Der Newsletter zum Thema Medien in Schleswig-Holstein
herausgegeben von
Filmkultur Schleswig-Holstein e.V.



Impressum
Letztes Update:
15. Juli 2023 - 13:56

Highlights im KoKi Kiel

Das Kieler KoKi zeigt im August:

neu in Kiel


Me Too
A. Naharro, Á. Pastor. E 2009. 103 Min. dt. Fs. Mit L. Dueñas, P. Pineda
Als erster Europäer mit Down-Syndrom und abgeschlossenem Universitätsstudium findet der vierunddreißigjährige Daniel relativ leicht eine gute Stelle bei einem Sozialdienstleister in Sevilla. Dort trifft er die aufgeschlossene Laura. Die zwei Kollegen freunden sich an, und aus der innigen Freundschaft wird bald eine leidenschaftliche Liebe. Allen Angriffen und ungläubigen Blicken zum Trotz stehen Daniel und Laura zueinander... Me Too ist sowohl ein Liebesdrama mit einem twist als auch ein Messagefilm, transzendiert letztlich jedoch solcherlei Schubladen. Ebenso wenig wie seine Figuren bereit sind, sich von Oberflächlichkeiten bestimmen zu lassen, ist der Film bereit, sein vornehmliches Interesse zu vernachlässigen, einfach eine anrührende und ehrliche romantische Geschichte zu erzählen, die nicht egal ist, die jedoch ebenso wenig sensationalistisch oder übertrieben bedeutungsschwanger daherkommt.
Lola Dueñas und Pablo Pineda glänzen in den Hauptrollen dieses exzeptionellen Debütfilms, mit dem zwei spanische Drehbuchautoren erstmals als Regisseure auf den Plan treten, von denen man gewiss noch hören und sehen wird. Pablo Pineda, der Darsteller des Daniel, ist tatsächlich der erste Europäer mit Down-Syndrom, der einen Hochschulabschluss erworben hat. Hauptdarstellerin Lola Dueñas, eine der profiliertesten Schauspielerinnen des spanischen Kinos, ist international bekannt aus Filmen Pedro Almodóvars oder dem mehrfach ausgezeichneten Drama Das Meer in mir von Alejandro Amenábar. Für ihre Darstellung der Laura in Me Too erhielt sie im Frühjahr 2010 den GOYA, den wichtigsten spanischen Filmpreis, als Beste Darstellerin. Auch Pablo Pineda war für seine erste Filmrolle beim diesjährigen GOYA nominiert.
Do 5. 8. – Mi 18. 8.

Das Lied von den zwei Pferden
Byambasuren Davaa. D 2008. 91 Min. OmU. Mit Urna Chahar-Tugchi
Die in der Mongolei geborene, ihrer Heimat jedoch weitgehend entfremdete Sängerin Urna begibt sich nach dem Tod ihrer Großmutter auf eine lange Reise, die sie nicht allein räumlich ihren Wurzeln näher bringen soll. Urnas Ziel ist es, ein Versprechen, das sie der Großmutter gab, einzulösen, indem sie eine sich im Familienbesitz befindende Pferdekopfgeige, die die Kulturrevolution nur schwer beschädigt überstanden hat, in der alten Heimat restaurieren lässt. Tatsächlich findet Urna in der Mongolei einen Instrumentenbauer, der ihr die Geige wieder herrichtet, und auch das traditionell benötigte Pferdehaar kann sie beschaffen. Dennoch fehlt noch eine wichtige Information, der Urna noch über mehre strapaziöse und faszinierende Etappen nachjagen wird: Auf der Pferdekopfgeige der Großmutter war ursprünglich das Volkslied „Die zwei Pferde des Dschingis Khan“ festgehalten, von dem nach der Zerstörung des Korpus jedoch ein maßgeblicher Teil fehlt. Beseelt von dem Gedanken, die Geige zu vervollständigen, forscht Urna weiter, dringt immer weiter in die Geschichte der Mongolei vor, um schließlich bei sich selbst anzukommen.
Nach Die Geschichte vom weinenden Kamel (2003) und Die Höhle des gelben Hundes (2005) kommt mit dem bildgewaltigen Das Lied von den zwei Pferden ein neuer halbdokumentarischer Spielfilm in die Kinos, in dem sich Meisterregisseurin Byambasuren Davaa poetisch und mitreißend mit der Geschichte und Kultur ihres Geburtslandes auseinandersetzt.
„Wie in ihren ersten beiden Filmen ist die mongolische Steppe der eigentliche Hauptdarsteller. Doch Regisseurin Davaa wagt diesmal auch den Blick in die Stadt. Sie zeigt Menschen, die sich auf der Suche nach etwas Verwertbarem durch die riesigen Müllfelder Ulan Bators wühlen. Auf dem Markt lässt sie Einwohner zu Wort kommen, die ihr berichten, wie schwer sich die zugezogene Landbevölkerung mit den Regeln der Stadt tut. Diese andere Seite der gegenwärtigen Mongolei kontrastiert sie mit subtilem Humor über die Errungenschaften der Moderne: Tief in der Steppe lässt sich Urnas SMS nur dann versenden, als ihr ein Mitreisender zur Hilfe kommt und ihr Handy hoch in die Luft wirft, um für den Bruchteil einer Sekunde ein Empfangssignal zu haben.“ (David Siems, programmkino.de)
Do 19. 8. – Mi 25. 08.

