Der Newsletter zum Thema Medien in Schleswig-Holstein
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Filmkultur Schleswig-Holstein e.V.



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Letztes Update:
15. Juli 2023 - 13:56

Highlights im KoKi Kiel

Das Kieler KoKi zeigt im April und Mai u.a.:

Film des Monats

Der Häuserfilm
Filmgruppe Chaos. BRD 1984. 168 Min.
Heute erinnern nur noch zwei Jugendstil-Sphingen über einem Nebeneingang zum Kieler Sophienhof daran, dass hier bis in die 80er-Jahre hinein ein prächtiges Ensemble nur teilweise zerstörter Altbauten stand. Im Zuge der städtebaulichen Maßnahmen entwickelte sich hier eine vitale Hausbesetzerszene. Die Filmgruppe Chaos näherte sich diesem Phänomen mit Super8-Kamera. Was als Kurzflilm geplant war, verselbstständigte sich. Einige der Filmer zogen in die besetzten Häuser ein, richteten sich einen Arbeitsraum ein und eröffneten ein Super8-Kino. Das Material wuchs unablässig, und erst die Räumung der Häuser ermöglichte die Fertigstellung des mehr als zweieinhalbstündigen Dokumentarfilms. Nach zahllosen Vorführungen verschwand dieses Werk in den Schubladen der Filmemacher. Das im Laufe der Jahre stark beschädigte zeithistorische Dokument wurde restauriert, jetzt, im neuen Glanz, ist es nicht länger ein Werk nur für Hartgesottene. Es führt uns zurück in eine aufregende Zeit, in der es in Kiels Zentrum noch wunderschöne historische Gebäude gab, vor dessen Fassaden die Barrikaden der Besetzer brannten.
Sa, 3.5., So, 4.5., Sa, 17.5., 15.30 Uhr
Neu in Kiel
Caramel
Nadine Labaki. Libanon/F 2007. 96 Min. dt. Fass. Mit Nadine Labaki
Fünf Frauen treffen sich regelmäßig in einem Beiruter Schönheitssalon, um sich über ihr Leben und die Liebe auszutauschen. Zwischen Haarschnitten und Kosmetikbehandlungen vertrauen sie sich ihre verborgensten Wünsche und tiefsten Geheimnisse an. Layale (gespielt von Regisseurin Nadine Labaki) liebt einen verheirateten Mann und bemerkt gar nicht, dass sie einen Verehrer hat, der alles für sie tun würde. Nisrine wird demnächst heiraten, aber sie ist schon lange keine Jungfrau mehr. Rima verliebt sich in eine Kundin des Schönheitssalons und Jamale hat furchtbare Angst vor dem Älterwerden. Die Schneiderin Rose lebt nur für ihre kranke Schwester, doch mit dem Gentleman Charles tritt zum ersten Mal die Liebe in ihr Leben. Hin und hergerissen zwischen der Tradition des Ostens und der Moderne des Westens, zwischen dem fast dörflichen Mikrokosmos ihres Stadtteils und der quirligen Großstadt versuchen die fünf Frauen auf ihre Weise ihr Lebensglück zu verwirklichen. Caramel ist eine sinnliche Reise durch den Orient und ein wundervoll anrührendes Leinwandmärchen über wider alle Kulturklischees starke, selbstbewusste Frauen und über die kulturübergreifend essentiellen Dinge des Lebens: Liebe, Freundschaft und Verantwortung. Der Film feierte seine Weltpremiere im Rahmen der Quinzaine des Réalisateurs in Cannes und avancierte dort sofort zu einem der großen Publikumslieblinge. Ausgezeichnet mit dem Publikumspreis auf dem Filmfestival in San Sebastian.
Noch bis Mi, 23.4.
Sieben Mulden und eine Leiche
Thomas Haemmerli. Schweiz 2007. 84 Min. Mit Thomas und Erik Haemmerli
An seinem 40. Geburtstag erfährt der Schweizer TV- und Zeitungsjournalist Thomas Haemmerli vom Tod seiner Mutter Bruna, geb. Brünhilde Hortense Meurer von Infeld. Dem ersten Schock folgt der zweite, als Thomas und sein Bruder Erik die Wohnung der alten Dame betreten: Die Wohnung ist komplett vermüllt, Berge von Krempel und Papieren, Büchern und Gerätschaften, aber auch wichtigen (bis ins 17. Jahrhundert zurückreichenden) Dokumenten, Fotos, Filmen und sonstigen Hinterlassenschaften machen die Zimmer kaum betretbar. Was folgt, ist eine der furiosesten Aufräumaktionen in der Geschichte des Familienfilms. Einen Monat lang räumen die Brüder den Nachlass ihrer Mutter auf (wozu sie sieben Mulden = Container benötigen) und legen unter all dem Müll ihre eigene Familiengeschichte frei. Aus alten Super-8-Aufnahmen entsteht eine kuriose Familiensaga, in der Baronessen und Grafen, Schürzenjäger und Festnudeln sowie der junge Kofi Annan eine Rolle spielen. Schonungsloser als sie es sich vielleicht gewünscht hätte, erzählt Haemmerli die Lebensgeschichte seiner Mutter und beantwortet damit die Frage, was die Eltern den Kindern, vor allem wenn sie Filmemacher sind, hinterlassen sollten, auf eine sehr humorvolle und ironische Weise – nämlich besser nichts. „Der Film ist pietätfrei, schamlos und indiskret. Politisch korrekt sind die Haemmerlis höchstens aus Versehen. Es ist ein böser, manchmal rasend komischer Film.“ (3sat) – am 20. April zu Gast: Thomas Haemmerli.
Do, 17.4. - Mi, 23.4.
Tanz mit der Zeit
Trevor Peters. D 2007. Kamera Niels Bolbrinker. 103 Min.
Die Karrieren im klassischen Ballett enden früh, spätestens Mitte 30. Doch vier ehemalige professionelle Tänzerinnen und Tänzer, die mittlerweile alle auf die 80 zustreben, haben die Aufforderung der Choreographin Heike Hennig zu einem erneuten Tanz angenommen und sind 2005 auf die Bühne Leipzig zurückgekehrt, wo sie einst führende Mitglieder des Ensembles waren. Sie tanzen ihre Lebensgeschichten, die der Film abseits der Bühne nachzeichnet und sie uns als lebhafte Persönlichkeiten näher bringt. „Die Zuschauer werden mit der Körperlichkeit von älteren Menschen auf eine Weise konfrontiert, die für die meisten völlig überraschend sein wird. Die Bilder, die wir im Film sehen, laufen unserer gewöhnlichen Vorstellung von „alt“ als zunehmender Einschränkung und Zerbrechlichkeit entgegen. Nichts an Ursula, Christa, Siegfried und Horst ist alt, außer ihr Alter.“ (Volker Koepp)
