Highlights im KoKi Kiel

Das Kieler KoKi zeigt im August und September u.a.:

Klassik im Kino

Der Ring des Nibelungen
Bühnenfestspiel für drei Tage und einen Vorabend von Richard Wagner. Die Aufführung des „Bayreuther Jahrhundert-Rings“ (1976-1980), Chor und Orchester der Bayreuther Festspiele unter der Leitung von Pierre Boulez, Inszenierung: Patrice Chéreau, Bildregie: Brian Large
Im Sommer 2005 startete das Projekt Klassik im Kino mit der berühmten Ring-Inszenierung aus Bayreuth 1976. Der Zuspruch der Wagner- und Opernfreude war damals gewaltig, und so sarten wir in diesem Sommer einen neuen Durchlauf – im Vertrauen darauf, dass das Wetter mitspielt und uns schön verregnete Sonntage beschert. – Richard Wagner (1813-1883) begann 1848 mit dem Entwurf seines gewaltigen Opernzyklus, um fast 30 Jahre daran zu arbeiten. Da das vierteilige Werk kaum in den Spielbetrieb regulärer Opernhäuser aufgenommen werden konnte, entstand der Gedanke des Festspiels in einem eigens auf die bühnen- und klangtechnischen Erfordernisse ausgerichteten Theater, das dann mit Unterstützung König Ludwig II. von Bayern errichtet wurde. 1876 erlebt der Ring ebenda seine erste Gesamtaufführung. Zur 100-Jahr-Feier dieses Anlasses lud Wolfgang Wagner, Urenkel des Komponisten und Leiter des Festspielhauses, Patrice Chéreau und Pierre Boulez 1976 nach Bayreuth ein, eine neue Inszenierung des Ring zu erarbeiten – nach der Uraufführung und einer Gesamtinszenierung von 1951 erst der dritte Bayreuther Ring. Nach anfänglicher Ablehnung wurde der Ring schließlich als Jahrhundertereignis gefeiert; nach der letzten Aufführung 1980 verabschiedete das Publikum die Inszenierung mit einem 90-minütigem Applaus bei 101 Vorhängen!
So, 24.8. + So, 31.8., 13.00

Arena di Verona
Inmitten der historischen Altstadt von Verona liegt die berühmte Arena, das nach dem römischen Kolosseum zweitgrößte erhaltene Amphitheater. Seit der ersten Aida-Aufführung 1913 genießt diese Bühne einen besonderen Ruf, wegen der Akustik und wegen des unglaublich begeisterungsfähigen Publikums, das schon mal mitten in einer Szene Zugaben fordert oder lauthals mitsingt. Mit den Aufzeichnungen zweier aktueller Inszenierungen holen wir die magische Atmosphäre der Arena ins Kino: die aufwendige Bühne mit ihren prächtigen Kulissen, die Kostüme, die ausgefeilten Licht- und Toneffekte, den klaren Sternenhimmel, und fast spürt man die milde nächtliche Luft ...
Puccini: Tosca (Inszenierung: Hugo de Ana. Dirigent: Daniel Oren. Bildregie: Giuseppe De Filippi Venezia. D/I 2006. 117 Min. Mit Untertiteln. Mit Fiorenza Cedolins, Marcelo Álvarez, Ruggero Raimondi, Marco Spotti). Die berühmteste aller Puccini-Opern war mit der herausragenden Besetzung das Highlight 2006 mit bis zu 15.000 Besuchern pro Vorstellung.
So, 14.9., 18.30
Verdi: Nabucco (Inszenierung: Denis Krief. Dirigent: Daniel Oren. Bildregie: Tiziano Mancini. D/I 2007. 132 Min. Mit Untertiteln. Mit Leo Nucci, Fabio Sartori, Carlo Colombara, Maria Guleghina). Uraufgeführt in der Mailänder Scala am 9. März 1842, machte Nabucco seinen Komponisten in ganz Italien und darüber hinaus bekannt. Lange Zeit war die Oper in der Arena di Verona zuhause und für viele ist der „Va pensiero“-Chor zusammen mit dem Triumphmarsch aus AIDA der Inbegriff des „Verona-Erlebnisses“.
So, 21.9., 18.30

