Der Newsletter zum Thema Medien in Schleswig-Holstein
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Filmkultur Schleswig-Holstein e.V.



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Letztes Update:
15. Juli 2023 - 13:56

Highlights im KoKi Kiel

Das Kieler KoKi zeigt im September:

neu in Kiel


Eine Karte der Klänge von Tokio
Isabel Coixet. E 2009. 109 Min. Mit Rinko Kikuchi, Sergi López, Min Tanaka
Ryu, eine unscheinbare Fischmarktverkäuferin, führt ein Doppelleben: Hin und wieder verdingt sie sich als Profikillerin. Ein erfolgreicher Geschäftsmann bestellt sie, einen Mann zu töten, der das Herz seiner Tochter gebrochen hat. Als Ryu sich in ihren aktuellen Auftrag verliebt, beginnt die Geschichte kompliziert zu werden… Mit außergewöhnlicher Souveränität komponiert Isabel Coixet den inneren Kosmos der Geschichte, spürt seismografisch in langsam fließender Erzählweise den Befindlichkeiten ihrer Figuren nach. Ihr inszenatorisches Raffinement drängt sich nie selbstgefällig in den Vordergrund.
Do 26. 8. – Mi 8. 9.

Voodoo – Die Kraft des Heilens
Henning Christoph. D 2009. 70 Min. OmU
Der Ethnologe und Fotograf (Geo, Stern, National Geographic, Life) Christoph sucht in Benin, dem Mutterland des Voodoo-Kultes, Ursprünge und Aspekte einer Religion, die Außenstehenden weitgehend verschlossen bleibt. Sein Film ist klar strukturiert: Auf kurzen Texttafeln wird erläutert, was es in der nächsten Szene zu sehen gibt – ein Heilungsritual, ein Exorzismus, ein Reueritual, oder eine Priesterweihung. Anschließend folgen unkommentierte, phantastisch klare Filmaufnahmen der Rituale, denen die „Geo“-Vergangenheit des Regisseurs deutlich anzumerken ist. Dank hervorragender Kontakte und mit unaufdringlich kleinem Team gelingen nie gesehene Bilder von größtmöglicher Authentizität. Farbe, Bewegung, Choreographie, Musik und die magischen Gegenstände und Kostüme entfalten auch im Kino noch eine eindrucksvolle Wirkung, wobei Tieropfer und blutige Rituale für das europäische Auge durchaus drastisch ausfallen. „Wer das Angebot annimmt, sollte daran denken, dass für einen Nicht-Christen das Sakrament der Kommunion leicht als Blutsauferei und Kannibalismus, also ziemlich befremdlicher Vorgang, interpretiert werden kann. So liegt am Ende in Henning Christophs Verzicht auf Sinndeutung ein Verdienst: Wie weit es mit der eigenen religiösen Toleranz eigentlich her ist, lässt sich anhand der Reaktion auf diese Bilder leicht feststellen.“ (Berliner Zeitung)
Do 2. – Mi 8.

Rückkehr ans Meer
François Ozon. F 2009. 88 Min. Mit Isabelle Carré, Melvil Poupaud
Der französische Starregisseur Ozon (u.a. 8 Frauen, Swimming Pool, Die Zeit, die bleibt) bringt mit Le Refuge/Rückkehr ans Meer abermals einen außergewöhnlichen Film ins Kino. Zunächst erscheint der Stoff dafür prädestiniert, als tonnenschweres Drama inszeniert zu werden: Mousse und Louis, Kinder aus bestem Hause, lieben sich. Auf ihrem Weg durch die Pariser Nächte verlieren sie sich immer öfter im Drogenrausch, bis Louis schließlich an einer Überdosis stirbt. Allein und schwanger bleibt die junge Mousse zurück. Und nicht nur das: Auf Louis’ Beerdigung verlangt dessen Mutter auch noch, das Mousse das Kind ihres Sohnes abtreibt. Mousse jedoch denkt nicht daran. Sie flieht aus Paris an die Atlantikküste, um ihre Schwangerschaft zu verbergen. Als sie Besuch von Louis’ homosexuellem Bruder Paul bekommt, verguckt sie sich zögerlich in diesen, obwohl Paul eine Affäre mit ihrem Nachbarn beginnt. Wenn das nicht überdramatisch ist. Ozon jedoch erzählt keine tragische Geschichte. Zunehmend leichter und einfühlsamer thematisiert er in seinem Film Schwangerschaft und Geburt, die großen Gefühle, die diesen Lebensabschnitt begleiten, Liebe und Freundschaft. Isabelle Carré (Mousse), zur Zeit des Drehs tatsächlich schwanger, ist betörend schön und beeindruckt mit einer großartigen Präsenz und einer grandiosen schauspielerischen Leistung. Doch Ozon wäre nicht Ozon, wenn er nicht noch eine abschließende Überraschung für den Zuschauer auf die Leinwand zaubern würde…
Do 9. – Mi 22.