Do, 24.4. - Di, 29.4.
Der Fliegende Händler
Eric Guirado. F 2007. dt. Fass. 96 Min. Mit Nicolas Cazalé, Clotilde Hesme
Antoines Vater liegt nach einem Herzinfarkt im Krankenhaus. Sein rollender Tante-Emma-Laden, die einzige Einkaufsmöglichkeit in den abgelegenen Dörfern der Umgebung, wird schmerzlich vermisst. Auf Bitten seiner Mutter und aus Geldnot kehrt Antoine widerwillig nach Hause zurück und übernimmt das Steuer. Begleitet wird er von seiner besten Freundin Claire, die schnell Gefallen an der wunderbaren Umgebung und dem ländlichen Leben findet. Ihrem Charme und ihrer kindlichen Freude an der Natur erliegen nicht nur die kauzigen Dorfbewohner und die eigensinnigen Kunden des Vaters. Auch Antoine findet durch sie das Land seiner Kindheit wieder und in Claire vielleicht auch die Liebe ... „Der Anblick einer noch ursprünglichen hügeligen südfranzösischen Landschaft, die Fahrt über einsame schmale Bergstraßen, der Verkaufsstopp in verlassenen, in ihrer Idylle aber unübertroffenen Dörfern rufen unweigerlich gewisse Urlaubsgefühle wach. Trotzdem beschönigt Regisseur Eric Guirado dieses Landleben nicht, sondern thematisiert das Thema Landflucht ebenso wie er von den Veränderungen spricht, die sich durch den Wandel der Zeit und ergeben. Insbesondere mit seinem Blick auf seine eigenwilligen ländlichen Charakterköpfe – ob unter den oft bereits sehr senilen Kunden oder in der zersplitterten Familie des Kolonialwarenhändlers – gelingt es der Komödie, einen ehrlichen, vor allem aber treffenden Blick auf das Leben im provinziellen Frankreich zu werfen.“ (programmkino.de)
Do, 24.4. - Mi, 14.5.
Chaos
Youssef Chahine und Khaled Youssef. F/Ägypten 2007. 122 Min. OmU. Mit Khaled Saleh, Mena Shalaby, Youssef El Sherif, Hala Sedky, Hala Fakher
Choubra ist ein Stadtteil von Kairo, ein quirliger Mikrokosmos im endlosen Gewimmel der ägyptischen Millionenstadt. Hier herrscht Polizeioffizier Hatem wie ein Diktator. „Wer mich liebt, liebt Ägypten“ ist sein Motto. Er drangsaliert seine Untergebenen, verhindert die Freilassung von Demonstranten und empfängt in der Mittagspause Bittsteller, von denen er Bestechungsgelder kassiert. Wenn er ungehalten ist, reagiert er sich ein bisschen in der Folterkammer des Polizeihauptquartiers ab. Hatem ist die Personifikation des banalen Bösen: ein Monstrum – lächerlich und grausam zugleich, unendlich dumm und gleichzeitig ein schlauer Hund. Keine Frage, dass die schöne Nour niemals auf sein Werben eingehen wird. Denn die selbstbewusste Lehrerin Nour liebt Sherif, den gut aussehenden Sohn der Schuldirektorin, der als Staatsanwalt tapfer gegen die Korruption ankämpft. Sherif seinerseits ist der tätowierten, Haschisch rauchenden Schlampe Sylvia verfallen ... Youssef Chahine, der 81-jährige Altmeister des ägyptischen Kinos, hat seine Kritik am ägyptischen Staat in eine Mischung aus grellem Melodram und Slapstick-Komödie verpackt. Bewusst setzt er auf kantige psychologische Profile seiner Figuren. Nur scheinbar aber ist dieses Prinzip (das man z.B. auch dem Bestsellerroman „Der Jakubjân-Bau“ vorwarf) Ausweis einer TV-Soap-artigen Ästhetik. Es geht darum, einen Querschnitt durch eine in sich zerrissene Gesellschaft zu legen, der klare Fronten sucht und Positionen verdeutlichen will: korrupte Polizei, gleichgültige Parteien, Islamisten und eine dekadente „jeunesse dorée“ hier, emanzipierte Frauen, Studenten, die aufgeklärte Justiz und die hart arbeitenden kleinen Leute dort. Dieses Ensemble führen Chahine und sein Co-Regisseur Youssef in einen mitunter ruppig-burlesken Reigen. Immer wieder gibt es aber auch kleine „dokumentarische“ Momente, in denen man das Leben in den Straßen ahnt, in denen man spürt, dass sich endlose ähnliche Geschichten hinter den Fassaden fortsetzen. Besonders die Demonstrationen zu Beginn und Ende von „Chaos“ scheinen aus einem anderen Film zu stammen. Es sind diese Unebenheiten und Richtungswechsel, die den Reiz von „Chaos“ ausmachen: das mutige politische Anliegen hinter der platten Romanze, die für westliche Sehgewohnheiten ungewohnte Nähe von Drama und Komödie, und der kleine böse Clown im Zentrum des Films.
Do, 8.5. - Di, 13.5.
Camilo – Der lange Weg zum Ungehorsam
Peter Lilienthal. D 2006.
Erzählt wird vom amerikanischen Kriegsdienstverweigerer Camilo Mejia, der nach sechsmonatigem Einsatz im Irakkrieg bei einem zweiwöchigen Heimaturlaub die US-Armee verließ. Ein weiterer Hauptakteur in diesem Film ist der Mexikaner Fernando Suarez, der seinen 19-jährigen Sohn in eben diesem Krieg durch eine US-Mine verlor. Thematisiert wird nicht nur die „Legitimität“ des Krieges der US-Armee im Irak, sondern Peter Lilienthal fragt weiter: Wer sind die Opfer der Kriege? Warum lassen Väter ihre Söhne in den Krieg ziehen? Was bewegt junge Menschen dazu, in die US Armee einzutreten? Hierbei werden auch die Rekrutierungsmethoden der US-Armee in Frage gestellt und die Ausbeutung der ahnungslosen Hispanos gezeigt, die in den USA auf ein besseres Leben hoffen und am willkommensten sind als Soldaten. Wie die Protagonisten. Deren Verwandlung zu aktiven Kriegsgegnern kann ihre Schuldgefühle nicht verdecken. So ist einer der stärksten Momente im Film, als Camilo von seinem inneren Konflikt zwischen seiner Entscheidung zum Pazifismus und den nach über sieben Jahren Dienst in der Armee immer noch vorherrschenden Hang zur Gewalt erzählt.
