Filmfest Wismar setzte auf Dokus

In seinem zweiten Jahr stellte das Filmfest Wismar Dokumentarfilme in den Mittelpunkt seines Programms. Mehrere Nachwuchsregisseure überzeugten am Wochenende vom 10. bis 12. Oktober mit emotionalen Portraits und einfallsreichen Kurzfilmen.

Von den zehn Filmen, die um den Publikumspreis der „Wismarer Filmnixe“ konkurrierten, waren allein acht Dokumentationen. Dass fünf Filme mit Mitteln der kulturellen Filmförderung Mecklenburg-Vorpommern unterstützt worden waren, freute Festival-Leiterin Sabine Matthiesen besonders. „Wir arbeiten intensiv an der Förderung der jungen Filmemacher des Landes und helfen, kreative Filmideen, die Geschichten über und aus MV erzählen, zu entwickeln“, sagte die Geschäftsführerin des Filmbüros Mecklenburg-Vorpommern.

Für die Zuschauer hatte das zweite Filmfest Wismar am Freitagabend mit der ausverkauften Premiere des Dokumentarfilms „Far Off Fields“ des Güstrower Regisseurs Arne Papenhagen und dem Animationsfilm „Leben hinterm Mond“ begonnen. Vorausgegangen war bereits am Vormittag ein Fach-Symposium der Landesrundfunkzentrale über die Aussichten der Dokumentarfilme in Zeiten digitalen Kinos und Fernsehens per Internet.

Am Sonnabend folgten elf weitere Filme, jeweils als Kombination eines Kurzfilms und eines Langfilms. Nach jeder Vorführung stellten die Moderatoren des Filmbüros, Sabine Matthiesen und Reik Möller, einen der beteiligten Filmschaffenden vor. Für die Zuschauer bestand die Möglichkeit, Regisseuren und Produzenten Fragen zur Arbeit zu stellen. So wurden Gespräche initiiert, die im Anschluss bei einem Imbiss fortgesetzt werden konnten.

Auf großes Interesse stieß am Samstagvormittag der Dokumentarfilm „Kleine Stolpersteine“, der beim Filmfest erstmals in MV gezeigt wurde. Die jungen Filmemacherinnen, Regisseurin Sophie Narr und Produzentin Anja Stanislawski, erhielten viel Lob und Anerkennung für ihre Arbeit, bei der sie vier Erstklässler aus Einwandererfamilien in Berlin mehrere Wochen begleitet hatten. Eine einfühlsame Kameraführung zeigt die Kinder auf deren Augenhöhe, ohne die herabblickende Sicht der Erwachsenen. So konnte der Zuschauer mitfühlen mit den Kindern, die sich im Schulalltag oft ausgegrenzt und unverstanden fühlen.

Seine MV-Premiere feierte in Wismar ein weiterer Dokumentarfilm: „Zuletzt befreit mich doch der Tod“ bewegte wie kaum ein anderer Film die Zuschauer. Nach jahrelanger psychischer Erkrankung hinterlässt eine junge Frau vor ihrem Selbstmord umfangreiche Aufzeichnungen über ihre Kindheit und Jugend, die schwere Anschuldigungen an ihre Eltern enthalten: Vernachlässigung, Gewalt, Missbrauch. Regisseurin und Produzentin Beate Middeke hatte die junge Kay persönlich gekannt. Nach deren Tod besuchte Middeke Eltern, Geschwister, Freunde und Betreuer. Entstanden ist das Portrait einer jungen Frau, die sich ein Leben ohne Qualen wünschte und keinen Frieden finden konnte, denn die Verletzungen ihrer Kindheit blieben ungeklärt und im Dunkeln. Middekes Art, die Personen ungeschönt zu zeigen und auf jegliche Kommentare zu verzichten, verstärkt dabei noch die Wirkung des Films. Die Zuschauer zeigten sich tief betroffen und ergriffen von „Zuletzt befreit mich doch der Tod“, der allein für seinen Mut einen Preis verdient hätte. Positiv war die Resonanz auch bei den Kurzfilmen, die jeweils den längeren Formaten vorausgingen. Auch die beiden Spielfilme „Underdogs“ und „Novemberkind“ am Samstagabend verzeichneten Zuschauerrekorde.

Fazit der Veranstalter nach der zweiten Auflage des Festivals: Bereits bei seiner zweiten Auflage beginnt sich das Filmfest Wismar mit seinem Landesbezug und seiner Vielfalt im Festivalkalender zu etablieren. „Es waren so viele MV-Filme en bloc zu sehen wie noch nie“, so Sabine Matthiesen. Publikum und Filmemacher hätten gleichermaßen großes Interesse an dem Festival gezeigt. Das, so Matthiesen, wolle man weiter ausbauen.

(nach einer Pressemitteilung des Filmbüros Mecklenburg-Vorpommern)

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