Der Newsletter zum Thema Medien in Schleswig-Holstein
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Filmkultur Schleswig-Holstein e.V.



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Letztes Update:
15. Juli 2023 - 13:56

Highlights im KoKi Kiel

Das Kieler KoKi zeigt im November:

neu in Kiel


Camp Armadillo
Janus Metz Pedersen. DK 2010. 110 Min.
Der Dokumentarfilm Camp Armadillo (im Original nur Armadillo) gehörte in seinem Produktionsland Dänemark zu den meistgesehenen und meistdiskutierten Filmen des Jahres 2010. Trotzdem der Film zusätzlich einen der großen Preise des Filmfestivals in Cannes gewann, wurde er in Deutschland bislang nur wenig rezipiert und ist eigentlich nur auf DVD zugänglich. Das KoKi zeigt den Film nun für zwei Termine auf der großen Leinwand, um Camp Armadillo und seinem Thema noch einmal etwas Aufmerksamkeit zu bescheren. Die hat er sicherlich verdient: Die Filmemacher begleiten dänische Soldaten bei ihrem ersten Einsatz in Afghanistan. Ihre Basis ist Camp Armadillo in der Region Helmland. Die Kamera bezeugt zunächst den Alltag und die Langeweile im Camp, bis die Soldaten schließlich in ein erstes blutiges Gefecht verwickelt werden. Hautnah erlebt der Zuschauer mit, wie schnell die Grenzen zwischen Gefecht und Liquidation, Ideal und Wirklichkeit, Stärke und psychologischer Versehrtheit verschwimmen. Buchstäblich ist zu sehen, wie sich die Leben und die Weltbilder der Soldaten von einer Sekunde auf die andere verändern. Der überaus eindrucksvolle Film mit seinen philosophischen Übertönen und seiner hochästhetisierten Oberfläche hat vor allem in Dänemark einige Kontroversen ausgelöst und kann auch bei uns als Startpunkt für eine weiter Diskussion der aktuellen Kriegseinsätze sowie der modernen Kriegsführung überhaupt dienen. Dieser anhaltende Diskurs sollte auch im Kino weiterhin stattfinden. Mo 14. + Di 15.

Cirkus Columbia
Danis Tanovic. BA 2010. Dt. Fs. Mit Miki Manojlovic, Boris Ler, Mira Furlan,
Bosnien-Herzegowina 1991. Nach Jahren kommunistischer Führung wird eine neue demokratische Regierung gewählt, die Gegner des alten Systems kehren in ihr Land zurück. Auch Divko Buntiæ nutzt die Chance und kommt nach 20 Jahren Exil wieder in seine Heimatstadt – mit einer neuen Frau. Von seiner ersten Frau Lucija will er sich scheiden lassen, danach soll wieder geheiratet werden. Also wirft er Lucija und den gemeinsamen Sohn Martin aus dem Haus, denn schließlich gehört es ja immer noch ihm, auch wenn er sich zwei Jahrzehnte bei seiner Familie nicht gemeldet hat. Währenddessen fühlt sich Divkos junge Geliebte Azra zusehends unwohl in ihrem neuen Zuhause, sie weiß nicht, was sie in diesem gottverlassenen Kaff tun soll. Divko hat sich verändert. Glaubt er, sich mit Geld alles kaufen zu können? Aber bald beginnt das Blatt, sich zu wenden… Mo 7. – Do 17.