Do, 15.5. - Fr, 16.5.
Jellyfish
Shira Geffen und Etgar Keret. Israel/F 2007. 78 Min. OmU. Mit Sarah Adler, Naama Nissim, Ma-Nenita De Latorre, Zharira Charifai, Gera Sandler, Ifanit Ben Ya’akov, Nikol Feidman
Menschen auf der Suche nach (innerer) Rettung, davon handelt der israelische Spielfilm des Künstlerpaares Shira Geffen und Etgar Keret. In ihrer 2007 in Cannes mit der Goldenen Kamera für den besten Debütfilm ausgezeichneten Umsetzung dreier Kurzgeschichten folgen sie drei Frauen in ihrem manchmal tragikomischen Alltag durch ein modernes Tel Aviv: Keren bricht sich auf ihrer Hochzeitsfeier ein Bein und verbringt die Flitterwochen statt in der Karibik in verschiedenen Hotelzimmern der Heimatstadt, wo sie auf eine schöne und geheimnisvolle Dichterin trifft. Batya findet am Strand ein merkwürdiges Mädchen, das aus dem Meer zu kommen scheint und Kindheitserinnerungen erweckt. Die Philippinin Joy arbeitet als Pflegerin, um sich die Rückkehr in ihre Heimat zu finanzieren. Unbeabsichtigt führt sie bei einer alten Dame eine Versöhnung mit ihrer exzentrischen Tochter herbei. „Diese drei lediglich locker miteinander verknüpften Episoden über so unterschiedliche Frauen, die alle in einer sogartigen Melancholie dahintreiben, zeichnen sich vor allem durch ihre durchlässigen Dimensionen zwischen Traum, Imagination und Realität aus, die eine schwer fassbare Welt konstruieren, deren komplexe Zwielichtigkeit auf schlichte, starke Bilder trifft, was dem Film eine symbolträchtige Atmosphäre verleiht.“ (kino-zeit.de)
Do, 15.5. - Mi, 21.5.
Bird’s Nest. Herzog & De Meuron in China
Christoph Schaub, Michael Schindhelm. CH 2008. 88 Min. OmU
China besitzt seit der Reichsgründung eine machtbesetzte Baukultur, die uns ob ihrer jeden Maßstab sprengenden Dimensionen und der bewegten menschlichen, künstlerischen und materiellen Ressourcen erschauern lässt: Man denke an die Große Mauer (ab 214 v. Chr.) und das von der Terrakottaarmee bewachte Mausoleum (um 210 v. Chr.) Kaiser Qins, man denke an das Staudammprojekt am Yangste-Fluss oder die rasend schnell wachsenden Metropolen. Das Jahr 2008 ist dabei eine historische Marke, zu den Olympischen Spielen soll die Welt Chinas neueste architektonische Großleistungen bestaunen – und sie wird es tun! An diesem Schaukampf sind alle renommierten Architekturbüros beteiligt, so auch die Basler Stararchitekten Herzog & de Meuron (u.a. Tate Modern London; Allianz Arena Fußball-Stadion München; De Young Museum San Francisco): In Peking errichten sie das bizarr verästelte National Stadium. Zeitgleich verfolgen die beiden Architekten auch ein Projekt in der chinesischen Provinz, wo sie einen ganzen Stadtteil für 300.000 Menschen in der 3-Millionen-Stadt Jinhua bauen – eine Aufgabe, die sich nach den alltäglichen Bedürfnissen der chinesischen Bevölkerung ausrichtet. Christoph Schaubs und Michael Schindhelms Dokumentarfilm beobachtet, wie die chinesische Kultur die Bautätigkeit der Architekten prägt: Die spezifische architektonische Form und das Ringen darum erzählen über die Gesellschaft, die Kultur, das Alltagsleben. So ist der Film Zeuge des Erfolgs wie des Misserfolgs: Nicht alle ihre Vorstellungen können die Architekten realisieren. Von beiden Seiten her wird das Ausmaß der Fremdheit sowie die Anstrengung zu deren Überwindung erzählt.
Sa, 17.5. - Mi, 21.5.
Jesus Christus Erlöser
Peter Geyer. D 2008. 84 Min.
Berlin, Deutschlandhalle, 20. November 1971. Auf einer leeren Bühne, einsam im Kegel der Scheinwerfer, tritt Kinski auf. Schulterlanges Haar, einfache Jeans, ein Hemd mit Blumen- und Punktmustern. Er rezitiert seinen eigenen Text „Jesus Christus Erlöser“ und realisiert damit ein Projekt, mit dem er sich schon über zehn Jahre beschäftigt. Es ist die Zeit der Hippiebewegung, und in Andrew Lloyd Webbers Musical „Jesus Christ Superstar“ wird Jesus gerade zu Popikone erhoben. Doch der Jesus von Klaus Kinski ist kein Hippie-Happening. Es soll eine hochemotionale, ganz auf die Stimme des Schauspielers reduzierte Erzählung werden – ihr Inhalt die laut Kinski „erregendste Geschichte der Menschheit“: Das Leben von Jesus Christus als einem der „furchtlosesten, freiesten, modernsten aller Menschen, der sich lieber massakrieren lässt, als lebendig mit den anderen zu verfaulen. Der Mann, der so wie wir alle sein will. Du und Ich.