Der Newsletter zum Thema Medien in Schleswig-Holstein
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Filmkultur Schleswig-Holstein e.V.



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15. Juli 2023 - 13:56

Highlights im KoKi Kiel

Das Kieler KoKi zeigt von Mai bis Juli u.a.:

Stummfilm – Livemusik: Das Devil Music Ensemble aus Boston

Dr. Jekyll and Mr. Hyde
John S. Robertson, USA 1920, Mit John Barrymore, Brandon Hurst, Martha Mansfield, Charles Lane, Cecil Clovelly, Nita Naldi, J. Malcolm Dunn, George Stevens, Louis Wolheim, Alma Aiken. Musik: Devil Music Ensemble – Brendon Wood: Gitarre, Synthesizer; Jonah Rapino: Violine, Vibraphon, Synthesizer; Dan D’Errico: Schlagzeug, Percussion, Synthesizer
Robert Louis Stevensons Roman „The Strange Case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde“ (1886), ein Klassiker der Weltliteratur, zählt zugleich zu den berühmtesten literarischen Ausformungen des Doppelgängermotivs. Und mit über 100 filmischen Adaptionen kann die Geschichte von dem Arzt Dr. Jekyll, der durch ein wissenschaftliches Experiment seine ins Unterbewusstsein verdrängten Triebe freisetzt und sich unkontrolliert in eine mordende Bestie verwandelt, den Weltrekord für sich verbuchen. Zu den berühmtesten Varianten zählen sicherlich die Fassung von 1931 mit Frederick March, diejenige von 1941 mit Spencer Tracy und die Adaption von 1996 mit John Malkovich und Julia Roberts. Weitestgehend unbekannt hingegen dürfte – zumindest hierzulande – die Stummfilmfassung von 1920 sein, in der John Barrymore die schwierige Doppelrolle des grenzgängerischen Arztes meisterlich bewältigte. Seine Verwandlungsszenen, die noch ganz ohne Überblendungen und sonstige Tricks erzeugt werden mussten, werden in der Fachliteratur als beängstigend realistisch gewürdigt. Das KoKi bietet Gelegenheit, diese filmhistorische Rarität zu erleben – und dies mit der besonderen Begleitung durch das renommierte Devil Music Ensemble aus Boston. Auf seiner Europa-Tournee gastieren die drei Musiker zwischen zwei Auftritten in Kopenhagen und Lübeck bei uns, um den Film mit ihrem eigenen Soundtrack live zu begleiten. „The Devil Music Ensemble has established itself as one of the primary American groups composing and performing scores for silent films, and can be spoken of in the same breath as groups like the Alloy Orchestra and the Tin Hat Trio.“ Dylan Skolnick, Cinema Arts Centre. – Wir zeigen den Film in Begleitung zur Ausstellung „Hirnsturm. Ein Kabinett verwegener Forscher“ der Medizin- und Pharmaziehistorischen Sammlung der CAU.
So, 20.5., 20.30

Klassik im Kino

Cardillac
Oper in vier Bildern. Musik von Paul Hindemith, Libretto von Ferdinand Lion nach E.T.A. Hoffmann. D 1986, 89 Min. Bayerische Staatsoper, Musikal. Ltg: Wolfgang Sawallisch. R: Jean-Pierre Ponnelle. Mit Donald McIntyre, Maria de Francesca-Cavazza (Live-Aufnahme)
Jazz & Tempo, Künstlerdrama & Nummernoper: „Cardillac“ von Hindemith ist eine hochromantische Kriminalgeschichte, die von einem Goldschmied handelt, der durch Mord wieder in den Besitz seiner verkauften Schmuckstücke kommen will. Hindemiths 1926 international gefeierter Versuch, eine Oper der neuen Sachlichkeit zu schreiben, die sich vom Musiktheater wagnerscher Prägung absetzt, wird in dieser Aufführung von Ponnelle in die Nähe des expressionistischen Films gerückt.
So, 27.5., 17.00

