Der Newsletter zum Thema Medien in Schleswig-Holstein
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Filmkultur Schleswig-Holstein e.V.



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Letztes Update:
15. Juli 2023 - 13:56

Highlights im KoKi Kiel

Das Kieler KoKi zeigt im Januar u.a.:

Design Makes Film – mit Muthesius-Kunsthochschule

39,90
Jan Kounen. F 2007. Buch: Jan Kounen, Nicolas Bruno, nach dem gleichnamigen Roman von Frédéric Beigbeder. 104 Min. dt. Fs. Mit Jean Dujardin, Jocelyn Quivrin
Die Romanvorlage von Fréderic Beigbeder war 2001 ein zynischer, aber selten polemischer Exkurs in die Welt der Werbung, der auf ganz hervorragend subjektive Weise vor Augen führte, wie manipulierbar das menschliche Gehirn ist. Erzählt wird die Geschichte des zur Räson kommenden Werbers Octave Parango (genau genommen erzählt er sie selbst, während er vom Dach eines Hochhauses stürzt), 32 Jahre alt und der Branchendroge Kokain zu keiner Tag- und Nachtzeit abgeneigt. Er arbeitet als erfolgreicher Texter in einer der besten Agenturen von Paris, trägt Designerklamotten, schwimmt in Geld, sieht gut aus und wird von allen Kollegen geliebt. Kurzum: Er führt ein glückliches Leben auf der Überholspur. Erst als er seine große Liebe Sophie kennen lernt und viel zu schnell wieder verliert, gerät er ins Wanken. Zum ersten Mal gewinnt Octave ein wenig Abstand zu seiner Arbeit, bis er erkennt, mit welch banalen und manipulierbaren Mitteln er die Jahre über gearbeitet hat, um immer wieder neue Sehnsüchte und Lüste bei den Kunden der Werbewelt zu wecken. Als er ein Konzept für einen Joghurt-TV-Spot entwickeln soll, entschließt er sich, die subtilen Brainwash-Methoden zu entlarven und offen zu legen.
Mo, 12.1., 20.30

Monumente der Klassik

Mozart: Sinfonie Nr. 41 C-Dur „Jupiter”
Ellen Fellmann. D 2006. ca. 60 Min. Deutsches Symphonie-Orchester, Ltg. von Kent Nagano
Die Arbeit an der C-Dur-Sinfonie Nr. 41 fällt in das letzte Schaffensjahrzehnt des großen Komponisten, das mit Mozarts Kündigung aus den Diensten des Salzburger Bischofs 1781 einsetzt und etwa mit der Oper Entführung aus dem Serail (1781) und dem Singspiel die Zauberflöte 1791 seinen musikalischen Rahmen findet. Im Jahr 1788 entstehen zeitlich dicht beieinander die drei großen Sinfonien Es-Dur (Nr. 39), g-Moll (Nr. 40) und C-Dur (Nr. 41) – letztere mit ihrem kühnen Kopfsatz und dem gewaltigen Fugato im Schlusssatz die vielleicht strahlendste Sinfonie des Komponisten. – Die Aufnahme, die wir zeigen, entstammt der Reihe Monumente der Klassik, die 2006 von der Deutschen Welle initiiert wurde; vor der Filmaufnahme mit Kent Nagano und dem Deutschen Symphonie-Orchester zeigen wir eine Dokumentation zum Projekt.
So, 25.1., 16.00

Psychoanalyse und Film

Charlie Bartlett
John Poll. USA 2007. 97 Min. Anton Yelchin, Robert Downey Jr., Hope Davis, Kat Dennings
Charlie Bartlett ist Sohn aus reichem, dysfunktionalem Hause: Intelligent, neurotisch und mit einem unersättlichen Hunger nach Anerkennung ausgestattet, den weder die hysterische Mutter noch der wegen Steuerhinterziehung inhaftierte Vater stillen können. Nachdem er einmal zu oft von einer Privatschule verwiesen wurde, muss Charlie sich nun auf einer öffentlichen Schule behaupten. Dort etabliert er sich als Psychiater und Psychopharmake-Dealer seiner Mitschüler. Charlie erweist sich jedoch als psychisch ebenso instabil wie der Direktor der Schule (Robert Downey Jr.), der den jungen Mann schließlich konfrontiert: Die Komödie schlägt ins Dramatische um.
Mo, 26.1., 20.30

