Der Newsletter zum Thema Medien in Schleswig-Holstein
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Filmkultur Schleswig-Holstein e.V.



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Letztes Update:
15. Juli 2023 - 13:56

Highlights im KoKi Kiel

Das Kieler KoKi zeigt im Mai u.a.:

Neu in Kiel


El Sistema
Paul Smaczny und Maria Stodtmeier. D 2009. 102 Min.
Vor mehr als dreißig Jahren begann der Ökonom, Politiker und Musiker José Antonio Abreu in Venezuela das „Sistema“ – ein Netzwerk von Kinder- und Jugendorchestern und Musikzentren zu erreichten, in dem heute über 300.000 Kinder und Jugendliche ein Instrument erlernen. Was wie ein Märchen klingt, ist die außergewöhnliche Geschichte einer Vision, die Realität wurde. Mit wegweisenden Ideen versucht Abreu einen Ausweg aus dem Kreislauf der Armut in den „barrios“ von Caracas zu bieten. In ihrer packenden Dokumentation zeigen Paul Smaczny und Maria Stodtmeier, wie die Kraft der Musik langsam ein lateinamerikanisches Land verändert. – Begonnen hatte alles am 12. Februar 1975. Damals gründete Abreu mit 12 Kinder aus sozialen Brennpunkten in Caracas das erste nationale Jugendorchester von Venezuela und legte damit den Grundstein für ein schier unglaubliches Sozialprojekt. In so genannten „Nucléos“ musizieren die Kinder und Jugendlichen nach ihrem regulären Schultag an sechs Tagen in der Woche und lernen ganz nebenbei soziale Kompetenzen. Die Kinder selbst sprechen voller Stolz und Selbstbewusstsein von ihrem Instrument, von erlernter Disziplin, neuen Freundschaften und ihren Zukunftsplänen. Der phänomenale Erfolg von Gustavo Dudamel dient ihnen als Vorbild. Der Dirigent, selbst im „Sistema“ groß geworden, feiert heute unter anderem als Chefdirigent des Simon Bolivar Jugendorchesters weltweit Erfolge.
Do, 30.4. - Mi, 6.5.

C’est la vie
Remi Bezancon. F 2008. 114 Min. Mit Jacques Gamblin, Zabou Breitman, Déborah François, Marc-André Grondin, Pio Marmaï
In fünf Episoden, in denen jeweils eine andere Figur im Mittelpunkt steht, erzählt der Film von entscheidenden Wendepunkten im Leben einer Pariser Familie. Der Zuschauer wird Zeuge von zwölf Jahren voller Aus- und Einzüge, bizarrer Konkurrenzkämpfe, friedlichem Glück und traurigen Abschieden. Geschickt vernetzt der junge Regisseur Bezancon in diesem hervorragend gespielten Ensemblefilm die Handlungssträge und Perspektiven zum eindrucksvollen Porträt einer Familie in all ihrer Widersprüchlickeit. Eine Reise voller Höhen und Tiefen, ohne falsche Sentimentalität aber stets anrührend inszeniert. „Einer der besten Filme des Jahres!“ (Le Parisien)
Do, 30.4. - Mi, 6.5.