Bekenntnisse eines Öko-Terroristen
Peter Jay Brown. USA 2010. dt. Fs.
Paul Watson ist der wohl berühmteste Umweltpirat der Welt. Seit über 30 Jahren kennen er und seine Crew der „Sea Shepherd“ auf den Weltmeeren kein Pardon – weder mit Umweltsündern, noch mit sich selbst. Und so rammen sie Walfangschiffe, attackieren Robbenfänger oder zerstören illegale Treibfangnetze – und gehen dabei oftmals große Risiken für Leib und Leben ein. Dieser Wille zum handfesten, gelegentlich dramatischen Zugreifen unterscheidet Watson auch von seinen ehemaligen Kollegen, mit denen er 1971 Greenpeace gründete; 1977 verließ er die Organisation, die er als „einen Haufen tatenloser Bürokraten“ beschimpfte. Seine eigene Organisation, die den Namen Sea Shepherd Conservation Society trägt, engagiert sich kompromisslos für den Tierschutz. Immer an Watsons Seite: Peter Jay Brown und seine Kamera. Er sammelte über die Jahre einmalige Bilder von den halsbrecherischen Aktionen und bringt sie nun erstmals an die Öffentlichkeit – jede Menge Seemannsgarn und Sarkasmus inklusive. Eigentlich war der Film als kleine Doku für einige Spezialfestivals gedacht. Nachdem die ersten öffentlichen Aufführungen allerdings so euphorische und emotionale Reaktionen hervorriefen, fand sich hierzulande ein deutscher Verleih, der das radikale Dokument eines Radikalen nun in die Kinos bringt. Mo 21. – Mi 30.

Im Weltraum gibt es keine Gefühle
Andreas Öhmann. S 2010. 85 Min. dt. Fs. Mit Bill Skorsgård, Martin Wallström
„Ich bin Simon. Ich habe Asperger. Ich mag den Weltraum, Kreise und meinen Bruder Sam, der sich immer um mich gekümmert hat. Gefühle, andere Menschen, Veränderungen und romantische Komödien mit Hugh Grant kann ich nicht ausstehen.“ Alles klar soweit? Im Weltraum gibt es keine Gefühle handelt vom 18jährigen Simon mit Asperger-Syndrom, dessen Leben durcheinander gerät, als sein Bruder Sam von dessen Freundin verlassen wird. Simon braucht feste Strukturen, um sich in seinem Alltag zurecht zu finden. Alles muss einem bestimmten Muster folgen – immer der gleiche Tagesablauf, die gleichen Mahlzeiten, die gleichen Klamotten – in wöchentlichem Rhythmus. Das hat Sam bisher immer erledigt, indem er zum Beispiel Essen in Kreisform gekocht und Simon geholfen hat, die Menschen zu verstehen. Aber Sam ist über die Trennung von seiner Freundin so deprimiert, dass alles ins Wanken gerät und Simons Welt ins Chaos stürzt. Damit alles wieder normal wird, macht sich Simon auf eine Mission: eine neue Freundin für Sam zu finden… Regisseur Öhmann über seinen Film: „ Als ich die faszinierende, wundervolle Asperger-Welt entdeckte, wollte ich so einen Charakter auf die große Leinwand bringen. Simon und sein Universum gab uns die Möglichkeit, eine stark visuelle Welt mit einer anderen Art von Charakter zu erschaffen, komisch und schlicht und doch sehr komplex.“ Do 24. 11. – Di 6. 12.

Die Mühle und das Kreuz
Lech Majewski. PL/S 2011. 92 Min. Mit Ch. Rampling, Rutger Hauer, Michael York
Im Jahr 1564 erhält Pieter Bruegel von dem reichen Antwerpener Kaufmann und Kunstsammler Nicolas Jonghelinck den Auftrag, die Kreuztragung Christi zu malen. Er nimmt den Auftrag an, doch will er nicht eine weitere von unzähligen Versionen der Passionsgeschichte liefern, sondern etwas Besonderes schaffen: ein Bild, das eine Vielzahl von Geschichten erzählt und das groß genug ist, hunderte von Menschen aufzunehmen. Aber vor allem soll die Kreuzigungsgeschichte nicht im Heiligen Land, sondern in seiner flämischen Heimat spielen. Also geht Bruegel zu den Menschen auf den Höfen, Feldern und Märkten, um nach diesen Geschichten in einem Land zu suchen, das unter spanischer Herrschaft steht und in dem die Inquisitoren erbarmungslos wüten. Er hält alles in seinen Skizzen fest und beginnt auf diese Weise, die Schicksale von unzähligen Menschen virtuos miteinander zu verflechten… Der Filmemacher Lech Majewski bezieht sich in seinem Film ausdrücklich auf die Interpretationen, die der Kunsthistoriker Michael Francis Gibson in seinem Buch The Mill and the Cross: Peter Bruegel’s Way to Calvary ausführt. In seinen Bildern erweckt Majewski die Figuren des Gemäldes buchstäblich zum Leben und erzählt deren Geschichte, das Gesamtwerk immer im Blick. Diese Verschmelzung von freier Spielfilmerzählung, fundierter Interpretation des Gemäldes und bildlicher Annäherung ist sicher ein besonderes Erlebnis. Aufregend wie immer auch Charlotte Rampling (hier in einer Hauptrolle), deren Porträt in diesem Monat der Dokumentarfilm The Look: Charlotte Rampling bei uns skizziert. Do 1. 12 – Mi 7. 12.