KoKi Underground im Roten Salon

Otto, Or, Up With Dead People
Bruce LaBruce D/Kanada 2008. 94 Min. OmU. Mit Jey Crisfar, Katharina Klewinghaus, Susanne Sachsse, Christophe Chemin
Ein junger Zombie namens Otto taucht an einer abgelegenen Landstraße auf. Er hat nicht die geringste Ahnung, woher er kommt und wohin er will. Nachdem er als Anhalter nach Berlin gelangt ist und ein Unterkommen in einem stillgelegten Vergnügungspark gefunden hat, erkundet er die Stadt. Schon nach kurzer Zeit wird die Underground-Regisseurin Medea Yarn auf ihn aufmerksam. Sie ist bemüht, „Up With Dead People” fertig zu stellen – einen episch angelegten Polit-Porno-Zombie-Streifen, an dem sie schon seit Jahren werkelt. Dann beginnt Otto, sich an Einzelheiten aus der Zeit vor seinem Tod zu erinnern – zum Beispiel an seinen Ex-Freund Rudolf. Er arrangiert ein Treffen mit ihm auf jenem Schulhof, auf dem sich die beiden zum ersten Mal begegneten. Mit verheerenden Folgen ... Regisseur Bruce LaBruce besuchte die Filmschule in Toronto und hat Filmtheorie an der New York University studiert. Zu seinen künstlerischen Anfängen gehören Arbeiten für schwule Punk-Fanmagazine und das Produzieren von Super 8-Filmen. Er veröffentlicht Fotografien in verschiedenen Independent-Magazinen. 1996 gelingt ihm mit dem Film Hustler White ein internationaler Achtungserfolg. Von LaBruce stammen weiterhin eine ganze Reihe kontroverser Filme, in denen er künstlerische Techniken und Themen des Independentfilms mit schwuler Pornografie mischt. That’s KoKi Underground, folks!
Di, 13.1., 21.00

Kurdische Filmtage – mit ZBBS e.V.

Half Moon / Nîvê Heyvê
Bahman Ghobadi. Iran/A/F/Irak 2006. OmU. Mit Ismael Ghaffari, Allah-Morad Rashtian, Hedieh Tehrani
Trotz Krankheit plant der alternde Starmusiker Mamo zusammen mit seinen zehn Söhnen ein großes Konzert im Irak. Dieser symbolische „Schrei der Freiheit” findet anlässlich des Sturzes von Saddam Hussein statt. Die Unterdrückung kurdischer Musik im Irak hat endlich ein Ende. Für die Musik ist die Stimme einer Frau unentbehrlich, was im Iran verboten ist. So muss die Gruppe mit der ehemals gefeierten Sängerin Hesho im alten Schulbus illegal einreisen ... Die wunderbar fotografierte Tragikomödie über eine Reise voller Hindernisse ist eine „poetisch verbrämte Reflexion über das Dasein als Künstler im Iran der Gegenwart, ein trickreiches Spiel, das von seinen eindrucksvollen, fremdartig-faszinierenden Bildern bestimmt wird, und dem westlichen Zuschauer viel Ungesehenes zeigt. Im Iran wurde Half Moon kurz nach seiner Uraufführung verboten.” (artechock.de)
Do, 15.1. + Sa, 17.1., 20.30

Verloren im Irak / Windi kirin di nava Îraqê de
Bahman Ghobadi. Iran 2002. 97 Min. OmU. Mit Shahab Ebrahimi, Iran Ghobadi, Faegh Mohamadi, Allah-Morad Rashtian
Eine Gruppe iranisch-kurdischer Musiker begibt sich auf die Suche nach ihrer berühmten, fast mystisch verehrten Sängerin Hanareh. Ihre abenteuerliche Reise mit einem klapprigen Motorrad führt sie in den Norden des Irak, in das von Saddam Hussein bombardierte Gebiet Kurdistans. Gerade die erste Filmhälfte feiert die Fähigkeit der kurdischen Bevölkerung, den beschwerlichen Alltag mit Findigkeit und Humor zu bewältigen. Auch wenn im weiteren Verlauf die Ausrottungsmaschinerie Husseins sichtbar wird, das allegenwärtige Dröhnen der Kampfflugzeuge, die zerstörten Dörfer, die durch Chemiewaffen entstellten Menschen, entläßt Ghobadi Zuschauer und Protagonisten nicht ganz ohne Hoffnung ...
Mo, 19.1., 20.30; Di, 20.1., 18.30