Pianomania – Auf der Suche nach dem perfekten Klang
L. Franck, R. Cibis. D/A 2009. 94 Min. Mit Stefan Knüpfer
Im Mittelpunkt dieses exzellenten Dokumentarfilms steht das Streben des Pianisten Pierre-Laurent Aimard, eine Aufnahme „für die Ewigkeit“ vorzubereiten und einzuspielen. Seine Interpretation von Johann Sebastian Bachs Kunst der Fuge soll ein perfekter, einzigartiger und vollendeter Hörgenuss werden – eine Herausforderung für den Cheftechniker und Klavierstimmer der Flügelmanufaktur Steinway & Sons in Wien Stefan Knüpfer. Der Flügel soll für die jeweils anstehenden Aufnahmen prepariert, umgestaltet und klanglich manipuliert werden. Der Zuschauer folgt dem kreativen Duo, das diskutiert, experimentiert und in Musik schwelgt, bis das Kunstwerk endlich geschaffen ist. Neben Aimard kommen auch andere große Pianisten wie der zeitgenössische Superstar Lang Lang sowie die Musikclowns Igudesman und Joo, die pointiert Klischees und Allüren des professionellen Musikgeschäfts aufs Korn nehmen, zu Wort. Nicht nur die Künstler und der Klavierstimmer jedoch streben nach Perfektion, auch die Regisseure Lilian Franck und Robert Cibis haben keine Mühen gescheut, ein außerordentliches Kinoerlebnis zu produzieren. Auf bis zu 90 Audiospuren haben sie die Klangeindrücke festgehalten und verweben ihre Aufnahmen mit Eindrücken aus dem alten Wien und Bildern aus Konzertsälen in aller Welt. Ein Genuß.
Do 9. – Mi 26.


Die Liebe der Kinder
Franz Müller. D 2009. 84 Min. Mit Marie-Lou Sellem, Alex Brendemühl
Maren und Robert treffen sich auf einer Autobahnraststätte. Beide kennen sich schon länger und kennen sich doch nicht. Sie haben sich im Internet kennen gelernt. Nun wollen Sie es miteinander versuchen, obwohl die Unterschiedlichkeit beider kaum offensichtlicher sein könnte. Robert ist Bauschneider, genießt sein kleines Leben mit Fußball und Freunden. Maren ist Bibliothekarin und vielseitig interessierte Wissenschaftsautorin. Ein Merkmal, das sie verbindet, wird in der begonnenen Beziehung nun immer mehr zum Problem: Sie sind alleinerziehende Eltern, was zum emotionalen Desaster wird, als sich Marens siebzehnjährige Mira in Roberts sechzehnjährigen Daniel verliebt. Das Glück und Selbstbewusstsein ihrer Kinder von da an ständig vor Augen, beginnen Maren und Robert an sich und ihrer Partnerschaft zu zweifeln. Zu guter Letzt kündigt das junge Paar auch noch an, heiraten und auswandern zu wollen… „Ich mache nicht zuletzt auch deshalb Filme, weil mir bestimmte Geschichten im Kino fehlen. Ich habe in den letzten Jahren viele Filme gesehen, die von der Liebe erwachsener Menschen handelten, bei denen ich aber oft das Gefühl hatte, dass sie mir eigentlich die Geschichte einer ersten Liebe erzählen. Ich finde, dass die Liebe zwischen erwachsenen Menschen etwas ganz anderes ist und es auch verdient hat, dass man über sie andere Filme macht,“ so Franz Müller, Autor und Regisseur von Die Liebe der Kinder. Gemäß dieser Motivation hat Müller ein sehr eigenständiges, erwachsenes und spannendes Beziehungsdrama inszeniert, wie man es aus Deutschland nur selten auf der Kinoleinwandwand zu sehen bekommt.
Do 16. – Mi 22.