Neu in Kiel

Shooting Dogs
Michael Caton-Jones, GB/D 2005, 114 Min. Mit John Hurt, Hugh Dancy, Dominique Horwitz
Voller Eifer möchte der junge Englischlehrer Joe helfen, das afrikanische Land Ruanda in einen besseren Ort zu verwandeln. Dem Leiter der Schule und Missionsstation, dem katholische Priester Christopher, fällt es nach vielen Jahren in Afrika angesichts der andauernden Gewalt immer schwerer, seinen Glauben aufrecht zu erhalten. 1994 beginnen Hutu-Extremisten, die Angehörige der Tutsi-Minderheit mit Macheten abzuschlachten. Die Schule etabliert sich schnell als einer der wenigen Zufluchtsorte für die örtlichen Tutsis und gestrandete Europäer. Auch eine kleine belgische Überwachungseinheit befindet sich auf dem bald belagerten Schulgelände, die aber durch das schwache und unentschlossene Mandat der Vereinten Nationen zur Ohnmacht verurteilt ist. Spannend und mit erschütternder Intensität macht der Film die verworrene Lage eines im mörderischen Chaos versinkenden Landes erlebbar, das letztlich für die gutwilligen Europäer doch fremd geblieben ist, und liefert einen sehenswerten Beitrag zur Problematik von militärischen Interventionen. „Shooting Dogs will gar nicht alles über den Massenmord in Ruanda sagen. Kann er auch gar nicht. Diese Geschichte ist ein Bruchstück, ein Ereignis, welches für das Ganze steht. Es ist ein Film, auf den auch jemand, der nichts von der Situation in Ruanda weiß, emotional reagieren kann ... Der Film ist ein Zeitzeugnis, gedreht am Ground Zero und gleichzeitig stellvertretend eine Warnung für die unzähligen anderen, heute aktuellen Kriegsschauplätze, wie zum Beispiel Darfur.“ (M. Caton-Jones)
Do, 17.5. - Mi, 23.5.
Mana – Die Macht der Dinge
Peter Friedman, Roger Manley, F/D/NL/USA 2004, 92 Min. Deutsche Textfassung von Rüdiger Dahlke.
Überall auf dieser Welt, innerhalb jeder Gesellschaft gibt es Objekte, denen Menschen eine besondere Macht zuschreiben. Sie besteigen Berge oder unternehmen Pilgerreisen, um diese Objekte einmal zu sehen oder zu berühren. Sie werfen sich vor ihnen nieder, vollziehen besondere Rituale in deren Gegenwart und berühren diese Gegenstände in der Hoffnung, etwas von deren magischer Kraft zu erlangen. Sie bewahren diese Objekte in einem Schrein in Kirchen und Tempeln auf oder geben sie als Grabbeigabe ihren Verstorbenen mit; sie tragen sie am Körper, bewahren sie wie einen Schatz auf oder verbrennen sie. Solchen Objekten wohnt „Mana“ inne, sagen die Polynesier. Der Film begibt sich auf eine Reise um die ganze Welt und besucht Menschen und ihre Glaubensdinge: das reicht vom Oldtimer-Fahrzeug über Elvis-Presley-Devotionalien, von Navajo-Gräbern in Amerika bis zu burmesischen Pagoden, vom Turiner Grabtuch bis zu einer Zeitmaschine, vom Lächerlichen zum Ehrwürdigen. Dabei findet der esoterisch angehauchte Film für seine Botschaft wunderbare Bilder, die auch den Skeptiker in ihren Bann zu ziehen vermögen. Einen Eindruck vermittelt www.manafilm.de.
Do, 24.5. - Mi, 30.5.
Havanna – Die neue Kunst Ruinen zu bauen
Florian Borchmeyer. D 2006. 85 Min. OmU