38 / Dokumentêra 38
Cayan Demirel. 67 Min. Türkei 2006. OmU Türkisch und Kurdisch (Zazaki) mit dt. UT
1938 war das Jahr des Massakers im nordkurdischen Dersim. Diejenigen, die es überlebt haben, zogen vor zu schweigen. Die tief verwurzelte Angst vor erneuten Repressalien trägt dazu bei, dass das erlebte Trauma kollektiv aufrecht erhalten und wie ein sorgfältig gehütetes Geheimnis im Verborgenen bleibt. Der aus Dersim stammende junge kurdische Regisseur Cayan Demirel möchte dieses Traume tranparent machen und zu einer geschichtlichen Berichtigung und Aufarbeitung beitragen.
Mi, 21.1., 18.30

Dol – Tal der Trommeln / Nevala Dehollan
Hiner Saleem. Irak/F/D 2007. OmU. Mit Nazmi Kirik, Belcim Bilgin, Omer Ciaw Sin
Azad lebt in Balliova, einem kleinen Dorf an der Grenze zum Iran und Irak. Nach einem Konflikt mit dort stationierten türkischen Soldaten ausgerechnet am Tag seiner Hochzeit flieht Azad in die autonome Region Kurdistan im Irak. Hier kreuzt sich sein Weg mit anderen Schicksalen aus verschiedenen Regionen des geteilten Kurdistans und führt ihn schließlich in ein Guerillacamp in den Bergen. Beim Versuch, seine Frau zu sich zu holen, geraten die beiden in einen Hinterhalt ... „Ein Epos, dessen immanentes Pathos mit minimalistischer Lyrik und groteskem Humor gebrochen wird, das gleichwohl von einem eindeutigen politischen Mitteilungswillen geprägt ist. Die Landschaften und Menschen, die sich durch das Bild bewegen, eröffnen das bildgewaltige metaphorische Panorama eines Staates, der keiner ist.” (film-dienst)
Do, 22.1., 20.30; Fr, 23.1., 18.30

Reis und Kichererbsen / Nohutlu Pilav
Özkan Küçük. 45 Min. Nordkurdistan 2005. OmU
Dokumentarportrait über Fahriye und ihre Söhne Arjen und Rojen. Sie und Tah in heirateten früh und ohne Erlaubnis der Familie. In Istanbul leben sie vom Verkauf von Reis und Kichererbsen. Vor der Geburt ihres zweiten Sohnes verlässt Tah in seine Frau und Familie um sich der kurdischen Guerilla anzuschließen. Nun sind die Jahre vergangen und Fahriye erzählt die Geschichte aus ihrem Blickwinkel, aber gleichzeitig ist es auch die Geschichte von Tah in. Vorfilm: „Tätowierungen“ über eine kurdische Kulturtradition.
So, 25.1., 18.30

Hejar – Großer Mann, kleine Liebe / Zilamê mezin evîna Biçûk
Handan Ipekçi. TR/GR/HU 2001. 120 Min. OmU. Mit Sükran Güngör, Dilan Erçetin
Hejar, ein kleines kurdisches Mädchen, hat seine Eltern bei einer Polizeioperation in der Osttürkei verloren. Sie kommt nach Istanbul, wo sie ein zweites Mal vor der Polizei flieht und Zuflucht ausgerechnet bei dem pensionierten Richter Rifat Bêy findet. Die behutsame Annäherung zwischen dem konservativ-patriotischen Türken und dem Mädchen ist vor dem politischen Hintergrund des Landes eine ergreifende Metapher für eine Utopie der Verständigung zwischen den beiden in den Protagonisten gespiegelten ethnischen Gruppen.
Di, 27.1., 20.30; Mi, 28.1., 18.30