Zwischen uns das Paradies
J. Zbanic. Bosn. und Herzeg./A/D/Kroat. 2010. 100 Min. OmU. Mit Zrinka Cvitesic
Der neue Spielfilm Jasmila Zbanics, vor drei Jahren Gewinnerin des Goldenen Bären für Grbavica – Esmas Geheimnis, erzählt von einem Paar, dass sich angesichts der neuen Religiösität und schleichenden Indoktrinierung des Mannes zu einer islamistischen Kämpferseele entfremdet. Zunächst erscheinen Luna und Amar als glückliches und die weltlichen, sprich: körperlichen, Freuden genießendes Paar. Sie lachen viel, geben sich einem verspielten Miteinander hin und haben viel Sex. Doch als dem Fluglotsen Amar gekündigt wird und er in eine ausgewachsene Lebenskrise abstürzt, muss Luna mit ansehen, wie sich Amar unter dem Einfluss einer fundamentalistischen Wahabitengruppe zu verändern beginnt. Nachdem er bei den Wahabiten zunächst Halt und Arbeit findet, entwickelt sich Amar mehr und mehr zu einem Verfechter einer radikalen Islamauslegung, der die Vielehe gutheißt, seine Frau nicht mehr berührt, weil er sie noch nicht ‚islamisch‘ geheiratet hat, und das Leid der bosnischen Moslems im Krieg mit deren mangelnder Frömmigkeit erklärt. Askese, Hass und Verschwörungstheorien haben Freude, Partnerschaft und Glück abgelöst. Luna jedoch kämpft um ihren geliebten Mann und ist nicht bereit, ihre Partnerschaft in Frage zu stellen. Das zuweilen etwas Lehrbuchhafte des Films wird durch die starken schauspielerischen Leistungen und die Brisanz und Aktualität seines Themas mehr als aufgefangen. Ein Liebesdrama mit politischem Subtext, das nicht zu verpassen ist.
Do 23. 9. – Mi 6. 10.


Die Entbehrlichen
Andreas Arnstedt. D 2009. 95 Min. Mit Abdré Hennicke, Ingeborg Westphal
Ein Junge tagelang allein in der Wohnung, mit dem toten Vater – wie konnte es so weit kommen? Jakobs Familienverhältnisse sind, wie man heute so schön sagt, prekär. Es herrscht ein rauer Ton, die Faust sitzt locker und der Alkohol heizt die Aggressionen an. Aber es gibt – und das ist das Besondere und Schöne – fast ebenso viele zärtliche Gesten. Und manchmal eine Solidarität, wie man sie in der Mittelschicht selten findet. In Rückblenden sehen wir die Alkoholsucht der Mutter, die materielle Not, die dramatische Situation der Familie am Abgrund. Die kunstvolle Erzählweise befördert natürlich die Spannung, dient aber vor allem einem inhaltlichen Zweck: Wer nur auf das Ergebnis, den Endpunkt dieser Tragödie schaut, wird lediglich seine Vorurteile bestätigt sehen. Wer aber den Prozess ins Auge fasst, der sich davor abspielte, erhält ein anderes Bild. Nämlich das von Menschen, die sich mit bemerkenswerter Kraft dem Abgrund widersetzen, in den sie am Ende eher zufällig als zwangsläufig stürzen. Das wird „lustig und makaber inszeniert, himmelhochjauzend und zu Tode betrübt“, in einem „Wärmestrom der Sympathie für den weichen Kern unter der rauen Schale. Auch wenn das angesichts der fürchterlichen Ereignisse etwas merkwürdig klingen mag“. (film-zeit.de)
Do 30. 9. – Mi 6. 10.