Egoiste – Lotti Latrous
Stephan Anspichler. D/Schweiz 2007. 92 Min. Mit Lotti Latrous
Seinem gutbürgerlichen Dasein den Rücken zu kehren, um sich mit aller Kraft den Ärmsten der Armen zu widmen, dazu gehört schon eine ganze Menge Mut. Die Schweizerin Lotti Latrous hat genau dies getan. Vor etwa zehn Jahren eröffnete die zierliche Mittfünfzigerin im Elendsviertel Adjouffou der Wirtschaftsmetropole Abidjan im west-afrikanischen Staat Elfenbeinküste ein Ambulatorium für HIV-Infizierte. Dabei hatte sie die volle Unterstützung ihres Mannes, eines Nestlé-Managers, der kurz zuvor in das Land versetzt worden war. Als ihr Mann jedoch aus beruflichen Gründen nach Kairo zog, wohin auch die drei gemeinsamen Kinder mitgingen das jüngste gerade neun Jahre alt, blieb Lotti bei den Kranken. Sie gab ein Leben im Luxus mit Hausangestellten und Swimmingpool für ein Leben zwischen Siechtum, Elend und Tod auf. Dennoch sagt Lotti Latrous von sich selbst, sie sei die größte Egoistin der Welt. Dieser Kernaussage widmet sich der erst 27-jährige Regisseur Stephan Anspichler in seinem Porträt „Egoiste – Lotti Latrous“ über die Schweizerin des Jahres 2004. „Ich musste das machen. Es war wie eine Sucht – wie ein Zwang. Es war ein Zwang. Ich kam davon nicht mehr los. Ich bin der größte Egoist der Welt – ganz sicher. Weil ich zuerst an mich gedacht habe, an mich ganz allein, an mein Glück.“ (Lotti Latrous)
Do, 7.5. - Mi, 13.5.

Bedingungslos
Ole Bornedal. DK 2007. 100 Min. Mit Anders W. Berthelsen, Rebecka Hemse, Nikolaj Lie Kaas.
Der Familienvater Jonas besucht eine junge Frau im Krankenhaus, in deren Autounfall er verwickelt war. Dort wird er sowohl von der an Amnesie leidenden Julia als auch von deren Eltern für Julias neuen exzentrischen Freund Sebastian gehalten. Einem spontanen Impuls folgend übernimmt Jonas dessen Rolle und probiert sich im Freiraum dieses neuen Lebens aus. Doch eines Tages klopft jemand an die Tür … Wie der Originaltitel des Films „Kaerlighed paa film“ (etwa: Liebe im Film) erahnen lässt, positioniert sich Bornedals Film ganz offen als Genrefilm der selbstbewussten Sorte. Der clever konstruierte Thriller verweist denn auch auf klassische Film Noir-Motive und steckt voller genuin-filmischer Konstruktionen, ohne jedoch den direkten Spannungsaufbau zu vernachlässigen. Endlich ist dieses kleine Meisterwerk des Regisseurs von Nightwatch und Dina – meine Geschichte auch in deutschen Kinos zu sehen. In Dänemark ist dieser erfolgreichste Film des Jahres 2007 schon heute ein Klassiker des modernen skandinavischen Kinos.
Do, 7.5. - Mi, 13.5.

35 Rum
Claire Denis. F/D 2008. 105 Min. OmU. Mit Alex Descas, Mati Diop, Grégoire Colin, Nicole Dogué, Julieth Mars-Toussaont, Jean Christophe Folly, Ingrid Caven
Eine Geschichte von Vater und Tochter in einem Pariser Vorort. Noch wohnen der aus Guadeloupe stammende Lionel und seine Tochter Joséphine zusammen. Doch die junge Frau muss ausziehen, ihren eigenen Haushalt gründen, auf eigenen Füßen stehen. Dass beider Leben bald vielleicht eigenen Bahnen folgen und Veränderungen bevorstehen, sorgt für Nachdenklichkeit und Angst vor dem Alleinsein. – Lionel und Joséphine leben ein zurückgezogenes, bescheidenes und glückliches Leben in ihrer Community. Sie gehen ab und an mit Freunden aus, zum tanzen, trinken, auf ein Konzert. Zu ihnen zählen Noé, der ständig auf der Flucht scheint und sich zu Joséphine hingezogen fühlt, die Taxifahrerin Gabrielle, die gerne die Frau an der Seite des verwitweten Lionel wäre, und René, dessen pensionierter Kollege, der mit seiner vielen Freizeit nichts anzufangen weiß, sich ausgeschlossen fühlt und das Leben nimmt. (Bei seiner Beerdigung kommt es auch zu jener Szene, die dem Film seinen schnapshaltigen Titel gab.) Einmal begleitet die Kamera Joséphine zur Universität in ein Seminar, in dem es um das Verhältnis zwischen der Ersten und der Dritten Welt geht. Themen, die Claire Denis auch in früheren Filmen schon angesprochen hat. Hier aber gilt das Augenmerk dem Alltag und wie sich die Figuren darin eingerichtet haben. „Alles könnte ewig so weitergehen“, sagt Joséphine einmal zu ihrem Vater. Natürlich tut es das niemals. Und doch spricht genau aus einem Satz wie diesem, worum es Claire Denis geht: um das Akzeptieren von Veränderungen, sei es aufgrund natürlicher Entwicklungen oder unvorhersehbarer Ereignisse. Das wiederholte Bild von Gleissträngen mag dabei symbolisch stehen für das Leben in eingefahrenen Bahnen, aber auch für die Möglichkeit des Vorwärtskommens, des in neue Richtungen Aufbrechens. In solcherart poetischen Bildsprache und den starken Charakterporträts manifestiert sich die Meisterschaft der auf Reduktion setzenden 60-jährigen Regisseurin.
Do, 14.5. - So, 17.5.