neu in Kiel

Factory Girl
George Hickenlooper. USA 2006. 90 Min. Mit Sienna Miller, Guy Pearce
Im pulsierenden New York Mitte der 1960er Jahre taucht ein neues Gesicht auf. Edie Sedgwick ist jung, schön, hat ihren eigenen Stil und übt eine ungeheure Anziehungskraft auf die Menschen ihrer Umgebung aus. Schon bei der ersten Begegnung ist der exzentrische Popart-Künstler Andy Warhol hin und weg. Er ernennt die Schönheit zu seiner neuen Muse und führt sie in die Gesellschaft seines berühmten Ateliers Factory ein, in dem freie Liebe und exzessiver Drogenkonsum an der Tagesordnung sind. Das ungleiche Paar ist untrennbar, an der Seite des Pop-Zaren wird die Ex-Kunststudentin zur Modeikone und zum ersten It-Girl überhaupt. Aber Edie ist sensibel und zerbrechlich. Durch ihre Kindheit und Jugendzeit traumatisiert, verliert sie schnell den Halt. Als Andy sie aus Eifersucht fallen lässt, stürzt sie immer tiefer. Ein Film, der die vibrierende Atmosphäre einer einzigartigen Epoche von wilder Freiheit, Kunstbesessenheit und grenzenloser Lebenslust einfängt. Aber auch ein Film, der am Beispiel des ersten It-Girls der Popgeschichte die Schattenseiten der roaring sixties im Kunstmekka New York schonungslos aufdeckt – in bewegenden Bildern.
Do, 4.9. - Mi, 10.9.

La Paloma
Sigrid Faltin. D/F 2007. 93 Min.
Es ist das Lieblingslied der Deutschen und gilt als Inbegriff des Nordens: „La Paloma“. Es ist mehr als Freddy Quinn und Hans Albers. Es ist die Grande Dame der Unterhaltungsmusik und das meistgespielte Lied der Welt. In Sansibar wird es auf Hochzeiten gespielt, in Rumänien am Ende einer Beerdigung, in Mexiko ist es das Protestlied gegen den neu gewählten Präsidenten. Weltweit schmückt es sich mit unterschiedlichen Texten, Rhythmen, Instrumentierungen. In seiner Seele, der Melodie, jedoch blieb sich „La Paloma“ immer treu. „Faltins Film erzählt vom Musikgeschäft, von Brauchtum und Politik in wechselnden Tonfällen, die allen Szenen gerecht werden… Bewegender Abschluss der gewitzten Weltreise: das Ding als Fanal gegen den Imperialismus, interpretiert von der wunderbaren Eugenia León unter freiem Himmel vor einer Million Menschen auf dem Zócalo, dem zentralen Platz von Mexico City. Wie es gelingt, aus 39 Takten Musik Trauer und Glück, Sehnsucht und Hitze, Weltschmerz und politischen Protest zu gestalten, bleibt ein globales Rätsel, dem dieser einzigartige Film so innig wie kurzweilig nachgeht.“ (Der Spiegel)
Fr, 5.9. - Mi, 10.9.

Nicht dran denken
Gianni Zanasi. Italien 2007. 104 Min. Mit Giuseppe Battiston, Paolo Briguglia
Stefano hat sich in Rom als Punk Rocker einen Namen gemacht. Aber dann platzt der Traum von der eigenen CD, er schaut sich um und stellt fest: Er ist sechsunddreißig, und zu Hause erwartet ihn weder die Freundin, die sich im Seitensprung übt, noch ein Bett, nur eine Gitarre. Stefano sehnt sich nach etwas, was er bisher immer negiert hat: nach familiärer Wärme. Zeit, eine Auszeit zu nehmen, denkt er sich und macht sich auf nach Rimini. Man empfängt ihn mit offenen Armen – doch auch die kleine Familienidylle trügt. Stefanos Vater spielt nach einem Herzinfarkt nur noch Golf, während sein scheidungsgeplagter Bruder die familieneigene Kirschkonservenfabrik in den Ruin treibt. Seine Mutter sucht ihr Glück in schamanistischen Kursen und seine Schwester hat ihr Studium für einen Job im Delphinarium geschmissen. Eine Überraschung jagt die andere, und Stefano sieht sich, statt im Hotel Mama aufzutanken, bald mit vielen maroden Baustellen konfrontiert, die das Fundament der Familie zum Einsturz zu bringen drohen. „Indem er den Punker mit Sehnsucht nach Sicherheit auf den Spießbürger mit Lust auf Freiheit und Abenteuer treffen lässt, entfaltet Zanasi beim Zusammenprall der Lebensentwürfe eine Vielzahl von Verrücktheiten, die das Leben in seinem ganzen Facettenreichtum abbilden. Mit Sinn für urkomische Katastrophenszenarien zerlegt Zanasi dabei die Familie in ihre Einzelteile, um sie am Ende aber doch als emotionales Zentrum zu etablieren, an dem man kaum vorbei kommt.“ (programmkino.de)
Do, 11.9. - Mi, 24.9.