Havanna, Hauptstadt der revolutionären Republik Kuba. Die Schönheit der Stadt ist geprägt von der Poetik der Ruine. Wenig poetisch ist die Ruine Havanna für diejenigen, die sie bewohnen. Haus-einstürze stehen auf der Tagesordnung. Für die Bewohner ist der Verfall der Stadt eine ständige Quelle des Schmerzes. Der Film porträtiert fünf Personen, die in Gebäuden in verschiedenen Stadien des Einsturzes wohnen. Sie alle versuchen, aus einer Existenz zu fliehen, die durch das Leben in einer Ruine selbst zur Ruine zu werden droht. Der Obdachlose Reinaldo etwa hat im alten Teatro Campoamor Unterschlupf gefunden, in dem einstmals Caruso vor der High Society sang. Heute ist Gebäude, das zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt und dessen Dach vor Jahren einstürzte, dem tropischen Regen ausgesetzt. Nähern sich aber kameratragende Touristen oder Reporter, eilt die Revolutionspolizei herbei und konfisziert, was es zu konfiszieren gibt. Die neue Kunst Ruinen zu bauen erzählt die Geschichten von Menschen, die an lebensunwürdigen Orten ausharren. Andernorts wären ihre Wohnorte längst renoviert, in Museen umgewandelt oder abgerissen worden. So zeigt der Film die Ambivalenz von Zauber und Zerstörung – und macht eine letzte Momentaufnahme.
Fr, 1.6. - Mo, 4.6.
Bamako
Abderrahmane Sissako. Mali/F/USA 2006. 116 Min. OmU. Mit Aissa Maiga
Melé ist Sängerin in einer Bar, ihr Mann arbeitslos. Sie teilen sich mit anderen Bewohnern den Hinterhof eines Hauses in Malis Hauptstadt Bamako, der zudem noch von Hühnern und Ziegen bevölkert wird, durch den Hochzeitsgesellschaften ziehen und wo regelmäßig der große Waschtag zelebriert wird. Und mitten in diesem bunten Kosmos des afrikanischen Alltagslebens findet eine Gerichtsverhandlung statt, ein Tribunal, in der Vertreter der afrikanischen Zivilgesellschaft Klage erheben gegen die Aktivitäten des internationalen Währungsfonds IWF und die Entwicklungspolitik der Weltbank, die mit ihren Projekten und Planungen das Land zugrunde richten. Und während der Prozess ernst und spannungsgeladen mit Zeugenberichten und Plädoyers voranschreitet, geht das Leben im Hof munter seinen normalen Gang. Mit diesem hinreißenden Kontrast zeigt Sissako stellvertretend, wie die nördliche Welt mit der südlichen umspringt und wie dringlich es wird, die zu hören, die so wenig Möglichkeiten haben, sich Gehör zu verschaffen. Dieses weltweit beachtete afrikanische Kinoprojekt drehte der Regisseur im wesentlichen im Hof des Hauses seines Vaters, in dem er auch aufgewachsen ist. Sissako macht deutlich, dass das geplünderte und geknebelte Afrika weniger ein Opfer seiner Armut als vielmehr seines Reichtums ist. Dabei gibt Sissako in seinem Film den Frauen als Zeugen, Ankläger oder Richter einen breiten Raum: „Die Rolle der Frauen ist für Afrika viel wichtiger als die Rolle der Männer“.
Fr, 1.6. - Mi, 6.6.
Das Ministerium für Staatssicherheit – Alltag einer Behörde
Christian Klemke, Jan N. Lorenzen. D 2002. 90 Min.
