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Letztes Update:
15. Juli 2023 - 13:56

Das Unsichtbare der Bilder

Werkschau mit Videoarbeiten von Kai Zimmer im Kieler KoKi

Auf 20 Jahre Videoarbeiten kann der Ex-Kieler, jetzt Berliner Videokünstler und Fotograf Kai Zimmer inzwischen zurückblicken. 16 seiner experimentellen Videoarbeiten aus dem Zeitraum zwischen 1988 und heute (in einer Preview wird ein gerade erst fertiggestellter Kurzfilm gezeigt) sind am 2.12. in einer Werkschau (unterstützt von der Filmwerkstatt Kiel) im Kieler KoKi zu sehen.

Zimmer selbst siedelt seine Arbeiten im Grenzbereich zwischen Film und bildender Kunst an. Ein Selbstporträt von 1989 auf dem Flyer zur Werkschau deutet Zimmers Arbeitsweise an. Wer genau hinsieht, wird im Porträt ein verfremdetes Auge erkennen.


Selbstporträt (1989/2008)
Aber nur, wer genau hinsieht, so wie Zimmer in seinen Videoarbeiten hinter die Bilder blickt, ihr Unsichtbares sichtbar macht. Etwa in „Transitions“ (2002) arbeitet Zimmer allein mit „Found Footage“ aus Hollywood-Filmen und TV-Serien. Aneinandergeschnitten zeigt der Film Szenen des Ankommens und Abfahrens und so genannte „Establishing Shots“, also jene Bilder aus traditionell gemachten Spielfilmen, die lediglich einen Szenenwechsel, einen Übergang anzeigen. Aus den Produktionen derTraumfabrik herausgelöst und aneinandergereiht, wirken diese „unwichtigen“ Szenen einerseits komisch, andererseits zeigen sie ihr zweites, rein funktionelles Gesicht. Sie dienen der Ordnung des Erzählflusses, aber Zimmer „ent-zählt“ sie gleichsam.


„Transitions“
Die mediale Funktion von (Film-) Bildern sind für Zimmer wichtiger als das eigentliche Bild. Insofern hinterfragen seine Arbeiten auch das Medium Film oder ironisieren es. Dies nicht nur dadurch, dass Zimmer stets zeigt, dass es sich „nur“ um Filmbilder handelt, nicht positivistische Abbilder der Realität, sei sie dokumentarisch oder fiktional. Viele seiner Videoarbeiten hat Zimmer nach dem fertigen Schnitt nochmals mit der Kamera vom Bildschirm abgefilmt, um eine Distanz zwischen Zuschauer und Filmbild zu schaffen, die erst eine mediale, nicht illusionsgesteuerte Sicht auf sie ermöglicht.

Kurzfilme wie „TVoyeur“ (1995) oder „Night Windows“ (2007) thematisieren den voyeuristischen Kamerablick, indem Zimmers Kamera auf das Flackern von TV-Schirmen hinter den Gardinen blickt oder in nächtliche Nachbarzimmer.


„TVoyeur“


„Night Windows“
Menschen sieht man hier nicht, aber die Spuren ihrer Anwesenheit – und damit eigentlich mehr als die Beobachteten selbst zeigen könnten. Das Unsichtbare wird so sichtbar – oder genauer: Es wird sichtbar, dass hinter jedem Sichtbaren etwas Unsichtbares als eigentlicher Kern des Filmbildes steckt. Ist also das Bild als Bezeichnendes immer schon der Tod seines Bezeichneten, stirbt der Inhalt notwendig in der Form oder mumifiziert sich in sie hinein? In Kai Zimmers Bildersturm scheint das so. Und es scheint, indem es den Schein der Bilder konsequent in sie zurückträgt. (jm)

Dienstag, 2.12., 19 Uhr, Kommunales Kino in der Pumpe. Der Künstler ist anwesend.

Programm


  • 1. 3 MINUTES IN AMERICA (3 Min., 1996)
  • 2. TAUMEL (6 Min., 2008)
  • 3. BLAUE BLUMEN (22 Min., 2005)
  • 4. TWO MINUTES IN AMERICA (2 Min., 1996)
  • 5. TRANSFORMERS (6 Min., 2003)
  • 6. CAMEO CASES (2:30 Min., 1997)
  • 7. NO QUESTIONS (2:15 Min., 1999)
  • 8. ONE MINUTE IN AMERICA (1 Min., 1993)
  • 9. D 06 (1:30 Min., 2007)
  • 10. IHR SEID HELDEN (1:20 Min., 1990)
  • 11. MU (5:30 MIN., 2005)
  • 12. TRANSITIONS (4:20 Min., 2002)
  • 13. TVOYEUR (6:30 Min., 1995)
  • 14. NIGHT WINDOWS (4:30 Min., 2007)
  • 15. INTERIOR (preview, 2008)
  • 16. FEEDBACK 1 (4:30 Min., 1988)