Folge der Feder! / Per Bi opîn
Nuray Sahin. D 2004. 80 Min. Mit Pegah Ferydoni, Nezâ Selbuz, Kirsten Block, Stefan Jürgens
Hêlin, eine Kurdin aus Ostanatolien, soll in Deutschland verheiratet werden – mit einem Mann, den sie nicht kennt. Mit der Flucht der 21-jährigen vor den Heiratsriten beginnt eine Suche nach der Vergangenheit der eigenen Familie. Und die deutsche Realität verwandelt sich für die junge Frau manchmal in eine Traumwelt, in der sie zwischen Tradition und Lebenshunger ihren Platz finden muss ...
Fr, 30.1., 18.30

Neu in Kiel

Bonjour Sagan
Diane Kurys. F 2008. 117 Min. Mit Sylvie Testud, Pierre Palmade, Lionel Abelanski, Jeanne Balibar
Künstlerbiografie des literarischen Wunderkinds und ersten Popstars Frankreichs, Francoise Sagan. Mit dem weltweiten Sensationserfolg ihres mit 18 Jahren geschriebenen Erstlingsromans „Bonjour Tristesse” bringt die Sagan dem Nachkriegsfrankreich den Glamour zurück. Sie lädt die Pariser Szene in das damals noch verschlafene St. Tropez ein und zelebriert einen provokanten Lebensstil der Unabhängigkeit und rücksichtslosen Verschwendung, der die prominente Autorin gleichzeitig zu einer Leitfigur der Frauenbewegung und einem Liebling der High Society macht. Der Film überzeugt insbesondere durch seine Besetzung: Allen voran beeindruckt Sylvie Testud, die dem deutschen Publikum vor allem aus Jenseits der Stille und La vie en rose bekannt sein dürfte, in der Titelrolle der französischen Starautorin, deren Drogenabhängigkeit und zunehmende Vereinsamung den zweiten Teil des ins Dramatische kippenden Films dominieren. Ein beeindruckendes Porträt einer exzeptionellen Frau.
Do, 1.1. - Mi, 21.1.

Reise zum Horizont
Thomas Latzel. D 2008. 106 Min.
Ein Film über zwei starke Frauen, das Lehren und das Lernen. Dörte ist mit 69 Jahren und nach einem nicht gerade ereignisarmen Leben noch einmal ausdrücklich unter die Lernenden gegangen. Die halb so alte Ewa Wisnierska ist ihre Lehrerin. Sie gehört zur Elite der Gleitschirmflieger, und Dörte will noch einmal das Fliegen lernen. Der Dokumentarfilm begleitet die beiden charakterstarken Protagonistinnen, die sich trotz der klar verteilten Rollen bezüglich des Gleitschirmfliegens in den Rollen der Schülerin und der Lehrerin abzuwechseln scheinen. Beide eint der Wunsch, im Flug auszubrechen und die Grenzen der Welt und des Selbst zu überwinden. Die Figuren bewegen sich dabei nicht an der Grenze des Menschen Möglichen, sie bewegen sich an den Grenzen des persönlich Möglichen, und der Film stellt letztlich Fragen nach dem Maßstab von Leistung. Gleichzeitig bietet Reise zum Horizont faszinierende Bilder der Gleitschirmflieger und der wunderschönen Landschaften unter ihnen. Die Reise der zwei ungleichen Sportlerinnen führt nach Australien und Mexiko, auf tropische Inseln und in die französischen Alpen. Fliegen Sie mit!
Do, 1.1. - Do, 29.1.