Der große Resonanz von Florian Henckel von Donnersmarcks Spielfilm Das Leben der Anderen zeigt, dass die Auseinandersetzung mit der Stasi auch weiterhin ein aktuelles und wichtiges Thema ist. Für fast 100.000 hauptamtliche Mitarbeiter war das MfS täglicher Arbeitsplatz. Neun von ihnen, zuletzt Generäle oder hohe Offiziere, treten vor die Kamera und erzählen vom Innenleben des MfS-Apparates, vom Lebensgefühl seiner Mitarbeiter und von den Techniken der zur täglichen Routine gewordenen Geheimdienstarbeit. Wie verlief eine Verhaftung, wie ein Verhör, wie die Anwerbung eines Inoffiziellen Mitarbeiters, und was waren die Praktiken in der Untersuchungshaft? Ein entlarvender Film über Menschenbild, Selbstverständnis und Rechtfertigungsstrategien der ehemaligen Stasimänner – erzählt von den Tätern selbst.
Do, 7.6. - Fr, 8.6., 20.30
Bahn unterm Hammer
Leslie Franke, Herdolor Lorenz. D 2006. 75 Min.
Die zwei Gesichter der Bahn: glitzernde Bahnhofswelten mit First-Class-Service einerseits und verfallene Gleisanlagen, verlassene Bahnhöfe, gnadenlos überfüllte Züge, neuwertige Loks und Waggons vor der Schrottpresse andererseits. Wie wird sich die Situation für Fahrgäste und Beschäftigte der Bahn, aber auch für die Städte darstellen, wenn der im Januar 2007 bekannt gewordene Gesetzentwurf zur Bahnprivatisierung Realität geworden ist? Ab 2008 sollen größere Anteile der Deutschen Bahn AG an private Investoren gehen. Die Infrastruktur (Trassen, Bahnhöfe, Energie) wird nur noch in sehr abstrakter Form Eigentum des Bundes sein. Der Verkauf des in 170 Jahren geschaffenen gesellschaftlichen Vermögens wird aber nicht die Kassen des Bundes entlasten: 15 Jahre lang sollen jährlich 2,5 Millarden Euro für den Netzunterhalt, sowie die Neubaukosten und für den Regionalverkehr gezahlt werden. Die Gewinne aber gehen an die DB AG. Das Für und Wider der Privatisierung, die Auseinandersetzung in Politik und Gesellschaft darum wird im Film dargestellt. Es kommen Unternehmer zu Wort, deren Städte bzw. Firmen von der Schiene abgehängt wurden, Bahnkunden, Beschäftigte, Befürworter und Gegner der Privatisierung. Gezeigt wird der Alltag im privatisierten britischen Schienenverkehr. Und es wird die Frage gestellt, ob die Überlassung der deutschen Bahn auf dem privaten Kapitalmarkt oder eine Bahn in öffentlichem Eigentum den Interessen der Mehrzahl der von Privatisierung Betroffenen besser gerecht werden. Ist die Privatisierung unausweichlich? Gibt es Alternativen? Dazu wird am 25. Juni (20.30 Uhr) im Anschluss an den Film eine hoffentlich lebhafte Diskussion mit Heiner Erling – Gewerkschaft Transnet, Hagen Kalleja – GF Nord-Ostsee-Bahn und VertreterInnen von DB Regionalbahn SH (angefragt), Ministerium Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr des Landes SH und Attac-Kiel geführt.
Mo, 25.6 - Mi, 27.6.
Vier Kurzfilme von Jan Krüger
Jan Krüger, geboren 1973 in Aachen, Absolvent der Kölner Kunsthochschule für Medien, ist ein großes Talent des neuen deutschen Films. Die Kurzfilme dieses Programms erzählen beobachtend und oft überraschend von Nähe und Distanz, von Abhängigkeiten und Außer-Sich-Sein in Beziehungen und Freundschaften – unter Jungs, Männern und Engeln. Den Menschen beim Leben zusehen, darum geht es. Daraus entwickelt sich sinnliches, auch in Ausbrüchen von Gewalt und Erotik präsent bleibendes Kino. Mit großer Selbstverständlichkeit thematisiert Krüger dabei Homosexualität, ohne seine Figurenzeichnung darauf zu beschränken. Seine Filme stehen vor allem im Ausland schon für eine neue Richtung und ein neues Selbstbewusstsein des deutschen Kinos.