Die Widerständigen
Katrin Seybold. D 2008. 92 Min.
Wenn die Geschichte der Weißen Rose fürs Kino aufgearbeitet und aufbereitet wurde, dann dienten neben den bekannten historischen Fakten meist auch die Vernehmungsprotokolle der Gestapo und die Akten des Volksgerichtshofs als maßgebliche Quelle für die Rekapitulation der Ereignisse. Katrin Seybold lässt nun einige jener zu Wort kommen, die direkt oder indirekt 1943 an der Verteilung der von Hans Scholl, Alexander Schmorell und Professor Kurt Huber verfassten Flugblätter gegen den Eroberungs- und Vernichtungskrieg der Nationalsozialisten beteiligt waren, bzw. davon wussten. 120 Stunden an Material hat Katrin Seybold im Laufe ihrer Recherchen gesammelt und zu 92 Minuten verdichtet. In denen wird man förmlich aufgesogen von den Erinnerungen der Zeitzeugen, waren sie nun unmittelbar beteiligt an den Aktionen wie Hans Scholls damalige Freundin Traute Lafrenz-Page, Hans Hirzel und seine Schwester Susanne Zeller-Hirzel, Franz J. Müller (Ehrenvorsitzender der Weiße-Rose-Stiftung) und Heiner Guter oder mittelbar durch verwandtschaftliche Verhältnisse wie etwa Birgit Weiß-Huber, die damals zwölfjährige Tochter von Professor Huber. In der Montage kommt Katrin Seybold mit wenigen historischen, teilweise bislang unveröffentlichten, Fotografien aus. Wichtiger aber als die Archivalien sind die Zeugnisse jener, die ganz offen über ihre Erinnerungen, Gefühle, Ängste und Taten sprechen dürfen und so ein höchst authentisches Bild vom Widerstand der Weißen Rose geben und ein Gefühl für das, was den Geist und das Wesen eines Widerständigen, bis heute zu seinen Ansichten und Taten stehenden Menschen ausmacht. Wenn am Ende die biederen Gesichter der Vollstrecker der Urteile gegen die Mitglieder der Weißen Rose gezeigt werden, von denen nach Ende des Nationalsozialismus einzig der die Flugblattverteilung meldende Hörsaaldiener Jakob Schmid zur Verantwortung gezogen und verurteilt wurde, der Rest unbehelligt Karriere machen konnte, dann wird einmal mehr wieder klar, dass das Andenken an diese Widerständigen und an ihre großen Taten nicht enden darf.
Sa, 16.5. - Mi, 20.5.