Kino in der Nikolai-Kirche am Alten Markt– live an der Orgel: Wilko Ossoba


Robin Hood
Allan Dwan. USA 1922. Mit Douglas Fairbanks, Wallace Beery, Enid Bennett
Der rechtmäßige Herrscher Richard Löwenherz schmort in Gefangenschaft, Usurpator Prinz John und seine Finsterlinge knechten das Volk, bis schließlich der Earl of Huntingdon als Robin Hood für Gerechtigkeit sorgt – und nebenbei die schöne Lady Marian für sich gewinnt. Soweit die allseits bekannte Handlung. Was daraus für diesen spektakulären Film gemacht wurde, gilt als Vorbild aller Ritterfilme. Monumental die riesige Ritterburg-Kulisse (noch viele Jahre eine Touristenattraktion am Santa Monica Boulevard in Hollywood), historisch detailgenau die Ausstattung und aufs Vergnüglichste ironisch die Darstellung des Robin als topfitter Edelkämpe und romantischer Liebhaber durch Douglas Fairbanks in der Glanzzeit seiner Karriere. – Zu Stummfilmzeiten standen in Deutschlands Kinos etwa 300 Kinoorgeln, die bis auf wenige Ausnahmen sämtlich verschwunden sind. Besonders die französische Chororgel von Mutin im Seitenschiff der Nikolai-Kirche kommt deren Klangcharakter nahe. Wilko Ossoba (Dekanatskantor Garmisch-Partenkirchen) wird sie zusammen mit der Hauptorgel für seine kongeniale Live-Begleitung einsetzen. Fr 4.

mit Deutsch-Indischer-Gesellschaft


Teen Kanya / Drei Töchter
Satyajit Ray. Indien 1961. 173 Min. OmeU. Mit Chandana Banerjee, Nripati Chatterjee, Anil Chatterjee u.a. Nach Erzählungen von Rabindranath Thakur
Die drei Kapitel des Episodenfilms basieren jeweils auf Erzählungen des bengalischen Literaturnobelpreisträgers Rabindranath Thakur (ältere Schreibweise Tagore). Ray, der als einer der prominentesten Filmemacher Indiens gelten darf, konzipierte sein Filmwerk anlässlich des 100. Geburtstages des Dichters. Erzählt wird unter anderem von einem jungen Postmeister und dessen komplexen Beziehung zu seiner Haushälterin, von einer sich bewahrheitenden Gruselgeschichte um einen verlassenen Palast und von einem verliebten Heimkehrer. Der Film ist ein Tribut an einen großen Dichter und gleichzeitig ein repräsentatives Beispiel für das filmische Schaffen eines anerkannten Regisseurs der Neuen Welle des asiatischen Kinos. Der mit der Triologie Apus Weg ins Leben bekannt gewordene Filmemacher realisierte und anderem auch die Dokumentation Rabindranath Tagore (ebenfalls 1961). „Wenn ich gezwungen wäre, nur ein Werk von Ray auszuwählen, um es jemandem zu zeigen, dem seine Filme unbekannt sind, wäre es Drei Töchter.“ (Andrew Robinson, Rays Biograf) So 13.

