Der Newsletter zum Thema Medien in Schleswig-Holstein
herausgegeben von
Filmkultur Schleswig-Holstein e.V.



Impressum
Letztes Update:
15. Juli 2023 - 13:56

20 Jahre ULR: Wienholtz und Schumann zu Medienaufsicht und Schleichwerbung

„Bei der aktuellen Diskussion um eine Reform der Medienaufsicht darf sich der Norden nicht ins medienpolitische Abseits drängen lassen.“ Das forderte am 14. Juni der Vorsitzende des ULR-Medienrats, Ekkehard Wienholtz. Auf dem Sommerlichen Gesprächsabend aus Anlass des 20-jährigen Bestehens der ULR vor mehr als 400 Gästen aus Medien, Politik, Wirtschaft und Verwaltung in Kiel unterzog Wienholtz das zur Zeit auf der Ebene der Landesmedienanstalten diskutierte Modell, nach dem zukünftig drei Kommissionen als zentrale Entscheidungsorgane bei deutschlandweiten Hörfunk- und Fernsehprogrammen für alle Landesmedienanstalten verbindliche Entscheidungen treffen sollen, einer kritischen Prüfung. „Wenn bei den aktuellen Überlegungen eine Kommission für Zulassung, Aufsicht und Medienkonzentration zuständig sein soll, ist nach meiner Auffassung der Aufgabenzuschnitt deutlich zu umfangreich, so dass dort mit kürzeren Verfahren, auf die es ankäme, nicht zu rechnen ist“, so Wienholtz. Nach Auffassung des Medienrats sei daher eine vierte Kommission schon von der Sache her geboten. Hinzu komme, dass die neuen Kommissionen aus den schon bestehenden Gemeinsamen Stellen der Landesmedienanstalten entstehen sollen, die an die großen Landesmedienanstalten in Berlin, Düsseldorf und München angedockt sind. „Hier bedarf es keiner prophetischen Gaben, um vorauszusagen, dass, wenn es dabei bliebe, der Norden medienpolitisch ins Abseits gedrängt würde. Ich weiß die Hamburgische Anstalt für neue Medien und die Landesanstalt für Rundfunk Mecklenburg-Vorpommern auf Seiten der ULR, wenn wir eine vierte Kommission mit Sitz im Norden fordern“, erklärte Wienholtz, nach dessen Einschätzung diese Kommission für Programmaufsicht, Medienwirtschaft und die Entwicklung in der europäischen Medienpolitik zuständig sein sollte. Bei allen Überlegungen zu einer Strukturreform der Medienaufsicht müsse überdies die Mitwirkung der ehrenamtlichen Gremien der Landesmedienanstalten an Entscheidungen gewährleistet sein.
Der Direktor der ULR, Gernot Schumann, setzte sich in seinem Grußwort kritisch mit den aktuellen Enthüllungen über Schleichwerbung in öffentlich-rechtlichen wie privaten Fernsehprogrammen auseinander. „Der öffentlich-rechtliche ’Marienhof’ und die private ’Nutella-Show’ sind nur die Spitze des Eisbergs. Es besteht dringender Handlungsbedarf auf beiden Seiten des dualen Systems“, so Schumann. Die Kritik an der Schleichwerbung lasse sich nicht mit dem Argument zur Seite wischen, dass die Sender in Zeiten knapper Werbeeinnahmen jeden Euro brauchten. „Es geht hier nicht um lässliche Sünden wie einen zu langen Werbeblock oder eine zusätzliche Spielfilmunterbrechung, sondern in doppelter Hinsicht um eine werbliche Todsünde, und zwar um die Vermischung von Werbung und Programm und die Einflussnahme von Werbung auf das Programm,“ so Schumann weiter. Auf die strikte Einhaltung des Trennungsgebots hätten Publikum und Gesellschaft einen Anspruch. Durch Schleichwerbung erleide das Fernsehen einen substanziellen Glaubwürdigkeitsverlust. Schumann erklärte: „Geht diese Entwicklung weiter, werden wir am Ende, wie Harald Schmidt es formuliert hat, nicht fragen, was ein Satz im Fernsehen bedeutet, sondern wer ihn bezahlt hat.“ Dann könne der Rundfunk die ihm vom Grundgesetz zugewiesene Rolle als Medium und Faktor der öffentlichen und privaten Meinungsbildung in der Demokratie nicht mehr effektiv wahrnehmen. Nur wegen seiner Bedeutung für die Demokratie aber genieße der Rundfunk als Einrichtung den Schutz des Grundgesetzes. Die eindeutige Trennung von Werbung und Programm sei die aus der Verfassung abzuleitende Geschäftsgrundlage dafür, dass es im Rundfunk überhaupt Werbung geben dürfe. „Wir brauchen deshalb endlich eine klare und eindeutige Abgrenzung von verbotener Schleichwerbung und erlaubtem Productplacement. Und die entsprechenden Vorschriften müssen von der Veranstalter- auf die Produzentenebene erstreckt werden, weil in vielen Fällen dort die schwarzen Schafe sitzen“, forderte Schumann.
(nach einer Pressemitteilung der ULR)
zurück zum Inhalt