Wasser und Seife
Susan Gluth. D 2008. 85 Min. Mit Monika Schückher und Hündchen Bonnie, Tatjana Beth, Gerda Franzen, Günther Utecht
Tatjana, Gerti und Monika arbeiten schwer in einer in die Jahre gekommenen Wäscherei in Hamburg. Um 7.00 Uhr morgens beginnt die Arbeit. Und wer glaubt, man lässt es ruhig angehen, der irrt: Hier wird sortiert, dort der richtige Beutel zum richtigen Auftrag gesucht, überall dampft und brummt es. Oben wird das Dach erneuert. Hinten wummern die großen Wäschetrockner und im Keller werden krachend die alten Wasserleitungen rausgerissen. Ein Ventil verstopft – das Chaos ist perfekt. Der Chef sucht fluchend nach dem Telefon, um die nötigen Handwerker zu erreichen, und Monika beißt schulterzuckend in ihr Käsebrot: „Der Tach hat schon so blöde angefangen heut Morgen …“ Seit 20 Jahren fährt sie mit Bus und Bahn 1,5 Stunden hin und am Abend wieder zurück. Danach ist sie meist so erschöpft, dass ihr abends auf dem Sofa die Stricknadeln aus der Hand fallen. Heute bleiben ihr nach Abzug von Miete, Strom und Wasser 150,- Euro zum Leben… Der Film rückt die unbeachteten Helden der Arbeit liebevoll in den Vordergrund. Wir können nur mit Bewunderung und Verblüffung miterleben, wie diese drei Protagonistinnen – genauso wie viele andere Arbeiter an der Basis unserer Gesellschaft – jeden Tag aufs Neue um ihre Existenz kämpfen. „Wasser und Seife“ erzählt von der Würde der Menschen in Zeiten der Globalisierung und vom Glück, das manchmal gar nicht so leicht zu finden ist. Am Ende bleibt die Hoffnung, es könnte – warum auch nicht? – einmal besser werden.
So, 17.5. - Di, 19.5.

Henners Traum
Klaus Stern. D 2008. 93 Min. Mit Henner Sattler, Roland Koch
„Mein Name ist Henner Sattler“, sagt der Mann mit dem markanten Schnauzbart, der Bürgermeister des 17.000 Einwohner zählenden nordhessischen Städtchens Hofgeismar. Henner hat großes vor: Auf der 800 Hektar großen Domäne des Schlosses Beberbeck, in dem zurzeit noch Demenzkranke gepflegt werden und ein Bauer die Felder bestellt, will er ein Luxus-Resort mit Hotels, Villen, Wohnungen, Golfplätzen, einer Trabrennbahn und einer künstlichen Seenlandschaft erschaffen. Kostenpunkt: rund 420 Millionen Euro. Der Freizeitkomplex am Rande des schönen Reinhardswalds soll Heerscharen von Touristen anziehen (schwerreiche natürlich nur, denn unter 5-Sternen kriegt man hier keine Übernachtung) und 1.000 Arbeitsplätze schaffen. So weit die Theorie. Die Praxis ist hingegen zäh. Sattler, der pragmatische CDU-Politiker, muss sich erst einmal hineinfinden in die Welt der Immobilienfinanzierungen und Investoren. Er weiß nicht, was Venture Capital ist und wie man es anlockt. Er hat ein Ziel, aber keine Ahnung von Business-Plänen. Aber er hat Tom Krause an seiner Seite, einen Architekten, der weltweit Tourismus-Projekte plant und einige Prachtbauten in irgendwelchen arabischen Emiraten vorzuweisen hat. – Dokumentarfilmer Klaus Stern weiß, dass der Grat zwischen Realitätsverlust und visionärer Weitsicht ziemlich schmal ist. Deshalb zeichnet er den Bürgermeister nicht als Provinzfürsten, der Luftschlössern hinterher jagt, sondern nimmt ihn ernst. Und das macht diese Langzeitbeobachtung so interessant. Sattler wirkt in der Sphäre der geschniegelten Immobilienvermarkter, Rechtsanwälte und PR-Experten mitunter etwas trampelig. Aber er ist nicht dumm und er lernt schnell. Er erkennt die „situative Wendigkeit“ seines Partners Krause, der sich in seiner geschwätzigen Eitelkeit vor der Kamera immer wieder lächerlich macht, und er lässt es auf einen Konflikt mit dem Architekten ankommen. Und als es nicht voran geht, nimmt er die Sache selbst in die Hand und reist zu den wichtigen Immobilien-Börsen und stellt seine Pläne den Leuten vor, die den Weg ebnen können. – Sterns Film ist deshalb so wichtig, weil er jahrelang ein Projekt begleitete, das typisch ist für eine gewisse Grenzenlosigkeit, für einen möglicherweise fehlgeleiteten Ehrgeiz, für eine Überschätzung der Größenordnungen, für eine vielleicht zu unbewusste Art des Denkens, für ein nicht präzise vorausberechenbares wirtschaftliches Risiko, für eine Ortswahl, von der niemand im vorhinein weiß, ob sie sich als ideal herausstellt.
Do, 21.5. - Mi, 27.5.