Kennzeichen Kohl
Jean Boué. D 2009. 87 Min. Dokumentarfilm. Mit Helmut Kohl
Nicht nur in Ludwigshafen, auch in den Häuserschluchten Duisburgs, in einsamen Landstrichen des Moselfränkischen, in den dunklen Ecken Crimmitschaus, in Wolfen und in den Kleingartensiedlungen Heidelbergs – überall kann man auf SIE treffen. SIE sind unter uns! SIE leben! HELMUT KOHLS! Da es sich hier jedoch nicht um den neuesten Deutschland-Horrorfilm Christoph Schlingensiefs, sondern um eine kleine Dokumentarfilmperle zum Status Quo deutscher Befindlichkeiten und Sozialität handelt, sind die im Film auftretenden Helmut Kohls auch keine Widergänger oder Klone des noch lebendigen Altkanzlers. Sie sind ganz normale Bürger, die allein ihre Vor- und Nachnamen mit dem bekanntesten Helmut Kohl teilen. Und was haben Sie zu sagen? Der eine nimmt Abschied von einer alten Heimat, der nächste trauert der Vorwendezeit nach, der dritte ist voll bitteren Zorns auf einen aus seiner Perspektive raffgierigen Staat, wieder andere Helmut Kohls finden eigentlich alles ganz in Ordnung. Geschickt verbindet die fragende Dokumentation die großen Themen mit kleinen Alltagsbeobachtungen und verwebt pointiert und mitunter auch sehr komisch alles zu einem aufschlussreichen und unterhaltsamen Psychogramm des Landes. Einig mit dem ehemaligen Kanzler sind sich alle Protagonisten darin, dass am Ende schließlich zählt, was hinten rauskommt, doch hat ein jeder seine ganz eigene Perspektive auf den Stand der Dinge und die nahende Zukunft. Lassen sie sich davon überraschen, was der Nachbar so denkt…
Fr 24. + Di 28.


Europaweite Premiere – Mit Rosa-Luxemburg-Stiftung und Attac


Water Makes Money
Leslie Franke, Herdolor Lorenz. D 2010. 82 Min. Musik Konstantin Wecker
Nach Wasser unterm Hammer und Bahn unterm Hammer der neue Film: Public-private partnership – das schien vielen klammen Kommunen vor einigen Jahren der Königsweg aus der Verschuldung. Überall wurden Einrichtungen elementarer Existenzvorsorge privatisiert, vom Nahverkehr, Strom- und Gasversorger bis zum Wasserwerk. Inzwischen ist die Euphorie dem Katzenjammer gewichen: in Europas Städten stiegen Preise und schwanden Einflußmöglichkeiten, in ärmeren Weltregionen ist die ohnehin dürftige Versorgung bedrohter denn je, weil Investitionen in Infrastruktur nicht die erwünschte Rendite versprechen. Während die „Gelddruckmaschinen“ der Multis in deutschen Gemeinden schnurren, wollen in Frankreich, Heimat der größten „global player“, ausgerechnet hier, wo Veolia und Suez 8 von 10 Bürgern mit Wasser versorgen, viele Kommunen die Kontrolle zurückholen. Dieser Film zeigt, wie Konzerne ihre Monopolstellung erreichen konnten und was Paris und andere französische Gemeinden aus der Herrschaft von Veolia & Co gelernt haben. Am 23. 9. findet europaweit an mehr als 100 Orten die Premiere dieser bemerkenswerten Dokumentation statt, deren Produktion (unter den zahlreichen Beteiligten auch die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein) u.a. per Internetaufruf finanziert wurde. Anschl. Gespräch mit Attac und Bündnis Kielwasser.
Do 23.


CHINA UNDERGROUND – Der kritische Blick von unten


Das hämische Lachen Buddhas – Kurzfilme aus China
Independentfilm wusste die chinesische Regierung zu unterdrücken, bis sich mit der Jahren günstige digitale Kameras im ganzen Land verbreiteten. Nun probiert die neu entstandene Szene ihre Möglichkeiten aus und sucht nach Möglichkeiten, ihr Lebensgefühl auszudrücken. Trickfilme, künstlerische Experimente, erotische Sehsüchte, ironische Anspielungen und Musikvideos finden sich in diesem Programm. Der Kurator Ni Kun aus der Dreißigmillionenmetropole Chongqing wird seine Auswahl dem Kieler Publikum mit Informationen über Hintergründe von Filmen und Filmemachern präsentieren. So 12.

University City Savages
Wang Bang. China 2010. ca. 70 Min.
China versucht sich als modernes Wirtschaftswunderlandland Nr.1 mit Bauprojekten der Superlative zu präsentieren. In der Zehnmillionenmetropole Guangzhou sollte eine neue Universitätstadt als Symbol für das aufstrebende neue China errichtet werden. Mit der Landbevölkerung, die diesem Projekt im Wege stand, ging man wenig zimperlich um. Die Filmemacherin Wang Bang gab mit ihrer Kamera den Menschen im Kampf gegen die Landenteignung eine Stimme, die nun auch über die Grenzen des Reichs der Mitte gehört werden. Die Filmemacherin ist bei der Vorführung anwesend.
Di 14.