Standard Operation Procedure
Errol Morris. USA 2008. 118 Min. OmU
Abu Ghraib ist das riesige Gefängnis in Bagdad, in dem schon Saddam Hussein seine Gegner zu Tausenden unterbrachte und umbrachte. Auch nach dem Sturz wurde es weiter benutzt, Hunderte Iraker – Schuldige, Unschuldige, Soldaten, Zivilisten, Kinder – wurden hier gefangen gehalten, bewacht von amerikanischen Soldatinnen und Soldaten. Zwölf Fotos aus dem Gefängnis Abu Ghraib in Baghdad haben 2004 dem Irak-Krieg eine neue Wendung gegeben und vor allem das Bild Amerikas in der Welt ins Wanken gebracht. Der Dokumentarfilmer Errol Morris (The Fog of War, The Thin Blue Line, Eine kurze Geschichte der Zeit) untersucht den unmittelbaren Kontext dieser Bilder. Zwei Jahre lang hat er akribisch recherchiert. Bis auf Charles Garner, der zu zehn Jahren Haft verurteilt wurde, bekam er die Beteiligten vor die Kamera. Ziemlich ungerührt schildern die erschreckend jungen Soldatinnen und Soldaten die Situation im Gefängnis, die Kriegshandlungen draußen, den Druck durch die Beschießungen des Komplexes und die Forderungen von ganz oben, unter allen Umständen Saddam aufzuspüren. Abgründe tun sich auf, wenn die Soldatinnen freundlich vor der Kamera erzählen, dass sie sich als Frauen in Uniform beweisen wollten. Der ganze Wahnsinn von Abu Ghraib wird sichtbar, wenn Verhörexperten des Militärs ihre Weltsicht und „Arbeitsgrundlage“ darstellen, die kühle Kosten-Nutzen-Rechnung des Pentagon, und der Militärankläger zwischen kriminellen und Standard-Verhaltensweisen zu differenzieren versucht. Zwischen diese Aussagen blendet Morris die Originalbilder und verfremdete nachinszenierte Szenen, ein bereits in A Brief History of Time gern verwendetes Stilmittel. Bei der Welturaufführung auf der Berlinale 2008 sorgte das bei Puristen für Diskussionen. Die Jury zeichnete diesen vielleicht wichtigsten politischen Film des Jahres mit dem Silbernen Bären aus. Do, 9.9. anschließend Gespräch mit Prof. Dr. Rainer Mausfeld (Psychol. Inst. der CAU), Dr. med. Mechthild Klingenburg-Vogel (John-Rittmeister-Institut für Psychoanalyse, Psychotherapie und Psychosomatik / IPPNW – Ärzte gegen Atomkrieg/Ärzte in sozialer Verantwortung), Sabine Scheduikat, Manuel Raschke (Amnesty International)
Do, 9.9. - Mi, 17.9.