“ Der Auftritt in der Berliner Deutschlandhalle sollte der Auftakt zu einer geplanten weltweiten Tournee sein. Aber er geriet schnell zu einem kuriosen Debakel: Als Kinski auftritt, mit leiser, intensiver Stimme den in Steckbriefform („Gesucht wird Jesus Christus“) verfassten Textbeginn rezitiert, dauert es gerade mal fünf Minuten, bis die ersten Zwischenrufe kommen. Kinski reagiert und pöbelt zurück, schnell hat sich das Publikum auf den Schauspieler eingeschossen. Zuhören will hier kaum jemand; heute diskutiert man, betritt selbstbewusst die Bühne und fordert Mitspracherecht. Kinski steht einem Publikum gegenüber, das mit dem Muff von tausend Jahren auch die Integrität des Künstlers abgeschafft hat – eines Künstlers überdies, den die meisten der Aufbegehrenden lediglich als Bösewicht aus Edgar-Wallace-Filmen kennen und von dessen großartiger Karriere als Theaterschauspieler und Rezitator sie nichts ahnen. So ist dieses Protokoll einer immer wieder abgebrochenen und immer wieder neu begonnenen Rezitation nur oberflächlich lustig, wenn Kinski wütet: „Das ist ja wie vor 2000 Jahren. Dieses Gesindel ist noch beschissener als die Pharisäer. Die haben Jesus wenigstens ausreden lassen, bevor sie ihn angenagelt haben.“ Dahinter offenbart sich ein Abgrund der Ignoranz. – Peter Geyer, Verwalter des Kinski-Nachlasses, hat aus allen ihm zugänglichen Bild- und Tonmaterialien dieses faszinierende Stück Zeitgeschichte rekonstruiert. In endloser Puzzlearbeit ist es ihm gelungen, den Ablauf des Abends akustisch lückenlos wieder herzustellten und dem Text die aus diversen Perspektiven aufgenommenen Filmclips zuzuordnen. Und anders als die meisten der 5000 Zuhörer kann das Kinopublikum das Ende des Abends erleben. Deswegen: Nach dem Beginn des Abspanns unbedingt sitzen bleiben – es kommt noch was!
Do, 22.5. - So, 25.5. 
I’m a Cyborg But That’s OK
Park Chan-wook. 105 Min. OmU. Mit Lim Su-jeong, Rain, Oh Da-su, Lee Yong-nyeo, Choi Hie-jin
Ein psychiatrische Klinik, quietschbunt, irgendwie fröhlich, ein Paralleluniversum, das von allerlei urigen Figuren bevölkert ist. Hier haben sich zwei Seelen gefunden, wie sie auf den ersten Blick unterschiedlicher nicht sein könnten. Während Il-sun, ein junger Mann, davon überzeugt ist, er könne den anderen Patienten bestimmte Charaktereigenschaften abspenstig machen, glaubt Young-goon, sie sei ein Cyborg, ein Roboter. Da sie ihr Essen verweigert und es bevorzugt, an Batterien zu lutschen, droht sie immer weiter abzumagern. Il-sun will dem nicht tatenlos zusehen. Er fühlt sich zu ihr hingezogen und versucht alles, damit Young-goon endlich wieder isst. Er ist sogar bereit, Young-goon bei der Planung einer gewaltigen Racheaktion zu helfen. In ihrer Fantasie malt sie sich bereits aus, wie es wäre, wenn sie alle Ärzte und das gesamte Pflegepersonal töten würde. Doch noch hält ihr Mitgefühl sie vor der Umsetzung dieser Tat ab. Wie praktisch wäre es in dieser Situation, wenn Il-sun ihr das hinderliche Mitgefühl einfach „wegnehmen“ würde? – Rache war das Thema von Parks letzten drei Filmen („Sympathy for Mr. Vengeance“, „Oldboy“, „Lady Vengeance“), um Rache geht es auch hier. Gleichwohl ist „I’m a Cyborg“ meilenweit von den düsteren, bizarr-grausamen Vorgängern entfernt. Geblieben ist Parks unvergleichliches Gespür für Stil und Optik, das seine ungewöhnliche Lovestory durchzieht. Von der Einleitung und der Einführung in Young-goons Schicksal über die Bebilderung ihrer Cyborg-Fantasien bis hin zum ruhigen, märchenhaften Finale, der Film erfindet sich und seine Verpackung immer wieder aufs Neue. Park bombardiert den Zuschauer aber nicht nur mit visuellen Spielereien und abgedrehten Ideen, zu denen jodelbesessene Asiaten und blinkende Zehennägel gehören, vor allem erzählt er eine ergreifende Geschichte von der häufig schwierigen Suche nach Identität und Individualität.
Do, 22.5. - Mi, 28.5. 
Mein Bruder ist ein Einzelkind
Daniele Luchetti. I/F 2007. 100 Min. Mit Elio Germano, Riccardo Scamarcio, Diane Fleri, Alba Rohrwacher, Angela Finocchiaro, Massimo Popolizio, Vittorio Emanuele Propizio
Latina, ein kleines, 1932 von Mussolini gegründetes Provinzstädtchen, ist bereits Anfang der 60er Jahre vom Verfall bedroht, und die von der Stadtverwaltung versprochenen Neubauten lassen auf sich warten. Doch die Familie Benassi, die in einer der Bruchbuden wohnt, hat ganz andere Probleme. Immer wieder macht der jüngste Sohn Accio seinen Eltern Kummer. Nachdem er aus der Priesterschule geworfen wurde und zuhause auftaucht, entzweit er sich mit seinem kommunistischen Bruder. Jahre später stehen sich die Brüder so immer wieder bei Demonstrationen gegenüber. Während Arbeiter Manrico seine Kollegen aufwiegelt und zum Streik und der Zerstörung des Kapitals aufruft, skandiert der intelligente Accio vor den Werkstoren die „Duce“-Rufe. Zusätzliche Spannung bringt Francesca, Manricos neue Freundin, in die Beziehung. Accio liebt es, sich mit der Kommunistin in endlosen politischen Streitgesprächen zu fetzen, würde sie aber gerne noch mehr lieben. Jahre ziehen ins Land, man verliert sich immer wieder aus den Augen und trifft sich wieder. Und während Accio immer mehr die Fehlgeleitetheit seiner politischen „Freunde“ erkennt, wird Bruder Manrico in seiner politischen Anschauung zunehmend radikaler. – „Mein Bruder ist ein Einzelkind“ spannt einen großen Bogen mit in dörflicher Umgebung beginnender Italien-Nostalgie bis hin in kämpferisch und politisch betonte Zeiten, wie sie in den 70ern auch das Bild in Deutschland und Frankreich prägten. Eine Zeit, die auch musikalisch im Soundtrack berücksichtigt wurde. Daniele Luchettis weit ausgreifende Familiensaga wurde in seiner Heimat mit fünf Donatellos – den italienischen Oscars – gekürt.
Ab Do, 29.5.

