
Der Newsletter zum Thema Medien in Schleswig-Holstein
herausgegeben von
Filmkultur Schleswig-Holstein e.V.
herausgegeben von
Filmkultur Schleswig-Holstein e.V.
![]() |
![]() Der Newsletter zum Thema Medien in Schleswig-Holstein herausgegeben von Filmkultur Schleswig-Holstein e.V. |
|||||||||
|
||||||||||
Impressum
Letztes Update:
15. Juli 2023 - 13:56 |
47. Nordische Filmtage LübeckSkandinavische Spielfilme auf der Höhe der Zeit Finanzierung des Festivals in NötenAlles schien wie immer, der Laden brummte auf den 47. Nordischen Filmtagen Anfang November in Lübeck. Über 18.000 Besucher an vier Tagen wussten einen besonders starken Jahrgang der skandinavischen Filmproduktion zu würdigen. Einfach unglaublich, was für einen qualitativ und quantitativ hohen Output unsere nördlichen Nachbarn in den letzten Jahren zu Stande bringen. Bewunderungswürdig, besonders wenn man das in Relation zur Bevölkerung und Finanzkraft setzt. Davon kann die deutsche Filmbranche nur träumen.Doch Sorgenfalten gab es schon, und diese betrafen die Finanzierung dieses doch so erfolgreichen Filmfestivals, das sowohl nach Aussagen aller kulturell und politisch Verantwortlichen wie wohl auch des sehfreudigen Publikums ein unverzichtbares Highlight mit großer überregionaler Strahlkraft im jährlichen Kulturprogramm von Schleswig-Holstein darstellt. Der NDR, Hauptsponsor der Nordischen Filmtage der letzten Jahre, hat dem Festival seine direkte finanzielle Unterstützung, die mit 75.000 Euro 15 Prozent des Gesamtetats ausmachte, gestrichen. Die in den Augen der Senderverantwortlichen zu geringe Erhöhung der Rundfunkgebühren liefert die Begründung dafür. Dieses Jahr konnte diese Finanzierungslücke der Nordischen noch durch die Possehl-Stiftung geschlossen werden. Doch für nächstes Jahr bleibt vorerst nur die Hoffnung auf weitere Sponsoren, von denen aber bisher niemand zu entdecken ist, und der Wille zum Sparen bei der Stadt Lübeck und dem Festival-Team.Wie gespart werden soll, wurde bisher von der Lübecker Kultursenatorin Borns nur sehr vage und unbefriedigend beantwortet. Es solle weniger Empfänge geben, meinte sie z.B. Eine nur vordergründig betrachtet wirklich greifende Idee, wenn man bedenkt, dass die großen Empfänge größtenteils bisher von anderen als dem NDR finanziert wurden: Nordische Filminstitute, MSH und die Stadt Lübeck im Konzert mit Radisson Hotel machten bisher diese möglich. Die zweite Idee, man müsse die Zahl der Gäste reduzieren, die überall rein kämen, wirkt eher wie ein Vorschlag von jemandem, der über Filmfestivalpolitik und gängige Öffentlichkeitsarbeit in diesem Bereich wenig Kenntnisse zu haben scheint oder sich Illusionen hingibt. Will man etwa mit hohen Akkreditierungsgebühren oder Kaufkarten das Fachpublikum, von dem die Nordischen Filmtage in nicht geringem Maße profitieren, verschrecken? Da bleibt schon eher die noch unbestimmte Hoffnung von Festival-Leiterin Linde Fröhlich auf weitere Förderer aus der Wirtschaft. Sonst werden höchstwahrscheinlich die Nordischen Filmtage im Programm ganz einfach schrumpfen müssen, was sehr bedauerlich wäre.Dieses Jahr konnte jedenfalls noch einmal aus dem vollem geschöpft werden. 130 Filme aus Skandinavien, dem Baltikum und Schleswig-Holstein boten viel Anlass zu angeregten Diskussionen und ausgezeichnete Kinounterhaltung. Ein herausragendes Thema, welches in vielen Filmen dieses Jahr behandelt wurde, war die Familie mit all ihren Irrungen und Wirrungen. Die schwedischen Filme Harrys Töchter von Richard Hobert und Dalecarlians Liebe ist nicht genug von Maria Blom führen klassische Familienkonflikte vor, bei denen die rettende Aussprache die persönlichen Katastrophen nur zum Teil heilen kann, weil sie zu spät kommt. Die Neurosen einer introvertierten Gesellschaft, in der Verschwiegenheit immer noch eher den Tugenden zugerechnet wird, fordern ihre Opfer.In Homesick (auf den Nordischen mit dem Kirchlichen Filmpreis Interfilm geehrt) vom finnischen Regisseur Petri Kotwica wird der 17-jährige Sami (Julius Lavonen) nach einem Selbstmordversuch in ein Heim der Jugendpsychiatrie eingewiesen. Die Scheidung seiner Eltern und besonders seine Mutter (Tarja Heinula), die damit überhaupt nicht zurechtkommt und somit, wie sich im Laufe der Handlung herausstellt, eher ein Fall für die Psychiatrie ist als ihr Sohn, haben bei Sami zu solch einer seelischen Desorientierung geführt, dass er das Heim der Außenwelt vorzieht und lieber dort bleiben möchte. Mit einer geschickt angelegten, die spannende Dramaturgie unterstützenden Zeitstruktur mit Rück- und Vorblenden, einer überzeugenden Kamera (Harri Räti) und einer spezifischen Farbgestaltung der einzelnen Ebenen gelingt es dem Film, ein schwieriges Thema eindringlich zu beleuchten. Kotwica zeigt eine Gesellschaft, die es erst wieder lernen muss, den einzelnen nicht in Haltlosigkeit und Isolation allein zu lassen. Ohnmacht mündet hier in Inzest und Gewalt, bevor sich eine Lösung andeutet.![]() ![]() ![]() |