Sankt Pauli! – Rausgehen, warmmachen, weghauen
Joachim Bornemann. D 2008. 90 Min. Kamera: Jan D. Gerlach
Im berühmt-berüchtigten Stadion am Millerntor in unmittelbarer Nähe der Reeperbahn trägt der FC St. Pauli seine Heimspiele aus, in einem kleinen, kaum Bundesliga tauglichen Stadion, das meilenweit entfernt von den kaum zu unterscheidenden Arenen und Multifunktionsstadien der Konkurrenz ist. Und ebenso heimelig geht es auch im Klubheim zu, in dem sich Spieler aller Nationalitäten auf die Spiele vorbereiten. Zum Kaffeeklatsch vor dem Spiel faltet der Zeugwart eigenhändig die Servietten, der Umkleideraum ist kaum größer als der eines Dorfvereins, die Trainingsanlagen wären wohl manchem Freizeitkicker zu schäbig. Und doch hat sich in den letzten Jahren ein stetig größer werdender Kult um den Verein gebildet, wurden die stets ausverkauften Heimspiele zu beliebten Partyzielen für den frühen Freitagabend, bevor es dann auf der Reeperbahn etwas rustikaler weitergeht. Dass der Verein mit Totenkopffahne und ähnlichen Symbolen seine Nähe zur alternativen Szene in den Vordergrund stellt, hat sicherlich zu seiner Beliebtheit beigetragen. Im FC St. Pauli hat der reflektierte Fußballzuschauer einen Verein, der sich offenbar nicht verkauft und dennoch immer wieder erstaunliche Erfolge feiert. Zu Gast Sa, 20.9.: Joachim Bornemann und Kameramann Jan D. Gerlach
Do, 18.9. - Mo, 22.9.

Back to Africa
Ottmar Schmiderer. Österreich/Deutschland 2008. 97 Min.
Nach ihrer Zusammenarbeit an der herausragenden Dokumentation Im toten Winkel arbeiten Othmar Schmiderer und Andre Heller diesmal auf etwas andere Weise zusammen. Während Heller die bunte Zirkusschau „Afrika! Afrika“ initiierte und erfolgreich auf Tournee schickte, begleitete Schmiderer das Projekt und einige seiner Protagonisten mit der Kamera. Der Musiker Ebraima Tata Dindin Jobarteh, der Körperexzentriker »Huit Huit« Makaya Dimbelolo, die Tänzerin Mingue Diagne Sonko, »Waterman« Dickson Oppong und der Tänzer und Choreograph Georges Momboye sind seit Jahren mit „Afrika! Afrika“ auf Europatournee. Othmar Schmiderer ist dabei, während der Tournee, bei den Proben, vor allem aber in der kurzen, intensiven Zeit, die ihnen während der Zirkuspausen für den Besuch ihrer Heimat und ihrer Familien bleibt – in den Senegal, den Kongo, nach Gambia, Guinea und Ghana. Back To Africa erzählt mit großer Aufmerksamkeit, Sensibilität und Respekt von der Sehnsucht und der inneren Zerrissenheit der Künstler zwischen ihrem Leben zu Hause und in Europa, von ihrer außergewöhnlichen Energie und ihren mitunter abenteuerlichen Biografien, von den Lebensumständen und dem kulturellen Umfeld, in dem sie ihre Kunst entwickelt haben. Unaufdringlich nahe an seinen Protagonisten, ermöglicht uns der Film sehr persönliche Einblicke in die Vielfalt afrikanischer Lebensweisen, zeigt in Bildern von mal stiller, mal berauschender Kraft ein vielschichtiges, vitales, selbstbewusstes Afrika jenseits der Klischees von Elend und Exotik.
Do, 25.9. - Di, 30.9.

Falafel
Michel Kammoun. Libanon 2006. 83 Min. Mit Gabrielle Bou Rached
Eine Sommernacht in Beirut… Toufic, ein junger Libanese, will jeden Moment seines Lebens genießen. Immer auf der Suche nach Spaß streift er deshalb jede Nacht durch die Straßen von Beirut, trifft sich mit Freunden und Bekannten und vertreibt sich die Zeit mit kleinen Liebschaften. Doch bald bemerkt er, dass es ein Luxus ist, im Libanon ein normales Leben zu führen. 15 Jahre nach Ende des Bürgerkriegs scheint hinter jeder Straßenecke eine Zeitbombe zu ticken… Ein Sommerabend in Beirut wird zum Wendepunkt im Leben des jungen Mannes. „Philosophierende Falafel-Verkäufer, die Suche nach einem Ziel im Leben, die ganz besondere Stimmung einer warmen Sommernacht im Libanon, aber auch die Allgegenwärtigkeit der Gewalt in Beirut – aus diesen Elementen hat Michel Kammoun einen Film geschaffen, der seine Geschichte beinahe bruchstückhaft und episodisch erzählt. Zärtlichkeit, Humor und ein tiefes Gefühl der Fremdheit und Entfremdung halten sich hier die Waage und zeigen, dass das libanesische Kino gerade dabei ist, sich von den Beschränkungen der unruhigen politischen Lage im Land zu emanzipieren – sofern Frieden einkehrt im Zedernstaat.“ (kino-zeit.de)
Do, 25.9. - Mi, 1.10.