mit Brücke SH und Kieler Fenster – Irre Gute Filme II


Pippa Lee
Rebecca Miller. USA 2008. 93 Min. Mit Robin Wright Penn, Mike Binder
Pippa Lee ist seit Jahrzehnten mit dem erfolgreichen Verleger Herb Lee verheiratet. Dieser ist 30 Jahre älter als Pippa und feiert bereits seinen 80. Geburtstag. Nach mehreren Herzanfällen von Herb zieht das Paar von New York in eine Siedlung für Ruheständler. Das aufregende Leben in der High Society von New York hat damit ein Ende. Herb fühlt sich wie lebendig begraben. Seinen Verlag führt er nun vom Telefon aus, was ihm jedoch eher mehr Stress verursacht als früher. Gleichzeitig geschehen in ihrem Haus merkwürdige Dinge, die Herb zunächst auf seine Altersdemenz zurückführt. Als sie Kameras installieren, um Gewissheit zu erlangen, müssen sie feststellen, dass Pippa schlafwandelt und sie also für die Turbulenzen im Haus verantwortlich ist. Pippa fängt daher an, über ihr Leben nachzudenken. In Rückblenden erzählt der Film nun Pippas Leben, die sich schließlich – nachdem sie erfahren musste, dass Herb sie betrügt – von ihrer Ehe verabschiedet, um noch einmal neu zu beginnen. Bis in die kleinsten Nebenrollen hervorragend besetzt (u.a. auch mit Julianne Moore, Monica Bellucci, Keanu Reeves, Maria Bello und Winona Ryder) bietet der Film neben einem einfühlsamen Frauenporträt ganz allgemein wunderbare, klassische Kinounterhaltung. Do 17.

mit Deutsch-Kurdischer Gesellschaft e.V. Kiel


Bêritân
Halil Uysal. 2006. 150 Min. OmU
Zur Diskussion: Der Film erzählt die Geschichte der legendären Kommandantin Gülnaz Karatas, Codename Bêrîtan, die 1992 nur 25 Tage im Kampfgebiet überlebte. Karatas, die aus Dersim/Karakocan stammt, schloss sich im Jahre 1990 während ihres Studiums der PKK an. Nach einer kurzen haftstrafe wurde sie Teil der Guerillabewegung und wird seit ihrem Tod von entsprechender Seite als Märtyrerin verehrt. Mi 23.

mit Buddhistischem Zentrum Kiel


Auf der Suche nach dem alten Tibet. Eine Reise zu Buddhas Erben
Vilas Rodizio. D 2009. 77 Min.
Tibet war der letzte Ort der Welt, an dem Buddhas höchste Belehrungen – der sagenumwobene „Diamantweg” der Yogis – praktiziert wurden. Als 1959 die Chinesen in Tibet einfielen, zerstörten diese während der Kulturrevolution die bestehende buddhistische Kultur. 2007 machte sich ein Dokumentarfilm-Team auf den Weg in die abgelegenen Kraftplätze Ost-Tibets auf der Suche nach den letzten lebenden Haltern dieser Jahrtausende alten Tradition. Dabei entstanden in der malerischen Berglandschaft des Himalaya Aufnahmen, die unser westliches Verständnis von Wirklichkeit in Frage stellen. Di 15. + Mi 16.

