Der Newsletter zum Thema Medien in Schleswig-Holstein
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Filmkultur Schleswig-Holstein e.V.



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Letztes Update:
15. Juli 2023 - 13:56

Erheblicher Nachholbedarf bei der Stoffentwicklung

Bericht über Informationsveranstaltung zur Fortbildung und Förderung für Drehbuchautoren


Die Filmwerkstatt Kiel der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein hatte Anfang Dezember in Zusammenarbeit mit www.drehbuch-sh.de Drehbuchautoren des nördlichsten Bundeslandes zu einem Abend eingeladen. Was als Informationsveranstaltung über Fortbildung und Förderung für Drehbuchschreiber/innen gedacht war, entwickelte sich zu einer kleinen kritischen Bestandsaufnahme der Situation von deutschen Drehbuchautoren.

Britta Erich von der europäischen Fördereinrichtung MEDIA(Desk) aus Hamburg (www.mediadesk.de) berichtete über verschiedene europäische Fortbildungsinitiativen, die zumeist Fortbildung und Training für fortgeschrittene Profi-Drehbuchautoren anbieten. Dabei steht die Förderung für den internationalen Markt im Fokus. Allen Initiativen und Trainingsprogrammen gemein ist ihr Netzwerkcharakter. Das heißt, Autoren sollen von vorne herein mit Produzenten und Regisseuren zusammenarbeiten. Deshalb werden diverse europaweit ausgeschriebene Seminare und Workshops auch häufig für Autoren und Produzenten mit schon ausgearbeiteten Projektentwürfen angeboten. Die von MEDIA herausgegebene rund 70-seitige Broschüre „Where To Be Trained in Europe“ (Edition 2009) informiert in ihrem ersten Kapitel über diese von MEDIA geförderten Trainingsmöglichkeiten für Autoren, ebenso fortlaufend u.a. die website www.mediadesk.de.


Drehbuchseminar der Filmwerkstatt Kiel (Foto: Arne Sommer)
Im Anschluss berichtete Katharina Uppenbrink vom Verband Deutscher Drehbuchautoren über eine ausgiebige Studie zum Thema Fortbildung für professionelle Drehbuchautoren in Deutschland. Dabei traten die Unterschiede zwischen den hiesigen und angelsächsischen bzw. US-amerikanischen Verhältnissen deutlich zu Tage. So werden bei uns drei von vier Stoffen entwickelt, und eins von drei Drehbüchern wird dann produziert. In England wird eins von zehn (bezahlten) Drehbüchern realisiert, in den USA eins von zwanzig. Insofern besteht in Deutschland noch erheblicher Nachholbedarf bei der Stoffentwicklung, deren gebührende Berücksichtigung unter filmwirtschaftlichen Aspekten sehr fruchtbar werden könnte. Ferner konstatierte Frau Uppenbrink einen erheblichen Bedarf an Weiterbildung bei den Autoren, z. B. in der Entwicklung von Erzähltechniken, auch wenn das von den Betroffenen nicht gerne eingestanden wird. Auch nehme ein professioneller Autor an den wenigen Qualifizierungsmaßnahmen in Deutschland in aller Regel nicht teil, weil die Ausschreibungen dazu so breit angelegt seien, das die Maßnahmen für Profis unter deren Niveau seien. Allgemein bemängelte Frau Uppenbrink die schlechte Situation für Kino-Drehbuchautoren. Ihr seien nur zwei Autoren bekannt, „die vom Kino leben“ könnten. Zudem würde nicht genug aus den Autoren „herausgeholt“.

Auch die Beurteilung von Marianne Bergmann von der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein passt ins Bild. Sie bestätigte Frau Uppenbrinks Einschätzung, dass zu wenig an vielen Drehbüchern gearbeitet werde. Das mache eben einen Unterschied zu Großbritannien und den USA aus, wo ganz anders produziert werde. In Deutschland gebe es die Filmförderung, mit bis zu 70-80 % subventionierten Projekten. Das meiste Geld werde regional ausgegeben. Ob sich das für die Filmwirtschaft in guten Produkten niederschlage, sei eine ganz andere Frage; obwohl insgesamt sich das Niveau in Deutschland in den letzten Jahren verbessert habe.

In Deutschland gingen viele Drehbücher schon viel zu früh in die Produktion. Es gebe viele Autoren, die sich nur als Sachwalter ihres Stoffes verstünden und sich jeglichen Änderungen verweigern würden, weil es doch ihr Stoff sei. Die Bereitschaft zur Weiterentwicklung sei also oft nicht da. Auch sei es schwierig, wenn Leute nur mit Fernseh-Erfahrung häufig Kinostoffe anböten. Oft passt dann der Stoff und wie erzählt wird nicht auf die Leinwand. Es gebe viele Filme, wo der „Fernsehanteil“ relativ stark sei, mit einer umfangreichen Beteiligung der Fernsehredaktion von Anfang an. So gebe es sehr viele Filme im Kino, die gut sind aber die Leinwand nicht ausfüllen. (Helmut Schulzeck)