnt mit ihrer überforderten Mutter in einer Plattenbausiedlung, der Vater interessiert sich nicht für die Familie, die Jungs machen platte Annäherungsversuche – und ihr Freund möchte endlich mit ihr schlafen. Aber Sonja hat andere Vorstellungen von ihrem Leben, von Glück und erster Liebe, doch sie beginnt erst im Verlaufe des Sommers, ihre Gefühle für Julia zu verstehen ... Kirsi Liimatainen (Buch und Regie) über ihren Film: „Der Ursprung für diese Geschichte liegt in meiner eignen Jugend. Wir waren 16 und unsere Seelen und unsere Herzen waren voll von glücklichen Farben, Hoffnung, Neugier und unruhigen Träumen ... wie die dünnen, sich bewegenden Schwingen des Schmetterlings ... Egal in welchem Land oder Jahr man geboren ist, die Jugend ist immer das Gleiche für uns alle: zerbrechlich und einmalig – jeder Tag kann wie ein Jahr sein.” „Sonja“ wurde ausgezeichnet mit dem FINDLING-Preis 2006 des Filmkunstfestes Schwerin – aus der Jury-Begründung: „Sonja ist ein stiller Film, der durch seine Poesie und Sensibilität besticht. Es ist die feinfühlige Charakterstudie einer junge Frau, die sich abzugrenzen versteht und ihre Ansprüche an die Welt angemessen formuliert.” Kirsi Liimatainen erzählt die Geschichte zweier junger Mädchen an der Schwelle zum Erwachsenwerden. Realistisch zeigt sie ihren Alltag, poetisch und sensibel beschreibt sie ihre Sehnsüchte und Wünsche.
Fr, 27.4., 20.00

Oublier Cheyenne – Looking for Cheyenne
Valérie Minetto, F 2005, 90 Min., OmU
Die draufgängerische Journalistin Cheyenne hat vor siebzehn Tagen ihre Freundin, die Lehrerin Sonia, verlassen. Weil sie keine Arbeit findet und das Geld zuende geht, ist sie von Paris weg gezogen, um unter einfachsten Verhältnissen auf dem Land zu leben. Das bedeutet: Kein Strom, kein fließend Wasser, Kerzen zur Nacht und ein Fahrrad als Transportmittel. Sonia dagegen liebt ihren Beruf und hält gar nichts von solch radikalem Aussteigerleben. Aus Kummer lässt sich Sonia mit dem jungen Freigeist Pierre ein. Hingerissen von der blonden Schönheit, ist der umstürzlerische Beau weder eifersüchtig noch stört es ihn, dass Sonia lesbisch ist. Im emotionalen Wirrwar mischen ferner mit: eine auf Raubzug befindliche Schönheit, eine ebenso niedliche wie rebellische Studentin, eine zynische ländliche Totalverweigerin und ein freundlicher Russe. Das Regiedebüt von Valérie Minetto erzählt mit komischen, dramatischen und manchmal fantastischen Elementen eine wunderbar altmodische Liebesgeschichte aus dem Heute einer sich im Umbruch befindenden Gesellschaft. „Mit seinen zärtlichen wie erotischen Tönen, politischem Statement und einem Hauch absurder Komik gelang Valérie Minetto ein besonderer Liebesfilm, der auf clevere und charmante Art die Herausforderungen aufzeigt, denen eine Beziehung vor dem Hintergrund unterschiedlicher Lebensansprüche ausgesetzt ist.” (Internationales Queer Filmfestival verzaubert)
Sa, 28.4., 20.30

Acht Frauen
François Ozon, F 2002, 106 Min. Mit Fanny Ardant, Emmanuelle Béart, Danielle Darrieux, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert, Virginie Ledoyen, Firmine Richard und Ludivine Sagnier
Eine eingeschneite Villa, acht Frauen ... und ein toter Mann. Man könnte aber auch sagen: ein Regisseur und die nahezu unlösbare Aufgabe, acht Diven des cinéma français von einem gemeinsamen Filmprojekt zu überzeugen. François Ozon hat diese Herausforderung glänzend gemeistert, denn „Acht Frauen“ ist ein Ensemble-Film par excellence, dessen Hauptdarstellerinnen mit geradezu ansteckender Freude an der Schau-Spielerei bei der Sache sind. Sie küssen und schlagen sich, verführen und verdächtigen einander, mal bitterböse, mal melancholisch, doch stets mit Leidenschaft. Und nicht zuletzt ist "Acht Frauen" auch eine Liebeserklärung an das französische Chanson. Wie aus Dornröschenschlaf erwachen Titel, die einst im Original bspw. von Dalida, Françoise Hardy oder Sylvie Vartan gesungen wurden, in den Interpretationen der acht Aktricen zu neuem Leben. Ausgezeichnet u.a. mit einem Silbernen Bären für die acht Hauptdarstellerinnen. Nach einem Theaterstück von Robert Thomas. Anschließend Walpurgisnacht-Party im Roten Salon! (Dort ermäßigter Eintritt bei Vorlage der Kinokarte.)
Sa, 28.4., 22.30

Paris was a Woman
Greta Schiller, GB/USA/D 1996
Djuna Barnes, Gertrude Stein, Janet Flanner, Sylvia Beach, Natalie Barney – wer kennt sie nicht! Mit spannendem und selten zu sehendem Archivmaterial zeigt Greta Schiller das Paris der 20er und 30er Jahre und eine legendäre Gruppe von Frauen, die sich gerne aus der ganzen Welt in das freigeistige Ambiente des Kulturmilieus locken ließen, wo sie als Schriftstellerinnen, Malerinnen, Fotografinnen und Journalistinnen dazu beitrugen, Paris zur kulturellen Welthauptstadt zu machen. Hier konnten sie leben und lieben, wie sie wollten, und die Meisten liebten Frauen.
So, 29.4., 18.30

Goldfish Memory
Liz Gill, Irl. 2003, 85 Min. Mit Sean Campion, Fiona O’Shaugnessy
In der schicken Lounge am Hafen von Dublin suchen die Stammgäste die große Liebe. Unter den Glubschaugen der Goldfische, die in ihrem Glas auf dem Tresen kreisen und die, so heißt es, ein Erinnerungsvermögen von nur 3 Sekunden haben. Der flatterhafte Uni-Prof, die lesbische Fernsehmoderatorin, der schwule Fahrradkurier, wären sie nicht vielleicht glücklicher mit einem Goldfisch-Gedächtnis, wenn sie sich immer neu verlieben könnten, ohne Herz- und Trennungsschmerz?
So, 29.4., 20.30

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