KoKi Underground präsentiert


The Woman
Lucky McKee. USA 2011. 101 Min. Mit Pollyanna McIntosh, Sean Bridgers
Der konservative Familenpatriarch Chris Cleek durchstreift sein Jagdrevier, als er eines Tages auf eine Frau trifft, die anscheinend als entziviliserte Wilde dort lebt. Seine Pflicht, der rätselhaften Person zu helfen, kommt der spießbürgerliche Anwalt Cleek nun auf seine Art nach: Sein Projekt ist es fortan, die Frau zu zähmen und in den Schoß der Zivilisation zurückzuführen. Im Gartenschuppen angekettet wird sie dabei zum Anschauungsobjekt auch für seine Frau und seine Kinder. Die ganze Familie soll etwas fürs Leben lernen. Partizipieren auch nicht alle gleich bereitwillig, steigern sich vor allem Chris und sein Sohn immer mehr in die allmächtige Erzieherrolle hinein. Die Züchtigungen werden immer sadistischer, die Übergriffe mehr und mehr sexualisiert, und auch die gefangene Frau ist gefährlicher, als es zunächst scheint. Die monströse Wilde und die monströse Familie steuern auf einen blutigen Showdown zu. Lucky McKees Film ist das Sequel zu dem relativ unbekannten – und dem Hörensagen nach nicht besonders gelungenen – Horrorfilm Offspring, in dem die Genese der wilden Frau erklärt wird, lässt sich jedoch auch wunderbar als eigenständiges Werk genießen. Vorraussetzung dafür ist jedoch, dass man die Bereitschaft hat, sich mit moralisch uneindeutigen, provokanten und verstörenden Kunstwerken auseinderzusetzen. Höchste Zeit also, den Film auf die KoKi Underground-Leinwand zu bringen. Macht Euch auf etwas gefasst. Di 22.

weiterhin


Charlotte Rampling – The Look
Angelina Maccarone. D 2011. 98 Min. Doku.
Charlotte Rampling: Tabubrecherin, Stilikone, Weltstar und mutige Avantgardistin. In neun Kapiteln und Begegnungen mit Weggefährten und Vertrauten wie Peter Lindbergh, Paul Auster oder Juergen Teller lotet Angelina Maccarone Themen wie Alter, Schönheit, Tabu, Begehren, Tod und Liebe aus. Gedanken, Gespräche, Filme, Orte und Situationen verdichten sich zum vielschichtigen, spannenden, im besten Sinn selbstbewussten Porträt einer charismatischen Frau und Schauspielerin. Do 27.10. – Do 10.11.

Helmut Schulzeck. D 2011. 87 Min. dt.-engl.-kikuyu OmU
„Unser Schwiegersohn ist ein Mzungu (ein Weißer, Europäer) und deshalb „a millionaire“ – also zumindest sehr wohlhabend. Mit diesem Vorurteil muss sich Filmemacher Helmut Schulzeck in seinem aktuellen autobiografischen Dokumentarfilm auseinandersetzen. Helmut hat seine Frau, die Kenianerin Wangechi, vor einigen Jahren geheiratet – allerdings ohne vorher ihre Familie zu fragen. Dieser Verstoß gegen die Stammessitte hat ein langes Nachspiel. Jedes Jahr, wenn er und Wangechi die Familie besuchen, hat die Familie Wünsche. Dabei wird immer wieder deutlich, dass zwischen den Kulturen Welt liegen. Di 8.

Institut Français und KoKi präsentieren: 15. Filmfest und Olivier-Assayas-Wochenende


Soviele Jahre liebe ich dich – so lautete kürzlich der Titel eines Films von Philippe Claudel. Und welcher Filmtitel könnte die Beziehung zwischen dem Centre Culturel Français (das neuerdings als Institut Français de Kiel firmiert) und dem Kommunalen Kino besser beschreiben als dieser? In der Tat geht das bewährte Filmfest des Neuen Französischen Films – den Frankophilen dieser Stadt besser bekannt als Nouveau Cinéma Français – dieses Jahr in seine fünfzehnte Auflage. Dass dieses Fest mittlerweile zur festen Institution im Kieler Kinokalender geworden ist, hängt natürlich grundsätzlich mit der feinsinnigen und weit aufgefächerten Filmkultur unseres Nachbarlandes zusammen; gleichermaßen aber ist diese lange Kieler Tradition auch das Ergebnis der unermüdlichen Umtriebigkeit des Centres mit seiner Geschäftsführerin Mme. Rönnau und der langen Reihe von Kulturellen Leitern – zurzeit M. Dymny – zu verdanken, die beherzt jede organisatorische und ökonomische Hürde nehmen, um dieses jährliche Fest auszurichten. Den Auftakt rundet ein fröhlicher Empfang ab, mit dem wir die Vorstellung des Eröffnungsfilms La guerre des butons ausklingen lassen wollen. – Aber damit nicht genug: In diesem Jahr stehen im November gleich zwei Fest-Wochenenden ins Haus. 14 Tage nach dem NCF gastiert in Kiel eine kleine Tournee mit Filmen von Olivier Assayas. Spätestens seit seinem Opus Magnum Carlos – Der Schakal zählt er zu den europäischen Filmemachern ersten Ranges. Die dreistündige „Kurzfassung“ leitet dann auch vom NCF zum Assayas-Wochenende über, bei dem fünf von sechs Filmen erstmals in Deutschland zu sehen sind. Fr 4. – So 6.

