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Filmkultur Schleswig-Holstein e.V.



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Letztes Update:
15. Juli 2023 - 13:56

Rechte-Vergütung: Fehlanzeige!

Öffentlich-rechtliches Internet auf Kosten von Urhebern und Produzenten, AG Dokumentarfilm kritisiert Ergebnis der 3-Stufen-Tests


Mitte Juli winkten die Rundfunk- und Fernsehräte die Drei-Stufen-Tests für den Internetauftritt von ARD und ZDF durch, und die Komödie endete vorhersehbar wie ein Degeto-Film. Ein paar kleine Veränderungen gibt es wohl noch hinsichtlich der Verweildauer fiktionaler Produktionen, gar keine Änderungen hingegen gibt es bei allen dokumentarischen Programmen: sie sollen auf unbestimmte Zeit im Internet abrufbar bleiben.

Völlig offen bleibt dabei, wie die Sender sich die Bezahlung der anfallenden Urheber- und Produzentenrechte vorstellen. Denn in den Finanzierungskonzepten der öffentlich-rechtlichen online-Aktivitäten werden die „Rechte-Kosten“ durchgehend zu niedrig angegeben. Trotz vereinzelter kritischer Nachfragen haben sich die Rundfunkräte in dieser Frage offenbar der Lesart der Sender gebeugt. Die Internet-Rechte, so wird behauptet, seien ja bereits mit der Erstvergütung abgegolten.

Wenn überhaupt, stimmt das allenfalls für tarifgebundene Mitarbeiter der Rundfunkanstalten. Für die zahllosen frei produzierten Filme und Auftragsproduktionen stimmt es jedenfalls nicht. Im Gegenteil: für viele Fernseh-Filme zahlen die Sender inzwischen nur noch einen Bruchteil der tatsächlichen Herstellungskosten – von einer Vergütung für die zahlreichen zusätzlichen Nutzungen- auch im Internet- kann keine Rede sein. Vor diesem Hintergrund entlarvt sich die populistische Behauptung, das Fernseh-Programm sei ja sowieso schon bezahlt und könne deshalb auch grenzenlos zugänglich gemacht werden, als Ammenmärchen.

Mit der Freigabe der Telemedien-Konzepte erteilen die Aufsichts-Gremien einem Rechte-Raub in großem Stil die Absolution. Offenbar wissen sie ganz genau, dass die öffentlich-rechtlichen Abrufdienste nur unter schonungsloser Ausbeutung des kreativen Potentials der Film- und Fernsehwirtschaft funktionieren können. Denn für ihre ehrgeizigen Internet-Pläne bekommen die Sender in der laufenden Gebührenperiode auf der Einnahmenseite bekanntlich keinen zusätzlichen Cent. Alles muss aus dem Bestand – sprich: aus dem laufenden Programm heraus finanziert werden. Bereits der im Dezember 2009 veröffentlichte KEF-Bericht kritisiert, dass darunter das gesamte Programm leidet. Schon jetzt rollen beispiellose Einsparungswellen durch die öffentlich-rechtlichen Sender. Und wo wird gespart? Etwa am Besitzstand des eigenen, gigantomanisch aufgeblähten Personalbestands? Etwa bei der absurd überzogenen Altersversorgung des Stammpersonals, die Jahr für Jahr dreistellige Millionenbeträge aus dem laufenden Gebührenaufkommen verschlingt? Etwa bei den Sport-Rechten, die seit Jahren den größten Teil der Programm-Budgets auffressen?

Nein. Die Ausbreitung öffentlich-rechtlicher Programme ins Internet trifft besonders diejenigen, die im deutschen Medienbetrieb schon seit Jahren am miserabelsten bezahlt werden: die nicht tarifgebunden freien Mitarbeiter, die Auftragsproduzenten – und immer wieder die Autoren, Regisseure und Produzenten von Dokumentarfilmen und Dokumentationen. Ein Genre, das mit den Qualitäts-Kriterien Information, Bildung und Kultur im Zentrum des öffentlich-rechtlichen Funktions-Auftrags steht, ein Genre, das für die inhaltliche und kreative Vielfalt des gebührenfinanzierten Fernsehens unverzichtbar ist, wird finanziell ausgetrocknet und damit systematisch ruiniert:
Dabei fehlt es den Sendern offenbar nicht an Geld - allein die Verfahren der drei Stufen-Tests haben dem Vernehmen nach mehr als zehn Millionen Euro gekostet. In Sendeminuten umgerechnet, hätten wir dafür ziemlich genau 39 Stunden Günter Jauch bekommen.

Oder, wenn wir die erbärmlichen Summen zugrunde legen, die das öffentlich-rechtliche Fernsehen derzeit dafür aufwendet: 300 bis 400 Stunden aufwändig produziertes, intelligentes, vielfach preisgekröntes Dokumentarfilm-Programm.

Schon dieses einfache Rechenbeispiel zeigt: hier ist eine Schieflage entstanden, die dringend korrigiert werden muss.  

(nach einer Pressemitteilung der AG DOK)