Do, 28.6. - Sa, 30.6., 18.30
Traders’ Dreams
Marcus Vetter, Stefan Tolz. D 2007. 83 Min.
eBay – dieser Name steht für die Geschäftsidee vom globalen Flohmarkt, den die kalifornische Firma inzwischen zum milliardenschweren Erfolg im Internet perfektioniert hat. Menschen aus aller Welt können von zuhause aus bequem kaufen und verkaufen, gelegentlich oder auch gewerblich, und man kann sich zum „eBay Powerseller“ hocharbeiten. Einmal jährlich peitscht sich die Community in einer mammutartigen Selbstbeweihräucherungsshow in Euphorie nach dem Motto: Jeder kann erfolgreich sein. Der Alltag, dem die Filmemacher auf ihrer Reise rund um die Welt begegnen, sieht einigermaßen anders aus: Überall, auf der Isle of Skye, in Mexiko, China, dem sächsischen Borna und dem kalifornischen San Jose begegnen sie Menschen, die sich die Erfüllung ihrer Träume erhoffen. Aber nicht immer wollen sich die auf Seminaren und Videos in Aussicht gestellten Versprechnungen der eBay-Professionals erfüllen. Traders’ Dreams enttarnt den Traum von einem System ohne Verlierer als eine schöne Chimäre. Erfolg ist selbst bei eBay nicht planbar. Nicht einmal für eBay selbst: Der ehrgeizige Geschäftsmann Jack Ma hat mit seinem Unternehmen Alibaba den übermächtigen Platzhirsch zur Aufgabe seiner China-Dependance veranlasst. In einem nächsten Schritt will er eBay außerhalb Chinas Konkurrenz machen.
Do, 28.6. - Mi, 11.7.
Der Italiener / Il caimano
Nanni Moretti. I 2006. 90 Min. Mit Silvio Orlando, Margherita Buy
Bruno Bonomo ist Produzent billigst heruntergekurbelter Filme mit Titeln wie „Moccassin Assassins“ (zu deutsch etwa „Angriff der Killerpantoffeln“). Da sich damit kein Geld verdienen lässt, steht er vor dem finanziellen Ruin. Und auch in seiner Ehe kriselt es heftig. Da spielt ihm das Schicksal ein Drehbuch in die Hände, „Der Kaiman“. Auf den ersten Blick ein mittelmäßiger Thriller, entpuppt sich der Stoff als eine Abrechnung mit den politischen Machenschaften Silvio Berlusconis. Wild entschlossen macht Bruno dieses riskante Projekt zu seiner neuen Lebensaufgabe, in der Hoffnung, dadurch Karriere und Ehe irgendwie retten zu können. Zwischen Scheidungskrieg und Finanzierungsproblemen, zwischen Hoffnung und Resignation balancierend, wird dieses Projekt für ihn zu einer Angelegenheit von Leben und Tod... Dass der Film trotz seiner engen thematischen Bindung an das tagespolitische Geschehen in Italien auch hierzulande als interessantes und mitreißendes Drama wahrzunehmen ist, liegt daran, dass Moretti (Das Zimmer meines Sohnes) eine feinnervige Tonart auf dem schmalen Grat zwischen alltäglicher Komödie und Tragödie getroffen hat. Im Zentrum steht der verzweifelte Bruno, der allmählich die Kontrolle über sein Leben verliert und dennoch wild gegen alle Widerstände ankämpft: Als er etwa einen Auffahrunfall verursacht, streitet er sich mit dem Unfallpartner nicht über den Blechschaden, sondern übers Politkino. Anders als in der Realität verurteilt das Filmdrehbuch den Politiker zu sieben Jahren Gefängnis, eine Majestätsbeleidigung, die der Angeklagte kaltlächelnd mit einem Aufruf zur Gewalt gegen die Justiz kontert. Als er in der gepanzerten Limousine davonfährt, brennen bereits die ersten Gerichtsgebäude ...