Krieg der Knöpfe
F 2011. Yann Samuell. 100 Min. OmU. Mit Alain Chabat, Eric Elmosnino, Fred Testot
Remake der gleichnamigen französischen Films aus dem Jahre 1962, in dem die Jungs aus zwei benachbarten Dörfern gegeneinander "Krieg" führen. Gefangenen, die dabei gemacht werden, werden die Knöpfe an der Kleidung abgeschnitten. Das ist nicht nur unehrenhaft, sondern führt auch zu Auseinandersetzungen mit den Eltern! Insbesonders der Anführer der Jungens aus Longueverne, Lebrac, bekommt immer mehr Schwierigkeiten...

Film Socialisme
Jean-Luc Godard. F 2010. 101 Min. Mit Catherine Tanvier, Christian Sinniger, Jean Marc Stehle, Patti Smith, Robert Maloubier
Nach gut zwei Jahrzehnten erlebt endlich wieder ein Film von Jean-Luc Godard einen regulären Start in den deutschen Kinos. Mit gewöhnlichem, narrativem Kino hat Film Socialisme allerdings nichts zu tun. Es ist weniger ein Film als eine Meditation über Europa und seine Geschichte, eine bisweilen wunderbar fotografierte, elegische Bestandsaufnahme unserer Zeit, der Mythen, die sie bestimmt, ihres intellektuellen, moralischen Verfalls. Ein großes Alterswerk eines der bedeutendsten Regisseure der Filmgeschichte.

Villa Amila
Benoît Jacquot. F 2009. 94 Min. Mit Isabelle Huppert, Jean-Hugues Anglade, Xavier Beauvois
Als Ann Hiden, eine anerkannte Konzertpianistin, entdeckt, dass ihr Mann ein Verhältnis hat, trennt sie sich nicht nur von ihm, sondern rigoros von ihrem bisherigen Leben. Sie löst ihr Bankkonto auf, sagt die Konzerttournee ab, verkauft Wohnung und sogar das geliebte Piano, verbrennt CDs und Briefe. Sie geht mit kleinem Gepäck auf Reisen durch Europa, wandert über die Alpen und wird auch schon mal neben einem Fremden wach, bis sie ihr persönliches Paradies entdeckt, die Villa Amalia auf Ischia. Zum fünften Mal steht Isabelle Huppert in einem Film von Benoît Jacquot vor der Kamera, spielt eine seiner Heldinnen, die den Sprung ins Nichts wagen und aus dem Käfig konventioneller Regeln ausbrechen.

Carlos – Der Schakal
Olivier Assayas. F 2009. 160 Min. Mit Edgar Ramirez, Alexander Scheer, Nora von Waldstätten, Alejandro Arroyo, Rodney El Haddad, Christop Bach, Julia Hummer
Ein mitreißendes Porträt über Ilich Ramirez Sanchez, genannt Carlos, eine der schillerndsten Figuren in der Geschichte des internationalen Terrorismus. Olivier Assayas schuf mit diesem epischen Werk ein umfassendes Bild des Terrors zwischen ca. 1970 und 1994 mit internationaler Best-Besetzung. Wir zeigen die Kurzfassung (von immerhin 160 Min) als Vorgeschmack auf das Olivier-Assayas-Wochenende, das das Institut Français und das KoKi gemeinsam vom 18. – 20. November begehen.