Zum Antikriegstag – Mit dem Japanischen Kulturinstitut


Der barfüßige Gen
Mori Masaki. Jap 1983. 90 Min. Anime. OmU
Hiroshima 1945. Armut und Hunger prägen das Leben des sechsjährigen Gen. Weil sein Vater gegen den Krieg ist, wird Gens Familie verachtet. In der Hoffnung auf einen friedlichen Alltag kämpfen sie jeden Tag ums Überleben. Am 6. August um 8 Uhr 45 ist Gen auf dem Weg zur Schule, als die Apokalypse losbricht: Der Bomber Enola Gay hat die Atombombe abgeworfen. Gen überlebt und stürmt durch die verwüsteten Straßen nach Hause… Wir zeigen den Film anlässlich des Antikriegstages in Kooperation mit dem Friedensplenum Kiel, dem John-Rittmeister-Institut und IPPNW. Im Anschluss Gespräch mit Dipl. Psych. Gisela Bergmann-Mausfeld. Eintritt frei.
Mo 6.

Mit der Deutsch-Kurdischen Gesellschaft und Kurdistansolidarität SH


Min Dît – Die Kinder von Diyarbakir
Miraz Bezar. Türkei/D 2009. 102 Min. Kurd/ Türk mU. Mit Senay Orak
Dieser Film ist ein Politikum: Als erster kurdischsprachiger Film wurde er zum Filmfestival im türkischen Antalya eingeladen. Die Jury verlieh dem in Berlin lebenden Regisseur den Sonderpreis. Vielleicht auch deswegen, weil das Langfilmdebüt von Miraz Bezar nicht nur durch seine Botschaft, sondern vor allem durch seine eindringliche Machart berührt: Die 10-jährige Kurdin Gulistan und ihr jüngerer Bruder Firat fahren gerade mit ihren politisch verfolgten Eltern von einem Hochzeitsfest nach Hause, als Uniformierte den Wagen anhalten. Ganz plötzlich ziehen sie Pistolen und drücken aus nächster Nähe ab – kühl, geschäftsmäßig und gnadenlos. In Diyarbakir, wohin viele Kurden während des Bürgerkriegs zwischen Armee und Rebellen geflohen sind, bleiben die Kinder auf sich allein gestellt und mit anderen Straßenkindern dem täglichen Überlebenskampf ausgeliefert. Inspiriert von den Märchen, die ihnen ihre Mutter immer vorgelesen hatte, hecken die Straßenkinder von Diyarbakir einen Plan aus, um sich an dem Mörder zu rächen... „Nicht wütende Anklage oder bitterer Vorwurf sind die Kräfte, die Min Dît vorantreiben, sondern Bezars leidenschaftliches und akribisches Interesse am Lebenswillen jener, deren Leben am seidenen Faden hängt.“ (Berliner Zeitung) 19.30 Empfang.
So 19.

Film und Diskussion / zu Gast Ulrich Selle


Ja, dann gute Reise…
Elisabeth Saggau, Ulrich Selle. D 2003. 38 Min
Seit Januar 2003 hat Schleswig-Holstein ein eigenes Abschiebegefängnis. Die Mehrzahl der Insassen wird nach einem gescheiterten Asylverfahren auf Antrag der zuständigen Ausländerbehörde inhaftiert, aber auch viele MigrantInnen, die ohne gültige Papiere in Schleswig-Holstein und an seinen Grenzen aufgegriffen werden, sitzen in Rendsburg ein. Hinter Gittern und Stacheldraht warten sie auf die Abschiebung in ihr Herkunftsland oder in ein sogenanntes sicheres Drittland. Ihr Verbrechen ist, keine Papiere oder kein Aufenthaltsrecht zu haben. Die Landesregierung behauptet, mit dem eigenen Gefängnis und der Ausgestaltung der Haft die Abschiebungshaft zu humanisieren. Allerdings kam es in Schleswig-Holstein allein 2009 zu insgesamt 54 Fällen, in denen Flüchtlinge entlassen werden mussten, weil die Abschiebung aus unterschiedlichsten Gründen nicht durchführbar war. Zu welch existentieller Verzweiflung die Situation in Abschiebehaft führen kann, zeigen drei Selbstmorde in deutschen Abschiebegefängnissen allein in diesem Jahr. Anschließend Gespräch. Mit LAG Migration und Integration der Partei DIE LINKE und Flüchtlingsrat SH.
Mo 27.