Do, 5.7. - Mi, 11.7.
Inland Empire
David Lynch. USA, Polen, Frankreich 2006. 179 Min. dt. Fassung. Mit Laura Dern
„Das Kino kann die Zuschauer in eine Welt jenseits des Intellekts entführen, in der sie sich ganz und gar ihren eigenen Intuitionen anvertrauen müssen. Es geht nicht darum, etwas zu verstehen, sondern darum, etwas zu erfahren.“ Der dies sagt, hat in den zurückliegenden 30 Jahren nicht einen einzigen Film gedreht, der eine Geschichte erzählte, aus der nicht irgendwo das Unerklärliche hervorbricht, das Verrätselte, das Fremde an sich. Und auch diejenigen Filme von David Lynch, die engeren Kontakt zum Mainstream halten (Blue Velvet etwa, Wild at Heart oder Der Elefantenmensch) bieten immer noch genug Momente, in denen das reine Bild Gewalt über den Inhalt erlangt und die Traumlogik die Empirie zurückdrängt. Vom Einbruch des Irrationalen in die Welt des Verstandes erzählen sie alle. – An der Oberfläche erzählt INLAND EMPIRE die Geschichte der Schauspielerin Nikki, die das Angebot annimmt, in dem Remake eines unvollendet gebliebenen polnischen Ehebruchdramas mitzuspielen. Wie ihr Filmpartner Devon erhofft sie sich vor allem, dass ihre ins Stocken geratene Karriere durch diesen Film wieder neuen Antrieb erhält. Doch auf dem Projekt liegt ein Fluch: Die Hauptdarsteller des polnischen Originals wurden damals beide ermordet, und nach kurzer Zeit verschwindet Nikki in den Kulissen des Sets. Von nun an verunklären sich die Handlungsstränge, Traum, Realität und filmische Welt verflechten sich unentwirrbar ineinander... Nach Experimenten für seine Internetseite hat Lynch jetzt mit INLAND EMPIRE seinen ersten Kinofilm auf digitalem Video realisiert – nach Vermarktungsschwierigkeiten seines letzten Films Mulholland Drives sicherlich auch ein von finanziellen Zwängen diktierter Schritt. Auf ästhetischer Ebene aber gewähre ihm das Material solche Möglichkeiten und Freiheiten –„if you can think it, you can make it“ (Lynch) –, dass eine Rückkehr zum Zelluloid für ihn nicht mehr in Frage käme. Für einen Regisseur, der für seine penibel gestalteten Bildräume immer auf detailscharfe Abbildung achtete, mutet die Fotografie in ihrer Körnigkeit und Unschärfe ungewohnt an. Im gleichen Moment spürt man jedoch auch die neuen Qualitäten, die Lynch dem Material abgewinnt: So rückt er seinen exzellenten Darstellern mit extremen Großaufnahmen zu Leibe, lässt einzelne Einstellungen lange stehen, oder radiert den Figuren die Gesichter aus. Insgesamt ist INLAND EMPIRE ein intensiv alptraumhaftes und aufregend kompromissloses Lynch-Konzentrat, eher ein fast dreistündiger Zustand als ein Film.
Do, 12.7. - Mi, 18.7.