La Tournee
F/D 2010. Regie: Mathieu Amalric. OmU. 106 Min. Mit Mathieu Amalric, Anne Benoît, Julie Ferrier, Damien Odoul
Der glücklose französische Fernsehproduzent Joachim ist vor Jahren in die USA ausgewandert. Nun kehrt er mit großen Plänen in die Heimat zurück. Er will mit einer Burleskshow endlich Erfolg haben. Doch sein Geschäftspartner haut ihn übers Ohr, und er muss mit seinen Damen von einem drittklassigen Club in den nächsten tingeln und in Absteigen übernachten. Auch in der Liebe hat er kein Glück. Zwischen Hass und Liebe pendeln seine Gefühle für den Star seiner Truppe, dem Vollweib Mimi.

Elle s’áppelait Sarah / Sarahs Schlüssel
F 2010. Regie: Gilles Paquet-Brenner. OmU. 104 Min. Mit Kristin Scott Thomas, Nils Arestrup & Michel Duchaussoy
Ein Film über zwei Frauen, die sich nie begegnen: Die zehnjährige Sarah wird zusammen mit ihren Eltern im Rahmen der 1942 beginnenden Deportation französischer Juden von der Polizei aus ihrer Wohnung in Paris verschleppt. Siebenundsechzig Jahre später in Paris will die amerikanische Journalistin Julia Armond mit ihrem Mann in die Wohnung der Schwiegereltern ziehen. Julia findet heraus, dass diese vor 1942 einer jüdischen Familie gehörte, der Familie Starzynski und deren Tochter Sarah, die als einzige die Deportation überlebte. Julias Verlangen Sarah’s Geschichte zu erzählen, führt sie auf eine zutiefst bewegende Reise in die Vergangenheit an deren Ende die Konfrontation mit ihrem eigenen Leben steht. Gilles Paquet-Brenner gelingt eine einfühlsame Interpretation des Romans von Tatiana de Rosnay mit Kristin Scott Thomas in der Hauptrolle.

6. LesbischSchwules Filmwochenende


HIGHLIGHTS von den 22. Lesbisch Schwulen Filmtagen HH
Kurzfilmprogramm. Vom 18. bis 23. Oktober finden die „22. Lesbisch Schwulen Filmtage HH – International Queer Film Festival“ statt. In bewährter Tradition machen sich Mitglieder des Festivalsteams auf die Reise und präsentieren charmant wie immer eine Auswahl ihrer Lieblingsfilme. Im Anschluss bitten wir zu geselligem Beisammensein mit Häppchen, Sekt oder Selters und vielen lieben Filmfans. Fr 11.

Mambo Italiano
Emile Gaudreault. Kan. 2003. 89 Min. dt. Fassung. Mit Luke Kirby, Peter Miller
Einwanderersohn Angelo lebt in Montreal, irgendwie verloren zwischen dem modernen Kanada draußen und dem obskur konservierten Italien daheim. Aber mit Ende zwanzig will er endlich auf eigenen Füßen stehen. Aber für die „Mamma“ gibt es nur zwei Gründe, aus zu ziehen: Heirat oder Tod. Also ist Familiendrama angesagt, als er mit Nino zusammen zieht. Erst recht, als Angelo sich outet und klar wird, dass er nicht nur Wohnung, sondern auch das Bett mit Nino teilt. Prompt wird eine elterliche Intrige angezettelt, in der die sinnliche Pina und Angelos Schwester die Jungs auf den rechten Weg bringen sollen... Mit dieser italo-kanadischen Sommerkomödie bringen wir einen Klassiker noch einmal auf die Leinwand, der geschickt die Balance zwischen Schwulenposse und Einwandererkomödie hält und für ebenso leichtes, vergnügliches wie kluges Kino steht. Sa 12.