La Bohème
Robert Dornhelm. D/Ö 2008. Buch: Robert Dornhelm, nach dem Libretto von Giuseppe Giacosa und Luigi Illica. Musik: Giacomo Puccini, Bayerisches Symphonieorchester, Ltg. Bertrand de Billy. 115 Min. Mit Anna Netrebko, Rolando Villazon, Nicole Cabell, Vitalij Kowaljow, Tiziano Bracci
Die älteste (bekannte) Verfilmung von Puccinis 1896 uraufgeführter Oper stammt aus dem Jahre 1912 – eine stumme Kurzfassung aus den französischen Pathé-Studios. Seitdem ließ das Interesse an filmischen Adaptionen des Stoffes nicht nach, mittlerweile sind mindestens 18 weitere Verfilmungen für Kino und Fernsehen entstanden. Vorläufiger Schlusspunkt dieser Reihe ist die aktuelle Verfilmung mit zwei der berühmtesten Opernstars der Gegenwart: Anna Netrebko und Rolando Villazon. Robert Dornhelm, der jüngst große paneuropäische TV-Mehrteiler wie Krieg und Frieden verantwortete, legt hier eine schwelgerische, vollkommen werkorientierte Inszenierung vor, die sich sehr stark um einen bühnenhaften, theatralischen Charakter bemüht. Die musikalisch-interpretative Ebene des Films bewegt sich auf höchstem Niveau – nicht zuletzt, weil ihr eine konzertante Aufnahme zugrunde liegt. Das führt dazu, dass die Sänger/Schauspieler im Film von sich selbst synchronisiert werden; was hier möglicherweise an Nähe zwischen Spiel und Klang verloren geht, wird jedoch durch visuelle Opulenz wieder wett gemacht.
Do, 8.1. - Mi, 14.1.

Die Bargener Fähre
Hilke Elisabeth Saggau. D 2008. 86 Min. Kamera: Hilke Elisabeth Saggau, Schnitt: Imke Scholvin-Watts, Drehbuch: Mins Minssen.
Nachdem die Verbindung 1961 eingestellt wurde, nimmt die traditionsreiche Bargener Fähre ihren Betrieb zwischen den Gemeinden Erfde und Delve im Jahr 2001 wieder auf. Die Kieler Filmemacherin Elisabeth Saggau dokumentiert in ihrem Film nicht nur den Fährbetrieb des 1705 das erste Mal urkundlich erwähnten Transportmittels, ihr Blick gilt besonders den Menschen, die an und um die Fähre arbeiten, sich für ihre Tradition interessieren, Hoffnungen und Erinnerungen mit ihr verbinden. Unterbrochen werden die Interviewpassagen immer wieder von pointiert montierten Bildern des entschleunigten Alltags, der die Fähre umgibt, für den sie gar als Symbol erscheinen mag.
Fr, 16.1., 20.30 (Premiere), So, 18.1., 16.00

The Boss of it all
Lars von Trier. DK/S 2006. 99 Min. Mit Jens Albinus, Peter Gantzler, Benedikt Erlingsson, Iben Hjejle, Henrick Prick, Mia Lyhne
Ravn, der Eigentümer einer dänischen IT-Firma, gibt gegenüber seinen Angestellten die Existenz eines in Wirklichkeit von ihm erfundenen Chefs vor, den er für alle unpopulären Entscheidungen verantwortlich machen kann. Als die Firma an den isländischen Investor Finnur – dargestellt vom bekannten isländischen Regisseur Fridrik Thór Fridriksson – verkauft werden soll, besteht dieser darauf, „The Boss of It All” auch persönlich zu treffen. Also wird der Schauspieler Kristoffer (Jens Albinus, bekannt aus der auch in Deutschland ausgestrahlten Krimiserie Der Adler) engagiert, der in der Rolle des ungeliebten Firmenchefs den Angestellten die Kündigungswelle ankündigen soll ... Ein „ ironisches und bissiges Statement zur anhaltenden Rationalisierungswelle in der Jobwelt. Gleichzeitig ist The Boss Of It All aber vor allem die sarkastische Bestandsaufnahme firmeninterner Psychologie unter Kollegen. Bevor Lars von Trier mit seinem Horrorthriller „Antichrist” als nächstes wieder formidabel in die Magengrube seines Publikums hauen wird, wirkt dieser Ausflug ins Comedy-Genre wie ein beschaulicher und wunderbar peinlicher Betriebsbesuch.” (programmkino.de) – Wenn das enfant terrible des dänischen Kinos eine Bürokomödie dreht, kann man auch 13 Jahre nach Dogma auf Überraschungen gefasst sein: Um den menschlichen Einfluss zu begrenzen, nutzt er die selbsterfundene Automavision, ein Verfahren, bei dem Computer zufallsgesteuert Kamerapositionen und -einstellungen verändern, was zu unerwarteten und befremdlichen Effekten führt und nicht zuletzt den als Kontrollfreak berüchtigten Regisseur vor neue Herausforderungen stellt.
Do, 22.1. - Mo, 26.1.