Zur Ausstellung „Ozean der Zukunft“

Meteor im Atlantik 1925 - 1927
ca. 60 Min. s/w, stumm
Ein Filmprogramm mit historischen Aufnahmen des ersten Forschungsschiffes Meteor, das während der Deutschen Atlantischen Expedition mit knapp 70.000 Messungen Profile des Meeresbodens erfasste. Das seltene Filmmaterial wird live am Klavier begleitet von dem Stummfilmpianisten Dr. Werner Loll.
Sa, 2.6., 20.00 im IFM Geomar, Düsternbrooker Weg 20
Der Sturm
Wolfgang Petersen. USA 2000. 130 Min. Mit George Clooney, Mark Wahlberg.
In mageren Zeiten sieht sich die Crew des kleinen Fischtrawlers Andrea Gail gezwungen, weit auf den Atlantik hinauszufahren. Um dann bei der Rückkehr den Fang nicht verderben zu lassen, riskieren die Männer, ein Sturmgebiet zu durchlaufen – zu spät erkennen sie, dass dieser Hurrikan zu mächtig ist... Wolfgang Petersen gelingt die schwierige Balance zwischen dem intensiven Figurendrama an Bord des Schiffes und dem gewaltigen Kräftespiel der Naturgewalten. Eine Studie über den Mut der Verzweifelten.
Di, 5.6. - Mi, 6.6.
Die lange Nacht mit Mare-TV
Mare-TV, eine Kooperation von NDR und der Zeitschrift Mare, ist das Magazin mit Beiträgen rund um die faszinierende Welt des Meeres und der Küsten. Das KoKi zeigt mit freundlicher Unterstützung des NDR eine Zusammenstellung mehrerer Folgen in bester Bildqualität auf Leinwandgröße – mit dabei Beiträge über die wilden Küsten Neufundlands, über die Baltischen Staaten, die besondere Faszination von Kanälen auf allen Erdteilen und – natürlich – die monströsen Königskrabben vor Norwegen. Moderation: NDR- Redakteurin Barbara Denz.
Sa, 9.6., 20.30
Aliens of the Deep
James Cameron, Steven Quale. USA 2005.
Mit Unterstützung der NASA realisierte James Cameron diese Tiefsee-Doku über das Leben auf dem mittelatlantischen Rücken. Er kehrt damit in jene Unterwasser-Regionen zurück, zu denen er schon für seine Expeditionsfilme über die Bismarck und die Titanic vorgedrungen war.
So, 10.6. - Mi, 13.6.
Deep Blue
Alastair Fothergill u.a. GB 2003. Musik: George Fenton. 90 Min.
Die Kinofassung der 8-teiligen BBC-Serie „Unser blauer Planet“. Die Spezial-Kamerateams der BBC Natural History Unit drehten an 200 Schauplätzen in aller Welt zwischen Normal Null und -5.000 Meter und schufen so ein beeindruckendes Porträt des Ökosystems Meer. Nebenbei entdeckten sie zwei bislang unbekannte Spezies.
Do, 14.6., 20.30
Im Rausch der Tiefe
Luc Besson. F 1987. 120 Min. Mit Jean Marc Barr, Jean Reno
Zwei Taucher, ein Italiener und ein Franzose, die sich als Kinder kennen gelernt hatten, werden als Erwachsene Rivalen im Kampf um den Rekord im Tieftauchen. Luc Besson schuf diesen betörend-rauschhaften Film in Anlehnung an die Lebenserinnerungen der Tauchrekordler Jacques Mayol und Enzo Maiorca.
Mo, 25.6. - Mi, 27.6.
20.000 Meilen unter dem Meer
Stuart Paton. USA 1916. Mit Lois Alexander, Curtis Benton, Jane Gail
Ca. 20-mal ist Jules Vernes Abenteuerroman im Laufe der Filmgeschichte verfilmt worden, die bekannteste Version ist sicherlich die Disney-Adaption mit Kirk Douglas und Omar Sharif von 1954. Zu den frühesten Verfilmungen zählt hingegen diese US-amerikanische aus dem Jahre 1916, die durch ihren naiven Charme, die liebevolle Dekoration und das zeittypische Spiel der Darsteller besticht. Ein großer Spaß in Sachen Tiefsee-Kino, und ein besonderes Erlebnis durch die Begleitung am Klavier durch den Stummfilmpianisten Dr. Werner Loll.
Fr, 29.6., 20.00 im IFM Geomar, Düsterbrooker Weg 20
The Abyss – Special Edition
James Cameron. USA 1989. 164 Min. Mit Ed Harris, Mary Elizabeth Mastrantonio.
Als ein amerikanisches Atom-U-Boot von einem unbekannten Objekt zum Sinken gebracht wird, wird Vergil Brigman mit seiner Mannschaft dazu verpflichtet, mit seiner Unterwasser-Bohrplattform die Rettungsmaßnahmen der Marines zu unterstützen. Und was noch schlimmer ist: Seine Ex-Frau Linsey kommt ebenfalls zurück an Bord... Auf dem Grund eines gefluteten stillgelegten Atomreaktors realisierte James Cameron diesen beklemmenden Unterwasser-Thriller mit Science-Fiction-Elementen. Ein wuchtiges Kinospektakel aus jenen Jahren, als man Computertricks nur für ein paar seltene Einstellungen benutzte – der Rest ist echt!
So, 1.7.
Historische Filme: Hafen und Schifffahrt in Kiel
Der Aufbruch in die maritime Zukunft fiel zeitlich zusammen mit dem Aufkommen des Kinos, und die aufstrebende Hafenstadt Kiel und ihre rasant expandierenden Werften boten reiches Betätigungsfeld für die Kieler Nordmark-Film bei Stapelläufen, technischen Neuentwicklungen und „hohem Besuch“. Mit Unterstützung des Kieler Stadtmuseums und des Landesarchivs Schleswig-Holstein zeigen wir Filme aus den frühen Jahren des letzten Jahrhunderts.
So, 8.7.