FilmArchitektur – mit Architekten- und Ingenieurkammer SH und Muthesius Kunsthochschule

Kabale und Liebe
Leander Haußmann. D/A 2005. 110 Min. Mit August Diehl, Götz George
Die Handlung ist bekannt (wer hat sie nicht in Reclams Heftchen gelesen): Ferdinand von Walter verliebt sich über Standesgrenzen hinweg in die Tochter des bürgerlichen Geigenbauers Miller und erregt damit den Unwillen seines Vaters, des mächtigen Präsidenten. Der lässt eine Intrige einfädeln… Diese im Schiller-Jahr 2005 vom ZDF in Auftrag gegebene Verfilmung des späten Sturm-und-Drang-Dramas – der zehnten insgesamt seit frühesten Stummfilmtagen – ist ein filmisches Kleinod: Mit ihrer hervorragenden Besetzung, in der Leichtigkeit im Umgang mit dem Text und nicht zuletzt in der ausgezeichneten Ausstattung, die der deutsche Filmarchitekt Prof. Lothar Holler besorgte, weist sie weit über herkömmliche Fernsehstandards hinaus. Holler, vielleicht am bekanntesten durch den Bau der „Sonnenallee“, die er 1998 für den gleichnamigen Film in Babelsberg errichtete und die seitdem als so genannte „Berliner Straße“ in vielen deutschen und internationalen Großproduktionen verwendet wird (z.B. Der Pianist, Rosenstraße, Walküre), fand seine Motive durchweg an Originalschauplätzen in Niederösterreich und Tschechien; durch seine sensible Orchestrierung der vorgefundenen Räume mit Archivregalen, Paravents und Stilmöbel verleiht er dem Film einen aufregenden Look, der historische und bühnenhaft-stilisierte Tonarten zusammenführt. – Lothar Holler ist zu Gast und wird nach einer kurzen Einführung und der Filmvorstellung mit dem Publikum über seine Arbeit sprechen.
Mo, 28.4., 20.30 Uhr

