57. Internationale Filmfestspiele Berlin - Berlinale 2007

Redliche Fernsehkost im Wettbewerb

„Die Fälscher“ (Stefan Ruzowitzky, D/Ö 2007)

Berlinale, unter dem Festivalchef Dieter Kosslick bedeutete das bisher immer die Förderung besonders des deutschen Films, auch und vor allen im Wettbewerb. In den letzten Jahren wurde das durch die Teilnahme von drei bis vier Filmen in dieser am höchsten gewichteten und meisten Beachtung findenden Festivalsparte deutlich. Auffällig war deshalb diesmal, dass es nur zwei deutsche Filme im Wettbewerb zu sehen gab. Und auch die Sektion „Panorama“, die noch im vorigen Jahr mit hiesigen Spielfilmen am Abend im Zoopalast nur so gestrotzt hatte, begnügte sich dieses mal mit nur einem heimischen Spielfilm in diesem Festivalkino („Ferien“ von Thomas Arslan). Dem verdutzten Betrachter drängte sich da die Frage auf, ob es nicht andere potente Bewerber gab oder ob den Auswahlgremien die Qualität der deutschen Angebote nicht genügte.

Die zweite Vermutung scheint bei Betrachtung des Wettbewerbsbeitrags „Die Fälscher“ von Stefan Ruzowitzky freilich ausgeschlossen. All zu bieder kommt dieser traditionell erzählte Film über die Geschichte der geheimen Geldfälscheraktion „Operation Bernhard“ des Dritten Reiches gegen seine Kriegsgegner daher. Ein passabler und redlicher Film fürs ZDF-Abendprogramm, das ihn dann auch koproduziert hat, aber als deutscher Beitrag im Wettbewerb neben den Filmen von Robert DeNiro, Clint Eastwood, LiYu oder Jacques Rivette?

Basierend auf den tatsächlichen Begebenheiten wird die Geschichte der KZ-Häftlinge erzählt, mit deren Hilfe das Dritte Reich gegen Ende des 2. Weltkrieges seine Gegner mit gefälschten Banknoten (Dollar, Pfund und andere) in 100-Millionen-Höhe wirtschaftlich schwächen wollte. Die besten jüdischen Druckexperten und Fachleute für Banknoten bzw. mit Fälscher-Know-How werden im KZ Sachsenhausen zusammengezogen, um von den übrigen Lagerinsassen abgeschottet unter relativ privilegierten Verhältnissen (z.B. ausreichendes und gutes Essen, eigene Betten) Falschgeld herzustellen. Erzählt aus der Perspektive des renommierten Geldfälschers Salomon Sorowitsch (Karl Markovics), der vom Lagerkommandanten Herzog (Devid Striesow) zum Chef der Fälscherwerkstatt ernannt wird, entspinnt sich ein Wettlauf mit und gegen die Zeit. Vor allem möglichst für echt gehaltene Pfund- und Dollarblüten sollen in großer Auflage gedruckt werden. Angetrieben von Herzog und seinen Chargen mit Zuckerbrot und Peitsche – letzteres war dort im KZ freilich immer die tödliche Bedrohung – entspinnt sich der eigentliche Konflikt allerdings zwischen den Fälschern selbst. Soll man in der Hoffnung aufs eigene Überleben gefügig und zügig Qualitätsprodukte „liefern“ oder möglichst lange versteckt Sand ins Getriebe streuen. Dieser Gewissenskonflikt der KZ-Insassen zwischen erzwungener Kollaboration oder Sabotage ist der thematische Boden des Geschehens.

Sorowitsch, der eher pragmatisch denkt, geht es vor allen Dingen ums nackte Überleben. Jedoch sein Kontrahent und Leidensgenosse, der vom politischen und moralischen Idealismus getriebene Adolf Burger (August Diehl) kann sich zunächst durchsetzen, als es nach erfolgreicher Pfund-Produktion um die noch wichtigere Herstellung von falschen Dollars geht. Erfolgreich wird Woche um Woche die Fälschung verzögert. Und Sorowitsch hält trotz gegenteiliger Meinung still. Der Film freilich an dieser Stelle auch: Die Handlung tritt praktisch auf der Stelle. Ein dramaturgischer Durchhänger, den hier erzählerisch mangelhaft bewältigten Konflikten seiner Protagonisten geschuldet.

Meisterfälscher Sorowitsch (Karl Markovics, links) mit Lagerkommandanten Herzog (Devid Striesow) und SS-Mann Holst (Martin Brambach) (Foto: Berlinale)

Letztlich „hilft“ nur die brutale Gewalt der KZ-Wächter über diese Klippe der Handlung hinweg. Und als dann die Dollars doch noch gedruckt werden, ist der Krieg praktisch schon fast zu Ende, jedenfalls für die KZ-Insassen und ihre Bewacher. Der Befreiung der Lagerinsassen geht natürlich die Abrechnung mit dem habgierigen Kommandanten voraus, als alle anderen SS-Leute schon geflohen sind. Und dann ist „Stunde Null“, mit all der Trauer um das Elend der Opfer.

Ja, vielleicht haben sich viele einzelne Geschehnisse tatsächlich so zugetragen, wie im Film und in der Autobiografie August Burgers beschrieben, die die stoffliche die Grundlage für den Film lieferte. Aber dennoch wirkt der Film in vielen Dingen zu klischeehaft. Das Häftlingspersonal wird als große Familie dargestellt. Dem besonnenen Pragmatiker Sorowitsch wird der heißspornige Idealist Burger gegenübergestellt, dem opportunistisch berechnenden Lagerkommandanten Herzog sein bestialisch brutaler Untergebener und Überzeugungstäter SS-Mann Holst (Martin Brambach). Bezeichnend für die Klischeehaftigkeit auch Anfang und Ende: Die Rahmenhandlung zum eigentlichen Geschehen bildet das weitere Schicksal von Salomon Sorowitsch. „Gestrandet“ mit einem Koffer voller Falschgeld an den Gestanden von Monte Carlo, gewinnt er zunächst noch eine Menge Geld dazu, um dann alles absichtlich zu verspielen, aber vielleicht das Glück in der Gestalt einer jungen Frau zu gewinnen. (Helmut Schulzeck)

Die Fälscher, D/Ö 2007, 98 Min., 35 mm. Buch, Regie: Stefan Ruzowitzky, Kamera: Benedict Neuenfels, Schnitt: Britta Nahler

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