Filmreihe: NS-Propagandafilme


Am 23. 9. startet in den deutschen Kinos Jud Süß – Film ohne Gewissen. Nach Stasi, RAF und Führerbunker also wieder ein Reenactment-Spektakel zur deutschen Geschichte mit Staraufgebot. Moritz Bleibtreu gibt den Goebbels. Mit rheinischem Akzent und Hinkebein. Und mindestens so diabolisch wie das Original. Die Sequenzen aus Jud Süß, die man in diesem Film zu sehen bekommt (und das sind beachtlich viele), hat man mittels Computertechnik bearbeitet und die Gesichter der heutigen Darsteller den Figuren des Originals einkopiert. Aber mit Anstrengungen wie diesen unternimmt das Kino doch etwas Seltsames: Es lässt die künstlerische Freiheit künstlerische Freiheit sein und verpflichtet sich einem Konzept von Originalität, das auf gestalteten, zugespitzten und zum Zwecke der Propaganda hergestellten Materialien beruht. Das sind die eigentlichen Folgen des Guidoknoppismus: Die allgegenwärtige Versorgung mit scheinbar objektiv-dokumentarischem Bildmaterial zu Hitlers Krieg, Frauen oder Hunden macht das Nachdenken über Geschichte abseits ikonischer Wahrheitszertifikate unmöglich. Und damit weicht auch jede Was-wäre-wenn-Frage einem finalen Es-ist-so. – Wie die Umstände, unter denen Veit Harlans Jud Süß 1940 produziert wurde, letztgültig zu fassen sind, wissen wir nicht. Aber wir können den fraglichen Film in seiner überlieferten Fassung zeigen. Mit Jud Süß beginnen wir am 26. 9. eine Reihe mit NS-Propagandafilmen. Es folgen Heimkehr (3. 10.), Der große König (10. 10) und Hitlerjunge Quex (12. 10.). Alle Vorstellungen mit Einführung.


Jud Süß
Veit Harlan. D 1940. 98 Min. Mit F. Marian, W. Krauß, H. George, K. Söderbaum
Im Rahmen unserer aus Anlass des Filmstarts von Oskar Roehlers Jud Süß – Film ohne Gewissen kommentiert vorgeführten NS-Propagandafilme zeigen wir diesen berüchtigtsten aller NS-Filme. Jud Süß erzählt die fiktive Geschichte des Juden Joseph Süß Oppenheimer, der hier perfide und schamlos gemäß der nationalsozialistischen Ideologie dämonisiert wird. Der Film war darauf ausgelegt, das Judentum zu diskreditieren und den zeitgenössischen Zuschauer auf die weitere Verfolgung der Juden vorzubereiten. Prof. Jan-Oliver Decker (Kiel/Passau) wird den Film einführend erläutern. So 26.


mit Bürgerinitiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen



designing society
Jördis Heinzmann. D 2007. 30 Min.
Vom 20. bis 26.09. 2010 veranstaltet die Bürgerinitiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen in S-H (www.bge-sh.de) die internationale Woche des Grundeinkommens. Unter dem Motto „Teilhabe für alle!“ soll im Europäischen Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenzung über die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens informiert werden, ein Konzept, das inzwischen in den Parteien, in Kirchen und Verbänden, Gewerkschaften, bei Arbeitslosen, Arbeitnehmern und –gebern diskutiert wird. Anschließend an eine einführende Filmdokumentation Podiumsdiskussion mit Vertretern der Bürgerinitiative und verschiedener Parteien. So 26.

weiterhin



Florian Aigner. D 2010. 70 Min. Dokumentarfilm
Vier Paare unterschiedlichen Alters berichten über ihre Beziehungen, die trotz der Verantwortung für gemeinsame Kinder scheiterten. – Der 1975 geborene Florian Aigner, selber Vater zweier Söhne, spürt in seinem Essayfilm der Frage nach, welche Fliehkräfte Menschen auseinandertreiben, und fängt damit sensibel und ohne Partei zu ergreifen ein Stück allgegenwärtigen Alltags ein. Im Mikrokosmos weniger Partnerschaften bildet sich ab, wie in einer modernen Industriegesellschaft Familie, Ehe und Partnerschaft (nicht) funktionieren. Darf man trotzdem optimistisch bleiben? Ein Paar immerhin wird den Neuanfang wagen...
Mi 29.