Cinarchea 2008 – 8. Internationales Archäologie-Film-Festival

Babel und Babylon. Biblische und antike Stoffe im frühen Historienfilm
Antike und biblische Stoffe waren in den ersten Tagen des neuen Mediums in allen filmproduzierenden Ländern beliebt. Einerseits war das Publikum über nationale Grenzen hinweg mit den Stoffen vertraut, andererseits eigneten sich die Inhalte und deren literarische Erzählweise hervorragend für eine spektakuläre, den Zuschauer in ihre Bann ziehende Visualisierung. Freilich mussten die Erzählungen und Mythen für die frühesten Filmproduktionen extrem verkürzt werden, so dass nur die dramatischen Höhepunkte für die Filmversion ausgewählt wurden. Aus der großen Masse an frühesten Historienfilmen (von denen allerdings kaum noch Kopien existieren), ist im Rahmen der Cinarchea 2008 ein Programm altorientalischer und alttestamentarischer Motive und Sujets zusammengestellt worden; wir zeigen u.a.: Samson et Dalila (1902 und 1908), Daniel dans la fosse aux lions (1905), Le festin de Balthasar (1905 und 1910), La reine de Saba (1913) und La regina di Ninive (1911). – Thematisch etwas anders ausgerichtet ist das Programm 101 Years ago – A Show a bit too naughty: eine Kompilation früher erotischer Filme aus den Jahren zwischen 1906 bis 1911. Die Filmprogramme werden musikalisch live Begleitet von Dr. Werner Loll (Klavier) und Uwe Schümann (Violine), durch das Programm führt Festivalleiter Dr. Kurt Denzer.
So, 27.4., 18.30 Uhr

Premieren mit Gästen

dezember
Tobias Rahm. D 2007. 30 Min. Mit Martin Ramm, Sandra Ancona. Musik Nikolaus Herdieckerhof
Inspiriert von Anthony de Mellos „Der rote Faden“ erzählt dezember vordergründig die Geschichte eines Fotografen auf der Suche nach dem perfekten Bild. In seinem Haus hält er eine junge Frau gefangen, die sich ihm ebenso verschließt wie das angestrebte Motiv. In langen Einstellungen, streng kadrierten Bildern enger Wohnräume und weiter nordischer Landschaft illlustriert Rahm den „unbändigen Wunschgedanken an eine traumhafte Realität und das Erwachen aus diesem Traum.“ Vorher laufen zwei weitere Kurzfilme von Tobias Rahm.
Sa, 19.4., 19 Uhr