Sunshine Cleaning
Christine Jeffs. USA 2008. 102 Min. Mit Amy Adams, Emily Blunt, Alan Arkin.
Das Blut muss aufgemoppt werden! Rose braucht dringend Geld, um ihrem verhaltensauffälligen Sohn die teure Privatschule zu bezahlen. Die dreißigjährige Ex-Cheerleaderin arbeitet als Putzfrau und schlägt sich mit ihrem Sohn nicht nur finanziell gerade noch durch, sie schlägt sich zudem mit einem unberechenbaren Vater, ihrer arbeitslosen Schwester und einem verheirateten Liebhaber herum. Letzterer ist Polizist und bringt Rose auf eine womöglich rettende Geschäftsidee: Zusammen mit ihrer Schwester gründet sie ein Reinigungsunternehmen, das sich auf die Säuberung von Tatorten spezialisiert. Nachdem die zuständigen Behörden Verletzte und Leichen abtransportiert haben, machen sich Rose und ihre Schwester an die Arbeit ... Die sich abzeichnende Erfolgsstory des Unternehmens erweist sich jedoch nicht nur als Weg voller Einschusslöcher und Blutlachen, der Film beschreibt den Überlebenskampf einer Familie zudem pointiert als Weg voller Schlaglöcher und Tränen – und natürlich voller Humor und verschrobener Charaktere, kommt die groteske Tragikomödie doch aus dem Hause der Produzenten des Kinohits „Little Miss Sunshine“.
Do, 21.5. - Mi, 3.6.

FilmKinoWerkstatt – mit der Filmwerkstatt der Filmförderung HSH


Prof. Dr. Urs Wyss, Institut für Phytopathologie, Universität Kiel. 62 Min.
Mit dem Austreiben der Knospen beginnt im Frühjahr ein reges Leben auf dem Apfelbaum. Verschiedene Schädlinge schlüpfen aus ihren Wintereiern, um einen mühevollen Aufstieg zur Nahrungsquelle anzugehen. Doch der Weg ist von Feinden übersäht – die Stunde der Morde im Apfelbaum hat geschlagen! Prof. Dr. Urs Wyss wird die außergewöhnlichen Bilder – die Makroaufnahmen lassen den Kinoentymologen regelrecht in den Mikrokosmos der Larven, Läuse und Spinnen eintauchen – live kommentieren. Ein außergewöhnliches Stummfilmerlebnis: Das Leben und Sterben im Baum als wissenschaftliche Kriminalerzählung.
So, 10.5., 18.30 Uhr