The Doors: When You’re Strange
Tom DiCillo. USA 2009. 90 Min. OmU. Mit Johnny Depp, Jim Morrison
When You’re Strange schmückt sich damit, die erste Kino-Dokumentation über die legendäre Rockband The Doors zu sein – was für ein Versäumnis, mag man da denken, gehört die Band um den noch legendäreren Sänger Jim Morrison doch zum eindeutig spektakuläreren Teil der Popmusikszene der 1960er und 1970er Jahre, stehen die Band und ihre Mitglieder doch für den ebenso exzessiven wie fotogenen und immer stil- und medienbewussten Auftritt. Poesie, Rebellion, melancholische Düsternis und Starkult, der zwischen Mythos und Realität kaum mehr unterscheiden mag: Das ist ein Stoff, der sich auch auf der großen Leinwand gut macht. Der wunderbare Regisseur und Kameramann Tom DiCillo (u. a. Living in Oblivion, Stranger than Paradise) vertraut bei seinem Porträt vor allem auf die pointierte Montage von ebenso intimen wie dramatischen Archivmaterialien, die lediglich von einem prominenten Sprecher (Johnny Depp) ergänzt werden. Nebenbei ist When You’re Strange auch ein mitreißender Sommerfilm, der nicht zuletzt von einem visionären jugendlichen Aufbruch erzählt, der am sonnigen Venice Beach seinen Anfang nahm.
Do 5. 8. – Mi 11. 8.

Der Künstler Gottfried Helnwein. Die Stille der Unschuld
Claudia Schmid. D 2009. 116 Min. Mit Gottfried Helnwein, Arnold Schwarzenegger
Gottfried Helnwein, 1948 in Wien geboren, wo er von 1969 bis 73 an der Akademie der Bildenden Künste studierte, zählt zu den bekanntesten und auch umstrittensten Künstlern der Gegenwart. Seine hyperrealistischen, in Mischtechnik gehaltenen Bilder wie auch seine Performances verstecken sich nicht in Museen und Sammlungen, sondern drängen in die Öffentlichkeit, erlangen als Plattencover, Titelbilder von Zeitschriften und Plakaten weiteste Verbreitung – um nicht selten die Gemüter zu erhitzen und harrsche Kritik bis hin zu Rufen nach Verbot und Zensur von höchster Stelle zu provozieren. Besonders an einem seiner Hauptthemen, den Darstellungen gequälter Kinder, mit denen der Künstler den Betrachter zum Mitwisser, vielleicht auch zum Mittäter an alltäglichen Gewaltszenarien macht, stoßen sich die Kritiker (Auf Helnweins undurchsichtige Verbindungen zur Scientology-Sekte geht der Film allerdings nicht ein).
Die Filmemacherin Claudia Schmid besuchte Helnwein auf seinem Anwesen in Irland, begleitete ihn aber auch zu privaten und beruflichen Anlässen und lässt dabei seine verschiedenen Werkkomplexe geschickt Revue passieren. Die Rückschau reicht von den frühen auto-destruktiven Aktionen über seine Aneignung der Trivialkultur bis zu den monumentalen Landschaftspanoramen, auf die man zum ersten Mal in Arnold Schwarzeneggers kalifornischem Sitzungszimmer stößt. Helnweins freundschaftliche Fachsimpelei mit seinem Landsmann ist im Übrigen der einzige fremde Kommentar zu Leben und Werk des Porträtierten. Diese Beschränkung auf Helnweins eigene Perspektive ist bei seinem zwar immer noch polarisierenden, aber längst kanonisierten und weitgehend ausgedeuteten Werk kein echter Makel. Kunstfreunde dürfte ohnehin mehr der Blick in die Werkstatt des Malers interessieren, und in dieser Hinsicht hat der Film einiges zu bieten. Do 29. 7. – Mi 4. 8.