Itty Bitty Titty Committee
Jamie Babbit. USA 2006. 85 Min. OmU. Mit Nicole Vicius, Melonie Diaz
Eigentlich träumt Anna davon, Gender-Studies-Kurse auf dem College zu belegen. Stattdessen arbeitet sie in einer Klinik für Schönheitsoperationen. Wobei sie mit ihrem kleinen Busen nicht gerade ein Aushängeschild für das dort angepriesene Schönheitsideal ist, was Chef und Kollegin sie Tag für Tag spüren lassen. Auch sonst ist Frust angesagt – ihre Freundin hat sie sitzen lassen, und ihre Familie, die ihr Lesbisch-Sein toleriert, solange es in bürgerlichen Bahnen bleibt, will unbedingt, dass sie sich zur Hochzeit ihrer Schwester herausputzt. So ein Mauerblümchen, wie es auf den ersten Blick scheint, ist Anna aber gar nicht. Insgeheim träumt sie von einem wilden, selbstbestimmten Leben – und da kommt ihr die hübsche Sadie gerade recht, die eines Nachts feministische Parolen auf die Wand der Schönheitsklinik sprüht und sie zu einem konspirativen Treffen der „C.I.A.“ einlädt. Die Abkürzung bedeutet „Clits in Action“ und steht für eine radikale Frauengruppe, die Aktionen im männerdominierten öffentlichen Raum veranstaltet und eine provokante Webseite unterhält. Für Anna ist das eine völlig neue, faszinierende Welt, und schnell kommen die ersten punkigen lila Strähnen in ihr Haar – aber vor allem Sadie ist für sie ein Grund, immer wieder zu den Gruppentreffen zu gehen… Die freche, witzige und von der kraftvollen Musik diverser Frauenpunkbands vorangetriebene queer-feministische Komödie mit Anleihen bei Lizzie Bordens Born in Flames (1983) bietet neben jeder Menge anarchistischem Spaß verblüffenderweise auch „eine differenzierte Standortbestimmung des Feminismus.“ (Der Tagesspiegel)
Sa, 27.9. + Mi, 1.10., 20.30

mit Leitstelle „Älter werden in Kiel“

Die Geschwister Savage
Tamara Jenkins. USA 2007. 114 Min. dt. Fs. Mit Laura Linney, Philip S. Hoffman
Wendy und Jon sind Geschwister. Er ist Literaturprofessor, beschäftigt mit einer Arbeit über Brecht. Sie arbeitet free lance, versucht Theaterstücke zu schreiben, hat beruflich keine allzu großen Chancen und ist mit dem verheirateten Nachbarn Larry liiert. Wichtig in ihr beider Leben ist, dass sie sich vom Vater mental entfernen konnten, der in ihrer Kindheit und Jugend ein überaus strenges Regiment führte. Doch jetzt klingelt das Telefon. Der Vater, Lenny, ist alt, hat seine Lebensgefährtin verloren, leidet zunehmend an Demenz und bedarf der Hilfe. Jon und Wendy sind gefordert. Wohin mit dem Alten? Ist er nicht mehr bei Verstand, oder geht es mit der Krankheit rapide voran? Wie lange kann er noch leben? – Man ist geneigt zu sagen, es sei kein Zufall, dass der Streifen von einer Frau gedreht wurde. Hier wird kein sensationelles „Kino“ vorgeführt, keine Schau, kein Pseudo-Leben, sondern alltägliches, realistisches, bitteres, nur selten ein wenig aufgehelltes Dasein. So läuft es, denkt man unwillkürlich. Aber es muss weitergehen. Dann kommt das Ende – Lennys und des Films.
Di, 26.8. - Di, 2.9.