Gomorrha
Matteo Garrone. I 2008. 135 Min. dt. Fs. Mit Toni Servillo, Gianfelice Imparto, Maria Nazionale, Salvatore Cantalupo, Salvatore Abruzzese
Seit sein Enthüllungsbuch erschienen, ist lebt Roberto Saviano im Untergrund, ständig bewacht von der Polizei. Seine Mitarbeit am Drehbuch dieses Films garantiert ein Maß an Authentizität, dass nur wenige Filme über die Mafia erreichen. Selbst Filme, die vorgeben Mafia und Gangstertum in all ihrer Verwerflichkeit zu schildern, schaffen es oft nicht, sich dem Sog des Verbrechens zu entziehen. Männer mit Gewehren, die sich einfach nehmen, was sie wollen, sich über das Gesetz erheben, sind nicht von ungefähr seit den Anfangstagen des Kinos eines der beliebtesten Sujets. Von solchen Stereotypen kann hier nicht die Rede sein. Garrone bemüht sich, die verschachtelte Struktur der Camorra in der narrativen Form des Films zu spiegeln, was zu einer komplexen Erzählung führt, die den Zuschauer auf großer Distanz hält. Fünf Hauptstränge erzählt Gomorrha an verschiedenen Schauplätzen in und um Neapel mit dem Mittelpunkt einer apokalyptischen Sozialbausiedlung. Hier lebt der kleine Toto, der keine Lust mehr hat, Botengänge für seine Mutter auszuführen und sich lieber den lokalen Gangstern andient. Auch die Halbstarken Marco und Ciro träumen vom Gangsterleben, inspiriert von der Coolness von „Scarface”, den sie zitieren. Sie gerieren sich als Möchtegerngangster, ignorieren die Warnungen eines lokalen Bandenführers und müssen die grausame Konsequenz erleben. Nach und nach entsteht so das Bild einer fast völlig korrupten Gesellschaft, eben das titelgebende Gomorrha. Ein Sündenpfuhl, in dem eine Hand die andere wäscht und ein Menschenleben nicht viel zählt.
Sa, 24.1. - Mi, 28.1.

Jerichow
Christian Petzold. D 2008. 106 Min. Mit Nina Hoss, Benno Fürmann, Hilmi Sözer, André Hennicke, Claudia Geisler, Marie Gruber, Knut Berger
Kruez und quer über Mecklenburg-Vorpommern verstreut liegen die 45 Imbissbuden des geschäftstüchtigen Türken Ali. Von dem Dorf Jerichow aus macht er sich täglich auf die Rundtour, um Waren auszuliefern und – wichtiger noch – die raffinierten Betrügereien der Budenpächter aufzudecken. Durch einen Zufall begegnet er Thomas, einem unehrenhaft entlassenen Soldaten, und bietet ihm den Job des Fahrers für die Tour an. Thomas fühlt sich sogleich zu Alis Frau Laura hingezogen, die offensichtlich nicht freiwillig bei Ali bleibt, sondern durch einen Ehevertrag, der sie von einer gewaltigen Schuldenlast befreit, an ihn gebunden ist. Als Ali zu einer Reise in die Heimat aufbrechen muss, suchen Thomas und Laura nach einem Ausweg aus der Zwangslage ... Jerichow spielt mit diversen Genremotiven, die aber nie mustergültig ausgeführt, sondern stets unterlaufen werden. Bisweilen hat es den Anschein, als würde sich ein Melodram entwickeln, dann wieder deutet sich eine Entwicklung wie im Film Noir an. Wie schon in seinen vorangehenden Dramen Wolfsburg, Gespenster und Yella ist Petzolds neuer Film abermals eine Bestandsaufnahme an Mentalitäten der Gegenwart. Hier sind es sind unterschiedliche Phänotypen eines kapitalistischen Systems, die vorgeführt werden: drei Menschen, die auf die ihnen eigene Art versuchen, zum wie auch immer definierten Erfolg zu gelangen und dieses Streben mit sehr unterschiedlichen Konsequenzen bezahlen.
Do, 29.1. - Sa, 31.1., 20.30

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