Kiel in Sicht! Unsere Stadt im Film

Krieg und Kriegsende in Kiel
Mit teilweise unveröffentlichtem Archivmaterial und persönlichen Rückblicken von Kielern und britischen Zeitzeugen liefern die Filme „5 Tage im Mai – Wie der 2. Weltkrieg in Kiel zu Ende ging“ (Kiel 2007, 44 Min.) und „Kiel im Bombenkrieg“ (Kiel 2005, 49 Min.) von Kai Gerdes einen ebenso eindrucksvollen wie anschaulichen Rückblick.
So, 3.6., 18.30

Mit Filmgruppe Chaos Kiel

Mao Dao Dada
Alle Welt blickt auf China. Den Tigerstaat. Das Wirtschaftswunderland. China boomt nicht nur wirtschaftlich. Die Kunstszene mischt unlängst auf dem Weltmarkt mit. Doch im Independentfilm wird neu angefangen. Es gab keinen Amateurfilm und keine Undergroundfilmszene. Der Unabhängige Junge Film konnte sich erst mit der allgemeinen Verbreitung von digitalen Kameras und Schnittprogrammen entwickeln – oder besser: Er ließ sich nicht mehr aufhalten. Oftmals mit Low-tech-Mitteln erobert man sich nun das bewegte Bild. Die Kieler Filmgruppe Chaos wurde von Undergroundkünstlern nach China eingeladen, um dort deutsche Trash- und Undergroundfilme zu zeigen. Sie kam zurück mit einem Programm der aktuellen jungen unabhängigen chinesischen Filmszene, um sie nun hierzulande zu präsentieren. Karsten Weber wird im KoKi die Kurzfilme mit Anekdoten aus dem Land der Produktpiraterie präsentieren. Seid gewarnt, die so höflichen Asiaten wollen den Filmmarkt übernehmen!
Di, 5.6., 20.45

Psychoanalyse und Film – mit John-Rittmeister-Institut

Die Frau auf der Brücke
Patrice Leconte. F 1999. 95 Min. Mit Daniel Auteuil, Vanessa Paradis
Weil sie meint, sie habe nichts mehr zu verlieren, arbeitet Adèle als lebendige Zielscheibe für einen Messerwerfer. Leconte erzählt in wunderbaren schwarz-weißen Cinemascopebildern sein furioses Spiel um Risiko und Lebenslust, Erotik und Liebe. Anschließend Gespräch mit Dipl.Psych. Gisela Bergmann-Mausfeld.
Mo, 2.7.

Kino in der St. Nikolai-Kirche am Alten Markt

Der verlorene Engel
Ralf Kirsten. DDR 1965-1970. 59 Min. Mit Fred Jürgen, Erika Pelikowsky, Agnes Kraus. Nach der Novelle „Das schlimme Jahr“ von Franz Fühmann
Zur Ausstellung im Kieler Kloster über Ernst Barlach zeigen KoKi, Offene Kirche St. Nikolai und Kieler Kloster diesen Spielfilm über einen Tag im Leben des Künstlers, den 24.8.1937. Die Nazis haben in der Nacht zuvor seinen „Schwebenden Engel“ aus dem Dom zu Güstrow gestohlen, der Endpunkt eines Konflikts, in dessen Verlauf er bereits zum Austritt aus der Akademie der Künste gedrängt und seine Denkmäler für die Opfer des Ersten Weltkriegs vernichtet worden waren. Erschüttert versucht der verfemte Künstler, sich über sein Werk und seine Zeit klar zu werden. Die Momentaufnahme aus dem Leben des Künstlers reflektiert gleichnishaft das Verhältnis von Kunst und Macht. Erst 1971 durfte der Film in einer verstümmelten Fassung in den Kinos der DDR laufen.
Fr, 15.6., 20.30
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