mit DFG-VK – anschließend Gespräch

Komm und sieh
Elem Klimow. UdSSR 1985. 146 Min. OmU.
1943, Krieg in Belorussland. Kinder organisieren sich Waffen und ziehen mit den Partisanen. Auch der junge Flöra schließt sich stolz einer Untergrundgruppe an. Im Partisanenlager erlebt Flöra mit dem Mädchen Rosa ein Bombardement der Deutschen und verliert so sein Gehör. Beide Jugendlichen fliehen in das Heimatdorf Flöras. Alle Häuser scheinen verlassen. Von einer schlimmen Ahnung getrieben, wird Flöra Zeuge unerträglicher Kriegsgräuel. Innerhalb weniger Stunden werden seine Haare grau. Schonungslos erzählt der erschütternde Filmklassiker vom Inferno des Krieges, der auf keiner Seite Helden, sondern nur Verlierer kennt.
So, 31.8., 18.30

Lange Nacht der Museen – Open-Air-Kino im Hof der Medizinhistorischen Sammlung

Komm süßer Tod
Wolfgang Murnberger. A 2000. 108 Min. OmU. Mit Josef Hader, Bernd Michael Lade, Reinhard Nowak, Karl Markovics, Barbara Rudnik, Nina Proll
Auf den Straßen Wiens tobt ein erbitterter Kleinkrieg der Rettungsdienste um die Opfer. So kämpft auf diesem heißen Pflaster Krankenwagenfahrer und Ex-Detektiv Brenner um volle Pritschen und mit seiner Vergangenheit. Nebenbei gilt es mehrere Morde im Krankenhaus aufzuklären und die Begegnung mit seiner Jugendliebe Klara zu überstehen. Ein gordischer Knoten ist nichts dagegen.
Freaks
Tod Browning. USA 1932. OmU. ca. 70 Min. Mit Wallace Ford, Olga Baclanova, Leila Hyams, Roscoe Ates, Henry Victor, Harry Earles, Daisy Earles
Der kleinwüchsige Hans ist Teil einer Kuriositätenshow bei einem Zirkus. Er ist mit der ebenfalls kleinwüchsigen Frieda verlobt, hat sich jedoch in die Trapezkünstlerin Cleopatra verliebt. Als diese ihn demütigt, nehmen die Freaks grausame Rache… Mit Freaks schuf Tod Browning einen einzigartigen Meta-Horrorfilm über das Wesen des Monströsen und die Würde der Gedemütigten.
Fr, 29.8., 21.00

Europäische Klassiker – zum 70. Geburtstag von Romy Schneider

Ludwig II.
Luchino Visconti. I/F/BRD 1972. 245 Min. Ital. OmU. Mit Helmut Berger, Romy Schneider, Trevor Howard, Silvana Mangano, Gert Fröbe
Mit einem opulenten Bilderreigen, stilsicher und poetisch entfaltet Visconti in diesem vielfach ausgezeichneten Film das kurze Leben des „Märchenkönigs“ Ludwig II., der an seinen Herrscherpflichten verzweifelt, gleichzeitig für seine ästhetischen Utopien, seine Begeisterung für Wagner und märchenhaften Bauten den Staat an den Rand des Bankrotts bringt und schließlich – abgesetzt – unter mysteriösen Umständen ertrinkt. So überzeugend hat vorher noch niemand den Geist und das Lebensgefühl des Romantizismus verfilmt. Die Außenaufnahmen entstanden überwiegend in Bayern, u.a. in der Münchner Residenz, in Schloß Berg, Neuschwanstein, Hohenschwangau, am Starnberger See. Romy Schneider übernahm auf Bitten Viscontis noch einmal die hier realistisch angelegte Rolle der Elisabeth, der Cousine des Königs. Längst arbeitete die am 23. 9. 1938 geborene Künstlerin mit Europas spannendsten Regisseuren zusammen und hat sich in Frankreich neuen Starruhm jenseits ihrer deutschen Rollenvorgaben erarbeitet. Nun nutzt sie die Gelegenheit, mit dem verhassten Sissi-Image abzurechnen. Seinerzeit erhielt der Film ein zweispältiges Echo, nicht zuletzt, weil er die Homosexualität des Königs thematisierte, und kam nur stark gekürzt ins deutsche Kino. Unstrittig aber war, was Siegfried Schober im Duktus der Zeit in der SZ schrieb: „Mit Romy Schneider allein behauptet sich in diesem zwischen Monstrosität und Strenge schwer atmenden Film das Kino als vitales, physisches, sensibles, nicht bloß den schönen Bildern und künstlichen Gefühlen huldigendes Medium, und so muss man vor allem einmal sagen, das Viscontis Ludwig II. ein Sieg Romy Schneiders ist, der nicht genug bewundert werden kann.“
So, 28.9., 19.00