Fjellet – Der Berg
Ole Giæver. N 2011. 73 Min. OmU. Mit Ellen D. Petersen, Marte M. Solem
Nora und Solveig brechen zu einer Wanderung durch die atemberaubende norwegischen Gebirgslandschaft auf. Für beide ist diese Tour eine große Herausforderung, denn ihr Ziel ist ein Berg, an dem zwei Jahre zuvor ihr gemeinsamer Sohn Vetle ums Leben kam. Solveig hofft, dass Nora und sie dadurch endlich die Trauer, die seitdem ihre Beziehung belastet, überwinden können. Doch in dieser herausfordernden Landschaft, die keine Ablenkung zulässt und keine Antworten auf die vielen unausgesprochenen Fragen ihrer Beziehung gibt, sind beide Frauen umso mehr auf sich selbst zurückgeworfen und müssen herausfinden, wie weit ihre Beziehung noch trägt. Ist der Neuanfang, auf den Solveig hofft, möglich? Sa 12.

Ab 10:00 Uhr bittet die HAKI alle Kinogäste zum Frühstück vor dem Film.
Elena Undone
Nicole Conn. USA 2010. 107 Min. OmU. Mit Necar Zadegan, Traci Dinwiddie
Elena ist seit 15 Jahren mit einem konservativen, homophoben Pastor verheiratet und Mutter eines Sohns. Still und geduldig fügt sie sich in ihre Rolle. Bist sie die offen lesbisch lebende Autorin Peyton trifft. Die beiden verstehen sich auf Anhieb und eine tiefe Freundschaft entsteht, die nicht ganz so platonisch ist, wie es sich Elena einzureden versucht, denn ihre Begegnungen sind von spürbarer, knisternder Erotik und überwältigender Anziehung geprägt. Elena zögert lange, Peytons Werben nachzugeben. Sie will ihre Familie nicht zerstören. Aber letztlich gewinnt die Leidenschaft. Das Drama nimmt seinen Lauf, als Elenas Gatte von ihren außerehelichen Aktivitäten erfährt. – Nicole Conn, die schon mit Claire of the Moon überzeugte, gelingt mit der unangestrengten Mischung von Drama, Komödie und sexy Romanze der perfekte Film, um sich gemütlich neben seiner Liebsten oder der, die es werden soll, in den Kinosessel zu kuscheln und erwartungsfroh der Szene entgegenzufiebern, die schon jetzt Filmgeschichte geschrieben hat: Der erste Kuss zwischen Elena und Peyton, dem bisher längsten Kuss in der Filmgeschichte, der unglaubliche 3:24 Minuten dauert! So 13.

Private Romeo
Alan Brown. USA 2011. 97 Min. OmU. Mit Seth Numrich, Matt Doyle
Während ein Großteil der Kadetten zur Geländeübung ausgerückt ist, langweilen sich die restlichen Studenten einer abgeschiedenen Militärhochschule bei Übungen, Unterricht und Hausarbeiten. Im Klassenzimmer wird „Romeo und Julia“ gelesen, und eher unbeholfen versuchen die angehenden Soldaten, sich in die größte Liebesgeschichte aller Zeiten einzufühlen. Doch als sich Sam in Glenn verliebt und beide bald auch außerhalb des Unterrichts die Rollen von Romeo und Julia übernehmen, wird aus dem Trainingscamp ein Schauplatz romantischer Geständnisse, eifersüchtiger Rivalitäten und ungewohnter Zärtlichkeiten. Wer in diesem Alter nicht die richtigen Worte für die großen Gefühle findet, findet bei Shakespeare eben alles, was er braucht! Alan Browns schwule Filmromanze ist die sexy Neuinterpretation eines unsterblichen Klassikers der Weltliteratur. Dafür gab es beim L.A. Outfest in diesem Jahr den Großen Preis der Jury. So 13.