David Lynch (2) – mit CAU


Dune – der Wüstenplanet
David Lynch. USA 1984. 137 Min. dt. Fs. Mit Kyle MacLachlan, José Ferrer, Jürgen Prochnow, Patrick Stewart
Die wichtigste Substanz im bekannten Universum, das „Spice“, kann einzig auf dem Planeten Arrakis gewonnen werden; als der Imperator dem Adelsgeschlecht der Atreiden die Abbau-Lizenz überträgt, sinnen die vormaligen Inhaber, die Harkonnen, auf Rache. Zwar kann Baron Harkonnen seinen Widersacher Herzog Leto durch ein Attentat ausschalten, aber Letos Sohn Paul entkommt den Häschern und reift in einem Versteck zu einem charismatischen Führer einer neuen Weltreligion heran… Das Roman-Universum, das Frank Herbert ab 1965 schuf, galt lange als unverfilmbar. Der Erfolg der „Star Wars“-Filme aber machte Hollywood das Wagnis schmackhaft. Nachdem dann „Alien“-Regisseur Ridley Scott abgesprungen war, übertrug man das gewaltige Projekt dem mit solchen Budgets unerfahrenen David Lynch – bewiesen doch die acht Oscar-Nominierungen für seinen „The Elephant Man“, dass er erfolgreich arbeiten konnte. Das Ergebnis allerdings enttäuschte die meisten Zuschauer. Man würde nichts verstehen, hieß es. Diese Leute kannten halt Lynchs jüngste Filme wie „Mulholland Drive“ oder „Inland Empire“ noch nicht. Heute allerdings gilt „Dune“ als bildgewaltiges Monument des vordigitalen Filmzeitalters – und für David Lynch bot das Buch unendliche Möglichkeiten, seine alptraumhaften Visionen umzusetzen.
Mi, 20.5., 20.30 Uhr

KoKi Underground overground


Sommer der Liebe
Wenzel Storch. D 1992. 89 Min. Mit Jürgen Höhne, Alexandra Schwarzt, Hans Paetsch (Erzähler).
Mit dem abgrundtief psychedelischen „Sommer der Liebe“ hat Wenzel Storch einen unfassbaren Film geschaffen. Unfassbar bunt, schön und detailverliebt. Zugleich jedoch unfassbar schmutzig, chaotisch und absurd. Zugleich erleuchteter Underground-Kino-Traum in Super 8 und schmerzhaft unkommerzieller Horrortrip des anderen Geschmacks. Erzählt wird die Geschichte der Messiasfigur Oleander, der auf seiner spirituellen Reise die körperliche Liebe und das Partymachen predigt, die Frau seines Lebens findet und letztlich mit abgesägten Beinen an Obstkuchen und Kaffee nicht vorbeikommt. „Ausgeflippte Typen, toffte Muster, heiße Rythmen und dufte Bienen im Sex-Rausch. Wir träumten von einer Symphonie junger Körper! Der Film sollte die Bewußtseinserweiterung des Jahres werden. Die Zuschauer sollten wie Zombies aus den Lichtspielhäusern wanken. Geblendet von einem gleißenden Trip in die Vergangenheit, der die Gespenster von gestern wieder zum Leben erweckte.“ (Wenzel Storch, Regisseur) „Ein Film, der einem den Feierabend gründlich vergällt.“ (Hans Messias, Filmdienst)
So, 10.5., 20.30 Uhr

Psychoanalyse und Film


Volver
Pedro Almodovar. E 2006. 121 Min. Mit Penelope Cruz, Carmen Maura, Lola Duenas
Zwei Schwestern kehren in ihr Heimatdorf in der La Mancha zurück, um das Familiengrab zu pflegen und ihre betagte Tante zu besuchen. Raimunda (eine umwerfende Penelope Cruz) ist entsetzt über den körperlichen und geistigen Zustand der alten Dame, die nicht nur die Namen ihrer Verwandten durcheinander bringt sondern ebenfalls fest davon überzeugt zu sein scheint, ihre Schwester wohne noch in ihrem Haus. Dabei ist diese Schwester, die Mutter ihrer Nichten, doch vor Jahren bei einem Brand ums Leben gekommen. Doch wer hat der gebrechlichen Tante das Gemüse eingekocht? Und wer benutzt eigentlich das Fitnessrad im ersten Stock? Die alten Familiengeheimnisse entwickeln einen Sog, dem sich Raimunda nicht entziehen kann. Eines Tages hat sie nicht nur die Leiche ihres Mannes in der Gefriertruhe, sie findet auch ihre quicklebendige Mutter im Kofferraum des Wagens vor … Almodovar erzählt eine ebenso so groteske und spannende wie anrührende Familiengeschichte starker Frauen, in der Alltägliches und Sozialrealistisches überraschend mühelos mit Fantastischem verwoben wird.
Mo, 18.5., 20.30 Uhr