Mademoiselle Chambon
Stéphane Brizé. F 2009. 101 Min. Mit Vincent Lindon, Sandrine Kiberlain
Jean führt ein geregeltes, ja fast schon eintöniges Leben: tagsüber arbeitet er auf der Baustelle, die Abende verbringt er mit seiner Familie im Eigenheim. Sein ruhiger Alltag gerät allerdings völlig durcheinander, als er eines Tages Mademoiselle Chambon begegnet, der attraktiven und eigenwilligen Lehrerin seines Sohnes. Langsam entwickelt sich eine Beziehung zwischen dem zurückhaltenden Jean und der faszinierenden Véronique, die in ihm Gefühle weckt, die er bis dahin nicht kannte. Eine Begegnung, die alles ändern kann – eine Gelegenheit zum Neubeginn oder ein Fehler, den er bereuen wird.
Nach seinem viel gelobten Melodram Man muss mich nicht lieben ist Regisseur Stéphane Brizé mit den beiden wunderbaren Schauspielern Vincent Lindon und Sandrine Kiberlain ein empfindsames Liebesdrama gelungen. Ein Maurer, verheiratet mit einer Frau, die er liebt, verliebt sich in die Lehrerin seines Sohnes. Das ist wirklich eine einfache Geschichte. Brizé fand in der Romanvorlage von Éric Holder denn auch weniger das narrative Grundgerüst inspirierend, sondern eher „die Art, in der die Gefühle dieser einfachen Menschen übersetzt werden.“ Allerdings nahm Brizé gemeinsam mit der Drehbuchautorin Florence Vignon einige Veränderungen vor, verschob Akzente und Gewichtungen und konzipierte vor allem ein neues Ende. Das fertige Drehbuch schickten sie an Holder, und der antwortete mit einem sehr schönen Brief: „Es ist weniger eine Adaption als eine Fortsetzung, eine Anreicherung, die Enthüllung des Gefühls, das der Roman vermitteln wollte.“
Die beiden Hauptdarsteller Vincent Lindon und Sandrine Kiberlaine verbindet im privaten Leben übrigens ebenfalls eine komplizierte Liebesgeschichte. 1998 heirateten sie, nachdem sie sich bei Dreharbeiten kennen lernten, trennten sich aber wieder nach einigen Jahren. Dem Angebot, das Drehbuch gemeinsam zu verfilmen, folgten beide allerdings ohne Vorbehalte. Und wenn es nicht prinzipiell falsch wäre, das wahre Leben der Schauspieler mit dem ihrer Leinwandfiguren gleichzusetzen, würde man denken, es funkt ganz gewaltig zwischen den beiden. Ach – die Franzosen... Do 12. 8. – Mi 1. 9.

Eine Karte der Klänge von Tokio
Isabel Coixet. E 2009. 109 Min. Mit Rinko Kikuchi, Sergi López, Min Tanaka
„Das ist ein sehr sinnlicher Wein“, erklärt Weinhändler David seiner Kundin. Das folgende Gespräch führt zu einer Einladung zum Abendessen, aber natürlich ahnt David nicht, dass die zierliche Ryu ein Doppelleben führt. Die unscheinbare Fischmarktverkäuferin verdingt sich hin und wieder als Profikillerin. Ihr neuer Auftrag: David. Ein erfolgreicher Geschäftsmann macht ihn nämlich dafür verantwortlich, dass seine Tochter Selbstmord aus Liebeskummer beging. Über seine Assistentin ließ er einen Profikiller suchen, und die Wahl fiel eben auf Ryo. Als die sich nun in ihren aktuellen Auftrag verliebt, beginnt die Geschichte kompliziert zu werden...
Die Spanierin Isabel Coixet etablierte sich mit Mein Leben ohne mich und Das geheime Leben der Worte fest in der Landschaft des europäischen Kunstkinos. Immer wieder geht es ihr um das Risiko von Beziehungen, Sprachlosigkeit und dem Mut zur offenen Kommunikation. Coixets junge Frauen werden aus ihrem gewohnten Lebenszusammenhang gerissen, erleben in Begegnungen mit teils wesentlich älteren Männern gefährdete Zeiten des Glücks und versuchen sich in Doppelexistenzen wie Ryu. Die Abwesenheit der Liebe, Entfremdung und Vereinsamung, das ist es, wovon das Melodram letztlich schmerzlich erzählt. Komischerweise wirkt die Geschichte, dass eine Killerin auf dem Fischmarkt schuftet, nicht sofort unglaubwürdig. Das liegt nicht zuletzt an der zerbrechlich, unschuldig geheimnisvollen Ausstrahlung der 29jährigen Rinko Kikuchis. Das ehemalige Model verkörpert faszinierend eine Frauengestalt angesiedelt zwischen Björks Dancer in the Dark und Wong Kar Wais Fallen Angels.
Doch die große Poetin des Filmischen brilliert auch dieses Mal mit ihren Bildern, ihrem untrüglichen Gespür für Atmosphäre, Schönheit und den großen Themen Liebe und Tod. Aber es ist eine Schönheit in Traurigkeit. Mit außergewöhnlicher filmtechnischer Souveränität komponiert die Katalanin den inneren Kosmos, spürt seismografisch in langsam fließender Erzählweise den Befindlichkeiten ihrer Figuren nach. Ihr inszenatorisches Raffinement drängt sich nie selbstgefällig in den Vordergrund. Manchmal freilich wirken die melancholischen Monologe aus dem Off teilweise etwas unbeholfen gegenüber der ausgereiften, eigenwilligen Bildsprache.
Die Kamera führt, exzellent wie in allen ihren Filmen, der Franzose Jean-Claude Larrieu. In scheinbarer Flüchtigkeit sammelt seine Kamera Fragmente von Augenblicken. Ihr Blick auf den sich verselbstständigenden Moloch Tokio ist phasenweise unruhig, findet keinen Halt in den Geometrien der urbanen Ordnung. In einem Moment wackelt die für kurze Sequenzen eingesetzte Handkamera, um im nächsten die Begegnung zwischen Mann und Frau als Moment absoluter Stille wahrzunehmen.
Do 26. 8. – Mi 15. 9.