Psychoanalyse und Film – mit John-Rittmeister-Institut

Bent
Sean Mathias. GB 1997. 102 Min. OmU. Buch: Martin Sherman nach seinem Theaterstück. Musik: Philip Glass. Mit Clive Owen, Lothaire Bluteau
Der lebenslustige Max ist Stammgast in Gretas Bar (Mick Jagger in einer beeindruckenden Tuntenrolle) und genießt das schwule Berliner Nachtleben, bis die Nazis 1934 nach dem Röhm-Putsch mit ihrer Jagd auf die Homosexuellen beginnen. Max und sein Freund Rudy werden ins KZ Dachau deportiert. Dort haben Schwule, erkennbar am Rosa Winkel, den niedrigsten Status. So verleugnet Max seine Homosexualität, läßt sich sogar zwingen, seinen Freund umzubringen und vor den Augen des Wachpersonals ein Mädchen zu vergewaltigen, alles für die scheinbare Sicherheit des Judensterns. Die Liebe zu einem Mitgefangenen schließlich gibt beiden die Kraft, sie selbst zu sein und zu bleiben. Der Film setzt das Theaterstück von 1979 in stilisierte Bilder um, die das Leiden ohne Blut und Pathos vermitteln und manchmal mit ihrem grimmigen Humor an die Mittel des Absurden Theaters anzuknüpfen scheinen. Anschl. Gespräch mit Dipl.-Psych. Gisela Bergmann-Mausfeld und Dr. med. Mechthild Klingenburg-Vogel
Mo, 1.9., 20.30

endlich in der Originalfassung

Be Kind Rewind / Abgedreht
Michel Gondry. USA 2007. 101 Min. Mit Jack Black, Mos Def, Danny Glover
Weil er bei einem Einbruch ins Umspannwerk magnetisiert wurde, löscht Mike alle VHS-Cassetten der Videothek, in der er arbeitet, quasi im Vorbeigehen. Damit die Kunden nichts merken, drehen er und sein Kumpel Filmklassiker wie King Kong oder Ghostbusters neu – und landen Hits! „Gondry ist vielleicht der letzte Fantast des Kinos. Ihm geht es im Grunde um nichts anderes als das Aufzeigen des Unzeigbaren: die Windungen des Hirns, das innere Auge. Das ist der heimliche rote Faden seines Oeuvres.Weg von den Blockbustern, vom Big Budget und den ewigen Computer-Effekten. Jeder kann – das wird auch YouTube gerne hören – sein eigener Regisseur sein. Lasst eure Fantasie raus, propagiert dieser Film, auch wenn die Kulissen wackeln und eure Tricks durchschaubar sind. Was zählt, ist Handarbeit, Innovation, Charme und – Originalität.“ (Die Welt)
Do, 28.8. - Mi, 3.9.

zur Ausstellung TRUE ROMANCE in der Kunsthalle zu Kiel

Türkische Früchte
Paul Verhoeven. NL 1973. 99 Min. Mit Rutger Hauer, Monique van de Ven    
Amsterdam 1973, mitten im Trubel der Späthippiezeit: Der ausgeflippte Bildhauer Eric gabelt Olga auf, Tochter eines gutbürgerlichen Geschäftsmannes. Die beiden heiraten, doch die zügellose Ehe geht in die Brüche, weil Olga ihrem grenzenlosen Freiheits- und Liebesdrang nachgibt… Mit zielsicherer Ironie schießt der niederländische Regisseur Paul Verhoeven gegen Pseudo-Bohème und Spießertum. Was als anarchische Komödie mit unverkrampft-ungekünstelten Sexszenen beginnt, endet als menschliche Tragödie. Nach der packenden und kontrovers aufgenommenen Vorlage von Jan Wolkers entstand ein Film, hinter dessen drastischen Bildern das sichere Gespür für eine realistische Erzählweise steht. Lohn: eine Oscar-Nominierung als Bester Auslandsfilm.
So, 7.9., 20.30

zurück zum Inhalt