Zur Ausstellung „Die 68er in Kiel – Sozialprotest und kultureller Aufbruch“


Rote Sonne
Rudolf Thome. BRD 1969. 87 Min. Kamera: Bernd Fiedler. Mit Uschi Obermaier, Marquard Bohm
Thomas trampt von Hamburg nach München und trifft dort seine Ex-Freundin Peggy wieder. Da er noch keine Bleibe hat, quartiert er sich bei ihr ein. Was er nicht weiß: Peggys Mitbewohnerinnen haben die bizarre Angewohnheit, jeden neuen Lover, den eine von ihnen nach Hause mitbringt, bereits nach wenigen Tagen gemeinsam (oder auch in Eigenregie) umbringen, schließlich gibt es wichtigeres als Liebschaften mit den Männerschweinen – z.B. die Revolution, für die die Frauen gerade ein Bombenattentat vorbereiten … „Diesen grotesk-unterhaltsamen 68er-Film drehte Rudolf Thome mit einer außerordentlich schönen Fotografie und meist witzig-vertrackten Dialogen. Dabei griff der Regisseur gleich auf diverse Genres des Hollywood-Kinos zu und schuf einen Film, der das Lebensgefühl einer Generation spiegelt, für die Lebens- und Kinoerfahrung eins sind“ (Lexikon des Internationalen Films).
So, 17.5., 20.30 Uhr – zu Gast: Bernd Fiedler

Die Bettwurst
Rosa von Praunheim. BRD 1971. 81 Min. Mit Luzi Kryn und Dietmar Kracht.
„Ich brauche dich jeden Sekunden, jeden Sekunden, wie der Hauch des Lebens, wie die Luft, wo ich atme!“ – Praunheims ‚Kieler’ Bettwurst ist Liebe pur. Dietmar und Luzi lernen sich an einem heißen Sommertag an der Kieler Förde kennen und leben fortan die Liebe, wie nur zwei Außenseiter sie noch zu leben imstande sind: Hingebungsvoll, leidenschaftlich und unter fortdauernden Versicherungen der Unendlichkeit ihrer Gefühle. Doch da ist noch Dietmars dunkle Vergangenheit! Herrlich queer und stets von neuem liebgewonnen, erweist sich „Die Bettwurst“ als Zerrspiegel bundesrepublikanischer Spießigkeit bis heute als überraschend treffsicher und hinreißend komisch.
So, 24.5., 20.30 Uhr

Zur Sache, Schätzchen
May Spils. BRD 1968. 80 Min. Mit Uschi Glas, Werner Enke
Martin lebt in München-Schwabing ziel- und sorglos in den Tag hinein. Selbst ein Einbruch, den er zufällig beobachtet, interessiert ihn nicht sonderlich. Erst sein Freund Henry überredet ihn, die Tat bei der Polizei zu melden. Auf dem Polizeirevier legt er aber eine solche Lustlosigkeit hinsichtlich der Aufklärung des Falls an den Tag, dass der Verdacht bald auf ihn selbser fällt. Gott sei dank hilft die flotte Barbara, die er kurz zuvor kennengelernt hat, mit einem Striptease aus der Bredouille. Doch weit kommt er nicht… May Spils, Lebensgefährtin von Klaus Lemke, lieferte mit „Zur Sache, Schätzchen“ den Überraschungshit des „Revolutions“-Jahres 1968 und machte Uschi Glas und Werner Enke quasi über Nacht zu Shooting Stars. „Leichthändig inszenierter Erstlingsfilm; eine intelligente und streckenweise amüsante zeitkritische Glosse, in der selbstironische Kritik und das Verlangen nach menschlichen Beziehungen unüberhörbar sind. Auch in der Rückschau bleibt der Film einer der wenigen wirklich unterhaltsamen Autorenfilme.“
So, 31.5., 20.30 Uhr

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