Mit CAU und Muthesius Kunsthochschule – Filmgeschichte Teil II

M – Eine Stadt sucht einen Mörder
Fritz Lang. D 1931. 117 Min. Mit Peter Lorre, Gustaf Gründgens
Ein Kindermörder geht um, die Polizei und die Untergrundorganisation „Ringverein“ machen unabhängig voneinander Jagd auf ihn, damit wieder Ruhe in der Stadt einkehre. – Das ist die Krankheit der modernen Großstadt: In den Schlupflöchern der Anonymität gedeiht der Psychopath, vielleicht direkt in der Wohnung nebenan. Im Kräftechaos der Weimarer Republik wird der Ruf nach einem starken Arm laut, den Gustaf Gründgens – drei Jahre vor der Machergreifung durch die Nationalsozialisten – eindrucksvoll und schauerlich vorzeigt. Fritz Lang: „Die Idee, daß die Verbrecherwelt, daß Berlins Unterwelt sich auf eigene Faust auf die Suche nach dem unbekannten Mörder begibt, um dadurch die gesteigerte Tätigkeit der Polizei loszuwerden, entstammt dem Tatsachenbereich einer Zeitung und mutete mich als Motiv stofflich und filmisch so stark an, daß ich ständig in der Angst schwebte, ein anderer könnte mir die Auswertung dieser Idee wegnehmen“ (Filmwoche, 1931). – Einführung: Prof. Dr. Schmitz, Prof. Dr. Wulff.
Mo, 21.4., 20.30 Uhr
Avantgarde-Programm
Filmauswahl mit Kurzfilm aus den 20er Jahren, unter anderem von Walter Ruttmann und Hans Richter. Einführung: Prof. Schmitz (Muthesius) und Prof. Wulff (CAU)
Mo, 5.5., 18.30 Uhr
Früher Dokumentarfilm: Grierson-Schule 
Filmprogramm mit Dokumentarfilmen aus dem Umkreis der britischen Produktionsgruppe Crown Film Unit, die der Politiker und Filmbeauftragte John Grierson initiierte. Mit im Programm Night Mail von Basil Wright. Einführung: Prof. Schmitz (Muthesius) und Prof. Wulff (CAU)
Mo, 26.5., 20.30 Uhr
Ein Amerikaner in Paris
Vincente Minelli. USA 1951. 114 Min. Mit Gene Kelly, Leslie Caron
Minellis Bearbeitung von Gershwins gleichnamiger Orchester-Suite gilt als überragendes Beispiel für das US-amerikanische Filmmusical. Für Ausstattung, Kostüme, Musik, Kamera und Drehbuch gab’s Oscars. – Mit Einführung durch Prof. Schmitz (Muthesius) und Prof. Wulff (CAU)
Mo, 19.5., 20.30 Uhr

Mit der Kulturellen Filmförderung Schleswig-Holstein

Du bist mein Afrika. Eine schwarz-weiße Liebesgeschichte
Helmut Schulzeck. D 2007. 79 Min.
Die Dokumentation einer sehr persönlichen Geschichte: Im Dezember 2003 traf Filmemacher Helmut Schulzeck in Kapstadt die Kenianerin Wangechi Njenga, seine zukünftige Frau. Sie heiraten und reisten 2006 zu Wagechis Familie, die von diesem Schritt noch nicht weiß… Im Umfeld der Familienzusammenführung schildert der Film intime Eindrücke von einem kenianischen Familienleben auf dem Lande und – nicht zuletzt – von kenianischen Vorurteilen gegenüber Europäern. Denn Helmut gilt den Menschen hier als reicher Weißer ...
Mi, 30.4. + Do, 1.5., 18.30 Uhr

Mit Verein Mahnmal Kilian e.V. – zur Ausstellung Bunker – Bomben – Menschen

Film und Gespräch: Flanderbunker
Zoran Simic. D 2007. 30 Min.
Der Verein Mahnmal Kilian e.V. wurde 1995 mit dem Ziel gegründet, sich für den Erhalt der Ruine des U-Bootbunkers „Kilian“ als Mahnmal, Gedenkstätte und Kriegsgrab einzusetzen. Da der U-Bootbunker „Kilian“ aus wirtschaftlichen Interessen abgerissen wurde, erwarb der Verein den Flandernbunker am Hindenburgufer, um diese Kriegsruine als Ort der Bildung und Völkerverständigung zu etablieren. Seit 2001 wird der Flandernbunker als Begegnungs-, Informationsstätte und Tagungszentrum genutzt und ausgebaut. Ein Schwerpunkt sind Führungen mit Zeitzeugen, die die Lebensumstände während des Zweiten Weltkriegs durch persönliche Berichte fassbar machen. Der in Kiel lebende Filmemacher Zoran Simic hat einen Film über den Verein Mahnmal Kilian e.V. und den Flandernbunker gedreht. Der Film zeigt die Geschichte und die Projekte des Vereins und macht Angaben über den Flandernbunker. Unter anderem kommen in dem Film Zeitzeugen zu Wort, die in den restaurierten Räumen ihre Erinnerungen an die Bombennächte vor 60 Jahren schildern. – Im Anschluss an den Film findet ein Gespräch mit Regisseur Z. Simic, Jens Rönnau, Steffi Brix und Walter Westphal (Verein Kilian) und den Zeitzeugen Hans Krohn, Emma Ewert und Karen Krämer statt.
So, 18.5., 15 Uhr