Wunschfilm


The Fantastic Mr. Fox
Wes Anderson. USA 2009. 87 Min. OF. Mit den Stimmen von George Clooney, Meryl Streep, Bill Murray, Jason Schwartzman, Owen Wilson, Willem Defoe
„The second talking-fox picture of the year, after Lars von Trier’s Antichrist, this one features not genital mutilation, but a leading character who gets his tail shot off.“ Wes Andersons neuestes Meisterwerk, der liebevoll gestaltete, altmodische Stop-Motion-Film, von dem hier die Rede ist, hat über diese pointiert herausgestellten Gemeinsamkeiten natürlich rein gar nichts mit Lars von Triers bedeutungsschwangerem Psychothriller zu tun. Vielmehr erweitert Anderson seine Literaturverfilmung des gleichnamigen Kinderbuchklassikers von Roald Dahl um für ihn typische Motive, Figuren und Stilmittel und macht seinen Mr. Fox zu einem rasanten, ebenso lustigen wie melancholischen Familiendrama, das jungen und erwachsenen Zuschauern gleichermaßen gefallen wird. Letztere Prognose zumindest konnte man in Hinblick auf den erschütternden Antichrist auf gar keinen Fall in Aussicht stellen.
Der Film erzählt vom Leben des Familienvaters Mr. Fox, der nicht der Versuchung widerstehen kann, die fiesen, industriellen Farmer der Nachbarschaft („Boggis, Bunce and Bean, one fat, one short and one lean. These horrible crooks, so different in looks, were none the less equally mean.“) so dreist zu berauben, dass diese zur Gegenwehr übergehen. Damit bringt er nicht nur den Familienfrieden in Gefahr, auch die anderen Tiere der Umgebung sind nun in ihrer Existenz bedroht. Doch Mr. Fox entwickelt einen Plan… Here’s one fox you can’t outfox!
Wir zeigen diesen in unfassbarer Detailverliebtheit gestalteten Puppenfilm in der Originalfassung, damit Sie bei uns in den Genuss des formidablen Sprecherensembles, bestehend unter anderem aus George Clooney, Meryl Streep, Bill Murray, Jason Schwartzman, Owen Wilson, Jarvis Cocker und vielen anderen, kommen können. Und es ist ein Genuss! „Der Fantastische Mr. Fox ist der beste Film des Frühjahrs für Kinder und Erwachsene.“ (Die Zeit) Do 29. 7. – Mi 4. 8.

Open Air Kino zur Langen Nacht der Museen


Kittel – Klinik – Kapriolen
Kurzfilme von und mit Laurel & Hardy, Buster Keaton und Co. rund ums Krankenhaus – Bereits zum vierten Mal ist das Kommunale Kino zu Gast auf dem Hinterhof der Medizinhistorischen Sammlung der CAU (Brunswiker Str. 2) und veranstaltet Open-Air-Kinovergnügen. Die kurzweiligen und kurzen Slapstickmeisterwerke laden zum schnellen Reinsehen oder auch zum längeren Verweilen ein.
Fr 27. 8. ab 21.30 Uhr