Mit der Kamera in Tibet

Himalaya – Die Kindheit eines Karawanenführers
Eric Valli. F/Nepal/CH/GB 1999. 108 Min. OmU
In bestechenden Cinemascope-Bildern erzählt der Film, wie die soziale Ordnung eines Bergdorfs im Himalaya erschüttert wird, als sich der Clan-Chef nach dem Tod seines Sohns weigert, eine Karawane dem Fähigsten der Jungmänner anzuvertrauen.
Mo, 12.5. - Mi, 14.5.
Die Reinkarnation des Khensur Rinpoche
Tenzing Sonam, Ritu Sarin. GB 1992. 62 Min.
Tief ins Herz der buddhistischen Religion führt dieser Dokumentarfilm über einen tibetanischen Jungen, der von buddhistischen Mönchen als die Reinkarnation des hochverehrten Lama Khensur Rinpoche erkannt und fern seiner Familie auf seine Rolle vorbereitet wird. Der Film erklärt und hinterfragt nicht, sondern zeigt uns die Rituale, die Handlungen, die Symbole: Manifestationen eines tiefempfundenen Glaubens.
Mo, 26.5. - Mi, 28.5.
Die roten Drachen und das Dach der Welt
Marco Keller, Ronny Pfreundschuh. D 2007/2008. 80 Min.
Ein Mädchen tanzt, dass die langen Flechtzöpfe fliegen, Gläubige vollziehen rituelle Niederwerfungen, ein ins Gebet versunkener Mönch sitzt im Menschgewusel, die aufgehende Sonne taucht goldene Dächer in zartes Licht – Klischees vom „Dach der Welt“. All diese Bilder zeigt der Film. Aber er zeigt auch Facetten aus dem tibetischen Alltag. Und der ist – spätestens seit den jüngsten Unruhen nimmt die Welt es zur Kenntnis – weniger bunt und erhebend als die mystifizierenden Vorstellungen des Westens. Drei Monate lang waren im Herbst 2004 die Filmemacher unterwegs, im klapprigen Geländewagen von Nord nach Süd, von Golmud in der chinesischen Provinz Qinghai hinein ins so genannte autonome Gebiet Tibet mit der Hauptstadt Lhasa und über den Himalaya nach Nepal. Mit kleiner Kamera und ohne offizielle Drehgenehmigung dokumentieren sie den Alltag in Hunderten von Details: Arbeit und Spiritualität, Essen und Wohnen, eine grandiose Natur. Und lassen die Menschen erzählen, auch von Zwangssterilisation und systematischer Ausrottung der tibetischen Sprache. Eine hochaktuelle Dokumentation des tibetischen Dilemmas zwischen Tradition und chinesischer Moderne. „Ein ruhiger, klug geschnittener Film, der Emotionen weckt, sie aber nicht schürt und auch Chinesen zu Wort kommen lässt.“
Fr, 2.5. - Mi, 7.5. Am 6.5. Gespräch mit Manuel Raschke und Holger Schmidt von Amnesty International

Psychoanalyse und Film

Code Inconnu
Michael Haneke. F 2000. 116 Min. Mit Juliette Binoche, Thierry Neuvic, Josef Bierbichler
Eine junge Frau begegnet auf einem belebten Pariser Boulevard einem Bekannten, dem sie ihren Wohnungsschlüssel überlässt. Wenig später prügelt der sich mit einem Schwarzen, und die Polizei greift ein. Eine Bettlerin aus Rumänien wird in das Gerangel verwickelt und abgeschoben. Aus diesen und vielen weiteren, lose verknüpften Episoden entwickelt Haneke ein vielfach gebrochenes, „unendlich distanziertes, zugleich hoch codiertes Gegenwartsbild“. Es geht um Migration und ihre Folgen, Ausländerfeindlichkeit, Rassismuns und Generationskonflikte ebenso wie um Fragen nach der Realität von Filmen und Bildern oder dem Grad ihrer Authentizität, abgehandelt in kleinen Alltagsminiaturen. „Haneke klagt nicht an und formuliert erst recht keinen Appell; er tut wenig mehr als in einer Weise teilhaben zu lassen, die im günstigen Fall für einen kleinen Ausschnitt der Wirklichkeit die Augen öffnet. Der ebenso dichte wie spannende Film erweist sich als Hanekes neuerliches Lob des Fragmentarischen und als Einspruch gegen die beständige Tendenz des menschlichen Geistes zur Sinnstiftung.“ (Zitate: filmdienst)
Mo, 5.5., 20.30 Uhr
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